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Helga König im Gespräch mit der Reinkarnationstherapeutin Charlotte Muthesius

Liebe Charlotte Muthesius, ich habe dieser Tage Ihr Buch "Zeitreisen unseres Unbewussten" gelesen. Dort bringen Sie anhand von Fallbeispielen Ihre Reinkarnationstherapie dem interessierten Leser näher. Da mich das Thema Reinkarnationstherapie schon seit längerer Zeit interessiert, möchte ich Ihnen heute einige Fragen stellen.

Helga König: Können Sie unseren Lesern zunächst etwas zu Ihrer Kindheit und Jugend berichten und auch wie Sie mit dem Reinkarnationsgedanken in Verbindung gekommen sind?

 Charlotte Muthesius
Charlotte Muthesius: Ich wurde 1948 in Utrecht, Niederlande, als dritte Tochter geboren. "Schon wieder ein Mädchen", seufzte mein Vater. Im Alter von 2 Jahren wanderte die Familie in die ehemalige Kolonie Indonesien aus, da mein Vater dort an der Universität Bandung einen Lehrstuhl bekommen hatte. Ich wuchs dort sehr behütet auf. Es war uns verboten, alleine aus dem Garten zu gehen, da weiße Kinder oft gekidnappt wurden und gegen Lösegeld dann später freigelassen. So sagte das meine Mutter.

Die Ehe meiner Eltern war katastrophal, und ich war mir dessen bewusst, dass wir keine glückliche Familie waren. Mein Bruder wurde dort geboren. Die Straße war ruhig, eine Villengegend mit fast nur holländischen Bewohnern. Ich spielte auf der Veranda, die Schatten bot, oder saß auf der Schaukel unter den ausladenden Bäumen. Dort auf der Schaukel, ich war 4 Jahre alt, wurde mir klar, es gab mich schon immer. Es war wie ein Geistesblitz, aber es machte mich sofort froh und gab mir eine innere Ruhe. Ich hatte ein unendliches Gefühl, ein Einssein mit allem, ich fühlte mich nicht mehr als ein Kind, sondern als ein Ganzes, gleichzeitig ein Teil des Ganzen.

Als ich fast 6 Jahre alt war, ging es zurück nach Holland. Die Ehe meiner Eltern zerbrach endgültig, meine Mutter ging in eine Heilanstalt und wir Kinder wuchsen ohne Mutter bei meinem Vater auf. In der Zeit fühlte ich mich sehr beschützt durch die geistige Welt, die ich damals natürlich so nicht benennen konnte. Ich war auch fasziniert von der katholischen Kirche, ich liebte die Rituale und die vielen Heiligengeschichten. Es waren sehr schwierige und schmerzhafte Jahre, aber ich war dennoch fröhlich und lebt in meiner Realität in einer größeren Dimension als die meiner Umwelt.

Es war damals schon die Spiritualität, die für mich als Fakt galt. Ich liebte die klassische Musik und las im Grundschulalter sicher fünf Bücher wöchentlich! Den Reinkarnationsgedanken habe ich als Kind oder Jugendliche nie so explizit für mich formuliert, doch meine klassische Schulbildung, altsprachlich mit Griechisch und Latein, brachte mich schon alleine durch die Ideenlehre von Platon weiter auf den spirituellen Weg. Natürlich wurden wir auch in der buddhistischen Lehre unterrichtet, wenn auch auf dem Boden des Christentums. Als ich mit zwanzig Jahren nach Deutschland heiratete, habe ich alle Bücher von Freud, Adler und Jung gelesen.

Ich bin im letzten Leben mit einem ungestillten Wissensdurst gestorben, und habe diesen Durst erst in diesem Leben wirklich stillen können!

Helga König: Wer ist Dr. Moris Netherton und was haben Sie von ihm gelernt?

Charlotte Muthesius: Dr. Morris Netherton ist ein Pionier auf dem Gebiet der Reinkarnationstherapie. Sozusagen ein Urgestein! Er hatte eine psychologische/psychotherapeutische Praxis in Los Angeles, doch er ist mittlerweile Rentner. Er wurde auf dem Land, in den Bergen von Tennessee geboren und hat wohl daher seine Bodenständigkeit, die ich so sehr an ihm schätze!

Er begann seine Karriere in der Arbeit mit jugendlichen Kriminellen. Dabei stieß er dort auf Multiple Persönlichkeiten, ein Phänomen, das ihn faszinierte. Er nahm diese verschiedenen Persönlichkeiten ernst und entwickelte dort die Idee, diese in Vorleben zu platzieren. Er merkte dann, wie gut er mit der Arbeit mit diesen Jugendlichen voran kam, und wie verständlich vieles, was ungereimt erschien, plötzlich wurde. Er hat mit Helen Wambach und Fritz Perls zusammengearbeitet und dabei seine eigene Methode der Reinkarnationstherapie herausgearbeitet. Ich traf auf ihn durch eine Freundin, die ihn in Stuttgart bei einem Vortrag gehört hatte. Sie war begeistert. Es hatte sich eine kleinere Gruppe von Interessierten zusammengetan und wir haben dann Morris gebeten, uns auszubilden. Ich war in der ersten Gruppe mit dabei. Seine Arbeit ist gründlich, nicht abgehoben, sondern auf das Thema und Problem des Klienten sorgfältig und logisch fokussiert.

Es ist eine klientenzentrierte Psychotherapie. Von ihm gelernt habe ich die Rückführungsarbeit, die richtigen Fragestellungen, die zur tieferen Wahrnehmung führen, ich habe gesehen, wie sehr Humor und Klarheit den Menschen in der Therapie weiterhilft. Ich habe mein Handwerk bei ihm gelernt. Und menschlich habe ich von ihm die Achtung vor den Mitmenschen, das Verantwortungsgefühl in der Arbeit ihnen gegenüber und den Respekt vor dem jeweiligen Bedürfnis nach Nähe und Distanz.

Ich habe nach meiner Ausbildung 1990 angefangen, als seine Übersetzerin, Assistentin und Supervisorin in den nachfolgenden Ausbildungsgruppen zu arbeiten, bis 1998. 1995 habe ich von ihm mein Masterzertifikat bekommen. Bei seinen späteren Vorträgen und Demonstrationssitzungen, z.B. 2002 in Rahmen des Vereins für Europäischen Regressionstherapeuten (EARTH), waren wir wieder oft zusammen "zugange", mit viel Freude und Engagement.

Helga König:  Seit 1991 leiten Sie eine Praxis für Reinkarnationstherapie in Bonn. Wie darf man sich eine Therapiestunde bei Ihnen vorstellen?

Charlotte Muthesius:  Eine Therapiestunde ist keine Stunde. Eine Sitzung dauert ca. anderthalb bis zwei Stunden. Die erste Sitzung ist eine gründliche Anamnese, die sehr gezielt die sog. "Bohrpunkte" im Hinblick auf Rückführung und Vorleben anspricht und das eigentliche Thema aufdeckt. Die nachfolgende Sitzung geht dann in die Tiefe. Der Klient legt sich auf die Liege und konzentriert sich auf sein Thema. Die Gefühle, die hochkommen, die Gedanken und auch Körpergefühle führen einen dann direkt in das Geschehen, das in erster Linie verantwortlich für die Probleme ist. Probleme sind eine falsche Wahrnehmung der Realität, oder anders gesagt, der Mensch rutscht bei bestimmten Auslösemomenten in eine vergangene Realität.

Jedes Problem hat mehrere Schichten. Entstanden ist es in einer ferneren Vergangenheit, wird dann von der Seele mitgenommen ins nächste Leben und in der vorgeburtlichen Zeit reaktiviert. Man findet eine weitere Wiederholung im Geburtstrauma und noch mal in der Kindheit vor. Diese Wiederholungen sind notwendig, damit unsere seelischen Themen ins Bewusstsein gelangen und der Mensch mit seinem menschlichen Verstand, Herzen und Bauch diese ungeklärten Probleme lösen kann. In einer Sitzung gehen wir ein meist traumatisches Erlebnis durch.

Der Klient wird durchweg zunächst mitten in ein Trauma landen, und ich stelle die Fragen nach den weiteren Verlauf, nach den Emotionen und den Gedanken. Ich fordere ihn auf, diese freien Lauf zu lassen. Umso mehr jemand sich auf sich selbst und seinen Emotionen einlassen kann, umso einfacher und effektiver wird die Heilung einsetzen. Dann bitte ich den Klienten an den Anfang des Traumas zu gehen, um die unbewussten Vorhersagen, die er aufgrund des herannahenden Traumas internalisiert hat, hervor zu holen. Wenn alle Emotionen und alle Worte, die gesagt werden müssen, gesagt und verarbeitet wurden, kann der Klient seine unbewussten Meinungen und Einstellungen umformulieren und berichtigen, so wie er sie lieber hätte.

Manchmal ist der Klient sehr gelöst nach einer Sitzung, manchmal ist ein Trauer- und Abschiedsprozess in Gang gesetzt und wirkt noch einige Tage nach. Auf jeden Fall ist nach einer Sitzung Klarheit. Sonst ist die Sitzung nicht abgeschlossen.

Helga König: Sind Ihre Klienten primär Frauen oder werden Sie auch von Männern aufgesucht und welche Erwartungshaltung haben die Menschen, die zu Ihnen kommen?

Charlotte Muthesius:  Mein Klientel ist sehr gemischt – mal sind mehr Männer als Frauen da, mal kommen mehr Frauen als Männer. Darunter sind sowohl Akademiker als auch nicht akademisch Gebildete. Die Menschen kommen aus allen Schichten zu mir. Es macht auch kein Unterschied in der Rückführungsarbeit, ob jemand intellektuell ist oder nicht. Oft sind eher die Psychologen und Psychiater schwierige Klienten, mehr als die Menschen, die eher durch das Leben gebildet sind.

Ich arbeite auch mit Kindern, und habe damit sehr gute Erfolge. Außerdem macht die Arbeit mit Kindern sehr viel Freude, weil sie noch so unverstellt sind. Natürlich ist bei der Arbeit mit Kindern zu berücksichtigen, dass die Eltern unbedingt mit in die Therapie einzubeziehen sind. Die meisten Eltern machen das mit, sowohl in der Therapie mit dem Kind als auch in der Eigentherapie.

Die Erwartungen meiner Klienten sind natürlich hoch. Sie haben oft einen langen Leidensweg hinter sich, manchmal sogar jahrelange Therapien und Klinikaufenthalte. Da erhoffen sie sich von dieser Therapie die langersehnte Heilung und Beendigung ihres Leidens. Ich kann natürlich nichts versprechen, aber in den 26 Jahren, in denen ich mit Menschen arbeite, habe ich sehr gute Heilerfolge miterleben dürfen. Heilen tun die Menschen letztendlich sich selbst, ich begleite sie in der Suche nach ihrem inneren Heiler und das ist ihre Seele. In einer oder zwei Sitzungen ist es allerdings nicht immer erreichbar. Es braucht dann mehr Sitzungen. Das hängt ganz von dem Menschen ab, ob er viele Blockaden hat, ob die Traumatisierungen lang und tief waren, welche Überlebensmuster er sich angeeignet hat. Umso mehr jemand sich auf seine Emotionen einlassen kann, umso effektiver können wir arbeiten. Die Heilung läuft über die Emotionen. Die Crux ist, dass die Bezahlungen von keiner Krankenkasse übernommen werden. Und traumatisierte Menschen sind oft nervlich so sehr ausgelaugt, dass sie dadurch nicht zu den begüterten Personen gehören. Das bringt mit sich, dass ich dann mit ihnen einen anderen Zahlungsmodus vereinbare.

Helga König:  Wie ist es möglich, ohne Hypnose, sich an Situationen aus vorangegangenen Leben zu erinnern oder gar zu ersprüren, dass man Menschen aus anderen Leben bereits kennt und uns mit diesen bestimmte Situationen und Erfahrungen verbinden?

Charlotte Muthesius: Es geht bei den Rückführungen nicht um "erinnern", sondern um eine Wahrnehmung. Wenn man sich bei bestimmten Problemen, seien sie körperlicher oder emotionaler Art, tiefer in die Körpergefühle und Emotionen hinein versetzt und sich darauf einlässt, kommen von selbst bestimmte Bilder, Sätze oder Gedanken hoch. Das "Auf sich Einlassen" erlaubt eine tiefe Wahrnehmung seiner Selbst. Man kann das sich in etwa vorstellen, wie das sein kann, wenn man erlebt hat, dass man manchmal z.B. auf der Autobahn plötzlich merkt, dass man schon an Frankfurt oder Düsseldorf vorbei ist, ohne dass man das bewusst wahrgenommen hat. Man war so tief in Gedanken versunken, aber nicht "weg", weil man ja gefahren ist und auf den Verkehr reagiert hat. Vielleicht auf der Autobahn nicht so empfehlenswert!? Die Gefühle und die Vorstellungen, die bei einem hochkommen, unterstütze ich. Ich möchte auch klarstellen, dass auch die sogenannte Phantasie nie Dinge beinhaltet, die wir nicht kennen. Wir können uns immer nur das vorstellen, was wir kennen. Wir werden bei unseren Vorstellungen,  die Ideen und die Gefühle immer mit dem assoziieren, was uns im tiefsten Inneren bekannt ist. Das Wissen, dass eine bestimmte Person in einem Vorleben mit einer Person in diesem Leben hier und jetzt identisch ist, und dass man die Person kennt, ist eine Gewissheit, die man spürt. Es ist eine Gewissheit, die teilweise aus dem Verstand und teilweise aus unserer Intuition kommt.

Für mich als Therapeutin ist es oft so offensichtlich, dass eine Figur aus einem Vorleben sich genauso verhält wie die Person aus dem jetzigen Leben des Klienten. Oder sich genau umgekehrt verhält und der Klient verhält sich so wie die Person aus dem Vorleben. Man spürt seine Gefühle, und oft ist es eine tiefe Liebe, die uns die Seelen aus dem Vorleben die Verbindung zum jetzigen Leben spüren und vergleichen lässt. Doch es wäre Unsinn zu unterstellen, dass diese Person sich seit dem vorigen Leben nicht auch weiter entwickelt hätte. Frage

Helga König: Wie können Ängste oder Schuldgefühle aus einem anderen Leben aufgelöst werden? 

Charlotte Muthesius: Wenn man Schuldgefühle hat, dann sind diese Gefühle immer die Folge einer Schuldzuweisung von Außen, durch andere Menschen uns aufgelegt. In Vorleben sind ja Millionen von Menschen als Hexe verbrannt, als "schuldig" befunden. Genauso sind die Juden im NS Regime vergast worden, weil sie"schuldig" gesprochen worden sind. So etwas wie "Schuld" existiert in Wahrheit nicht. Es gibt ein Handeln, das gegen die menschlich-soziale Ordnung verstößt. Die Gründe dafür untersuchen wir in der Rückführung. Entweder der Mensch ist nicht bewusst und damit auch nicht verantwortlich für sein Tun, oder die menschliche Ordnung, in der er sich befindet, ist unmenschlich. Diese Klarheit befreit auf jeden Fall von Schuldgefühlen. 

Wenn jemand im Vorleben bewusst ein Täter ist, und anderen schadet, dann schauen wir in die Kindheit, wo der Täter selbst traumatisiert und zum Opfer wurde. Aufgrund dieses Traumas kann ein Mensch tief in seiner Seele eine Entscheidung treffen, lieber stark und Täter, als schwach und Opfer zu sein. Die Entscheidung fällt die Seele. Wenn der Klient mit diesen Erkenntnissen in der Rückführung zu einem ehrlichen Gefühl von Trauer kommt, lasse ich ihn nach seinem Tod auf der Seelenebene mit seinen Opfern sprechen und sein Verhalten erklären. 

Die Seelen sind nicht böse, tragen einem nichts nach. Sie wissen, dass jeder mal die Rolle des Täters und die des Opfers einnimmt. Wenn Tränen fließen, und der Anderen zugefügte Schaden bedauert wird, ist auch immer Vergebung da. Ängste sind begründet in einem traumatischen Erlebnis. Die Angst ist eine Vorhersage, dass bei einem bestimmten Ereignis eine bestimmte Konsequenz folgen wird. Das weiß unser Unterbewusstsein aus einer alten Erfahrung heraus. Wie die Pavlov'schen Hunde speichert unser Unterbewusstsein eine gemachte Erfahrung, und es etabliert sich der Glaube, dass es folglich immer so sein wird. 

Wenn man in einer Rückführung den Grund für eine bestimmte Angst erlebt, und auch die damit verbundene Todesangst und Todesfolge, dann wird die damals verdrängte und berechtigte Angst aus dem Körpersystem entlassen und verbraucht. Bei einer Spinnenphobie erlebte z.B. eine junge Klientin, dass sie in einem Vorleben von einer Riesenspinne angegriffen wurde. Sie war in einem Urwald, und die Spinne verschlang sie letztendlich. Sie hat geschrien, gestrampelt und ihren Tränen freien Lauf gelassen. Sie starb schnell und recht schmerzlos. Als wir nach der Rückführung die Dimensionen der Spinnen im Haushalt heute mit denen der Riesenspinne verglichen, war sie sehr erleichtert und ernüchtert. Man kann sagen, dass so eine Rückführung als Desensibilisierung gewirkt hat. Zwei Wochen später bekam ich eine entsprechende positive Rückmeldung Frage.

Helga König:  Können Sie den Lesern kurz erläutern, was man unter Karma in diesem Zusammenhang zu verstehen hat und was man tun kann, um schlechtes Karma der Vergangenheit, in gutes Karma im Jetzt zu verwandeln?

Charlotte Muthesius: Karma ist nichts anderes als die Summe unserer Erfahrungen. Es gibt keine schlechten und keine guten Erfahrungen. Es gibt nur Erfahrungen. Aufgrund bestimmter Erfahrungen können wir allerdings Schlussfolgerungen ziehen, die heute nur noch hinderlich sind. Diese kann man auflösen. Wenn man die alten Glaubensmuster aus der Vergangenheit loslässt, steht einem nichts im Wege, zufrieden und glücklich zu leben. Man wird deshalb nicht für immer ohne irgendwelche Probleme sein, aber man wird sie lösen und klären können, ohne dabei unglücklich zu sein. 

Helga König:  Wie könnte sich eine psychische oder physische Störung bei einem Menschen äußern, der in einem anderen Leben unschuldig als Hexe verbrannt wurde oder auf dem Schafott endete und was können Sie veranlassen, damit die Störungen aufhören? 

Charlotte Muthesius:  Wenn jemand als Hexe verbrannt wurde, sind vielerlei Störungen auf der physischen Ebene als Folge möglich. Das kann ein Hautausschlag sein, ein Ekzem, eine Sonnenallergie, ein Bluthochdruck oder Schlafstörungen bis hin zu Krebs. Wenn die angebliche Hexe durch Rauchentwicklung erstickt, wird sie möglicherweise Rauchen, oder Asthma und Bronchialprobleme entwickeln. Auf der psychischen Ebene finden wir Depressionen, Angst vor der eigenen Kraft, dem eigenen Feuer, Schuldgefühle, bipolare Störungen, und extreme Verwirrung. 

Auf dem Schafott werden meist Kopf und Körper getrennt. Diese Menschen können z.B. einen Kropf bekommen, oder Asthma, Atemprobleme, Globulusgefühl und Nackenschmerzen. Auf der psychischen Ebene sind diese Menschen entweder sehr rational und verkopft, ohne Verbindung zum Herzen, oder umgekehrt sind sie nur und ausschließlich Gefühl und "wissen" nicht, dass sie einen Kopf haben, den es zu gebrauchen gilt. 

Eine Borderline Störung kann die Folge sein. Es ist wichtig, nach der Rückführung durch eine intensive und rotierende Atmung beide Körperteile wieder zusammen zu fügen. Nachdem der Klient weiß, dass das Trauma vorbei ist, er gestorben ist, und er von oben seinen Körper liegen sehen kann, kommt eine tiefe Ruhe und Akzeptanz über und in ihn. Doch nicht ich bewirke die Heilung, sondern die Seele des Klienten heilt.

Helga König:  Ich versuche mir vorzustellen, der entmannte französische Philosoph Abelaerd und seine kluge Geliebte Heloise, würden sich im Hier und Heute wiederbegegnen. Die beiden verband im damaligen Leben Erotik, Liebe und Intellektualität, aber auch ein fürchterliches Trauma. Wie könnte sich die Beziehung der beiden im Jetzt fortsetzen, wie würden Sie im Falle äußerer Konflikte vermutlich miteinander umgehen, zu welchen neuen Traumata könnte das führen und wie könnten sie diese mittels Reinkarnationstherapie auflösen?

Charlotte Muthesius:  Die dramatische Beziehung zwischen Abaelerd und Heloise hatte viele Aspekte. Wenn sich die beiden in diesem Leben wieder begegnen würden, wäre es sehr fraglich, ob sie etwas mit einander anfangen könnten. Sie haben damals ihre Leidenschaft gelebt und sogar einen Sohn bekommen. Doch wenn es so wäre, gäbe es vielerlei Varianten, die ihre Seelen ausprobieren könnten, um ihr Trauma zu lösen. 

Abaelard wurde entmannt. So könnte er vielleicht in einem Leben danach ein Mann sein, der den Sex absolut überbewertet und sich immer wieder beweisen möchte, dass er noch im Besitz seiner Geschlechtsteile ist. Er hat seine Heloise nicht geheiratet, sondern in ein Kloster abgeschoben. Den Grund dafür kennen wir nicht. Er hat die Karriere vielleicht bevorzugt, und könnte in einem späteren Leben jegliche Intellektualität und Karriere verabscheuen und meiden, und als Gegenteil mehrere, verschiedenen Ehen eingehen und sich wieder scheiden lassen – möglicherweise immer auf der Suche nach der Heloise, die er nicht mehr findet? 

Heloise musste ihren Sohn abgeben. Vielleicht will sie in diesem Leben weder Kind, noch Mann, sondern bevorzugt eine Karriere, so wie der Abaelard diese früher hatte. 

Das sind alles spielerische Gedanken, nicht wirklich begründete Vermutungen. Die Stellungnahme, die die Seelen dieser beider zu diesem Leben bezogen haben, kennen wir nicht. Wir kennen nur äußerliche Fakten und wissen nichts von ihrem Gefühlsleben. Und somit möchte ich diese aufgezählten Möglichkeiten lieber ins Reich der Spekulationen verweisen.

Es kommt nicht selten vor, dass Männer in vorigen Leben entmannt wurden. Das ist sehr traumatisch und in der Rückführung kann man den Klienten sich am Ende gebührend von ihren Geschlechtsteilen verabschieden lassen. Nach dem Tod lasse ich ihn dann diese Teile in der Vorstellung wieder an den Körper anbringen, dort, wohin sie gehören und ich lasse ihn sich selbst als ganz und gesund visualisieren. 

Frauen, die keine Kinder kriegen und das aber gerne möchten, können in der Therapie alle Blockaden, die in ihrem Uterus vorhanden sein mögen, aufspüren und auflösen. Da kann durchaus die Trauer um ein verlorenes Kind im Wege sein. Wenn die Trauer neu empfunden und geäußert wird, empfindet der Uterus meist ein starkes und warmes Gefühl. Sie wird gut durchblutet und kann sich für ein Kind vorbereiten. 

Helga König: Wie lange dauert eine Reinkarnationstherapie an und welche Erfahrungen konnten Sie bei Ihren Klienten sammeln, im Hinblick auf Veränderungen des Lebens und Wohlbefindens nachdem alte Blockaden aufgelöst worden sind?

Charlotte Muthesius:  Eine Reinkarnationstherapie dauert in der Regel nicht lange. Doch hängt es von den einzelnen Klienten ab, wie lange es dauert und wie viele Sitzungen er braucht. Wenn starke Blockaden da sind, wenn mehrere traumatische Erlebnisse den Lebensfluss stören, brauchen wir mehr Sitzungen. Wenn ein Klient offen und emotional nicht blockiert ist, kommen wir schnell zum Punkt, wo wir an den Ursprung des Problems gelangen und es klären können. Das Leben meiner Klienten hat sich eigentlich immer verändert. Auf jeden Fall die innere Einstellung. Ich würde diese Arbeit nicht machen, und schon gar nicht 26 Jahre lang, wenn ich nicht so viel Erfolg und Fortschritt als feedback bekommen hätte. Viele Klienten haben mir Dankesbriefe geschrieben, Bilder von Hochzeit und von Babys geschickt. Das hat mich immer sehr gefreut.

Manche Klienten dagegen haben nichts mehr von sich hören lassen, und ich habe für sie das Beste gehofft. Und dann meldeten sie sich manchmal nach Jahren wieder, und erzählten mir, wie sehr sich ihr Leben nach der Therapie verändert hat. Und dann kommt ihr neuer Lebenspartner oder es kommen ihre Kinder zu mir in Therapie. Es ist eine sehr dankbare und lohnende Arbeit, die nie langweilt, die immer einen Anstoß zum seelischen Wachstum gibt, und die den Menschen auf jeden Fall ein Stück weiter auf seinen Entwicklungsweg bringt. 

Probleme kann man lösen, aber wie …... das findet man dann in der Rückführung am besten und am nachhaltigsten heraus.  

Liebe  Charlotte Muthesius, ich danke Ihnen herzlichst für das aufschlussreiche Interview.
Ihre Helga König


Helga König und Peter J. König im Gespräch mit Jörg Lanius Inhaber des VDP Weinguts Lanius- Knab

Lieber Herr Lanius, wir haben  heute auf  "Buch, Kultur und Lifestyle" vier Ihrer Weine vorgestellt und möchten nun einige Fragen an Sie richten, um Sie und Ihr Weingut unseren Lesern näher zu bringen.


Helga König: Damit unsere Leser wissen, wo Sie zu Hause sind: Wo eigentlich ist Oberwesel zu finden und wodurch ist dort die Landschaft geprägt?

 Jörg Lanius
Inhaber des VDP Weinguts  Lanius- Knab
Jörg Lanius: Oberwesel ist die größte Weinbaugemeinde im Weinbaugebiet Mittelrhein, mitten im UNESCO Welterbe Oberes Mittelrheintal. Der Ort liegt auf der linken Rheinseite, genau in der Mitte zwischen Koblenz und Mainz. Geologisch gesehen sind wir im rheinischen Schiefergebirge, auf der Hunsrückseite. Landschaftsprägend ist das schroffe Engtal unweit der Loreley mit seinen Weinbergsterassen und Felshängen aus braun-grauem Devonschiefer.

Peter J. König: Seit wann betreibt Ihre Familie Weinbau und welche Rebsorten werden von Ihnen überwiegend angebaut?

Jörg Lanius: Die Familie Lanius-Knab betreibt seit ca. 1790 Weinbau im Engehöller Tal. Die heutige Ausrichtung und Größe des Weinguts als VDP-Betrieb ist maßgeblich unter der Leitung von Jörg Lanius seit Anfang der `90 er Jahre aufgebaut worden. Heute werden 8 Hektar Steillagenweinberge bewirtschaftet, die zu 92% mit Riesling bestockt sind. Weiterhin werden auch noch Spätburgunder und Müller-Thurgau angebaut.

Helga König: Können Sie uns etwas über die Beschaffenheit der Weinberge sagen und auch etwas zum Terroir berichten?

Jörg Lanius: Unsere Weinberge sind in drei, fast arrondierte Lagen aufgeteilt: Oelsberg: Der Oberweseler Oelsberg liegt, mit einer Steigung von 63%, nördlich von Oberwesel als reine Südlage in der Rheinbiegung. So ist das Kleinklima des Oelsbergs geprägt durch die große Wasserfläche des Stromes, der einen Ausgleich zwischen starker Kälte und trockener Hitze schafft. Über eine Länge von 6 km fließt der Rhein gerade auf den Oelsberg zu. Dies schafft einen besonders günstigen Einfallswinkel für die Sonne und eine extreme Intensität der Lichtreflexe. Die Bodenstruktur des Oelsbergs besteht, typisch für den Mittelrhein, aus Schiefer. Zusätzlich hat der Rhein über Jahrmillionen Lößlehme angeschwemmt, die sich mit dem Gestein vermischten. Dies schafft einen für den Mittelrhein ungewöhnlich fetten Boden. Die größte Besonderheit liegt jedoch in der Geologie. Im Oelsberg endet eine Bodenverwerfung, die sich quer durch Europa bis an den Rhein zieht und Buntsandstein in die oberen Bodenschichten gebracht hat. Bernstein:  Der Engehöller Bernstein liegt in einem Seitental des Rheins, das von der Stadt Oberwesel, direkt am Rhein, bis zum 1,5 km entfernten Stadtteil Engehöll reicht. Das Tal verläuft von Osten nach Westen und nur der Südhang dieses Tals ist mit Reben bestockt. Durch die leichte Wölbung des Tals entsteht eine Lage, die einem Amphitheater gleicht und in der sich die Wärme des Tages staut. Die hohen Berggipfel schützen den Bernstein vor starken Winden. Die geologische Bodenformation besteht ausschließlich aus braun-grauem Schiefer des Unterdevon, der vor ca. 340 Millionen Jahren entstanden ist. Dieser ist sehr mineralstoffreich und leicht erwärmbar. Der extrem hohe Steinanteil begünstigt die Wärmespeicherung und sorgt so für einen Ausgleich der Tages- und Nachttemperaturen. So zeichnet sich der Bernstein durch eine lange und gleichmäßige Vegetationsperiode aus. Goldemund: Der Engehöller Goldemund schließt sich direkt an die Lage Bernstein, in westlicher Richtung, an und die Geologie und auch das Kleinklima ändern sich entscheidend. Der Schieferboden ist nicht so Stein haltig und mit Quarziten durchsetzt. So besitzt der Boden mehr Feinerde und einen höheren Lehmanteil. Zusätzlich öffnet sich das Tal und wird weiter und flacher.

Peter J. König: Seit wann gehört Ihr Weingut dem Verband der Prädikatsweingüter des V.D.P. an und welche Kriterien mussten Sie erfüllen, um aufgenommen zu werden?

Jörg Lanius: Seit dem 1. Januar 1995 ist unser Weingut Mitglied im VDP Mittelrhein. Kernpunkt des VDP, damals wie heute, ist der Besitz von erstklassigen Weinbergslagen, die langfristig eine hohe Qualität der Weine garantiert. Schon damals lagen viele unserer Weinberge im Bereich der höchstklassifizerten Weinbergslagen des Mittelrheins, aus der Preussischen Lagenklassifikation von 1801! Als relativ kleines Weingut war es unabdingbar die Weinbergsfläche zu erweitern. So erfolgte die Auflage den Lagenbesitz weiterhin in dieser Güte zu vergrößern, was wir bis heute unablässig getan haben.

Helga König: Können Sie uns etwas über die klimatischen Bedingungen am Mittelrhein sagen und haben sich diese Bedingungen für Sie in der letzten Zeit sichtbar gewandelt?

Jörg Lanius: Der Mittelrhein liegt nördlich des 50. Breitengrades was aus klassischer Sicht Weinbau nur noch in besonders begünstigten Lagen, also den Steillagen, ermöglicht. Auch bei uns macht sich die Klimaerwärmung bemerkbar, allerdings profitieren wir eher davon als das er uns Probleme bereitet. Die durchschnittliche Qualität der Trauben hat sich auf hohem Niveau stabilisiert und trotzdem ist die Lagenhierachie noch nicht auf den "Kopf gestellt". Nach wie vor sind die historisch guten Lagen erstklassig und ich denke es wird auch so bleiben.

Peter J. König: Was unterscheidet Ihren Riesling beispielsweise von den Rieslingen an der Mosel oder in der Pfalz?

Jörg Lanius: Die feine Eleganz in allen Geschmacksrichtungen, vom trockenen Gutsriesling bis zur Edelsüßen Spezialität. Die Stärken der Moselrieslinge liegen ganz klar bei den fruchtsüßen Spät- und Auslesen. In der Pfalz sind es die überschwänglichen Große Gewächse! Unsere Rieslinge eignen sich für alle Weinarten, dabei bleiben sie immer feingliedrig und harmonisch. Egal ob das Große Gewächs 13,5 % Alkohol hat, es wirkt immer filigran und schlank. Ebenso ist es bei den Restsüßen: Durch die reife Säure wird die Süße getragen und wirkt nie dominant.

Helga König: Werden Ihre Weine überwiegend regional und bundesweit vertrieben oder exportieren Sie auch ins europäische Ausland oder auch nach Übersee?

Jörg Lanius: Natürlich sind unsere Wein regional in allen guten Restaurants zu finden, aber der überwiegende Teil wird bundesweit vertrieben. 10% unserer Weine exportieren wir auch. Seit längerer Zeit sind wir konstant in unseren europäischen Nachbarländern, Belgien, Holland, Dänemark und Norwegen vertreten. Als Neuzugang, mit vielversprechendem Potential, haben wir den chinesischen Markt hinzugewonnen.

Peter J. König: Neben den Weißweinen bieten Sie auch Rotweine an, welche Rebsorte hat in Ihren Weinbergen die besten Chancen zu gedeihen?

Jörg Lanius: Der Riesling hat mit großem Abstand den ersten Platz im Rebsortenspektrum. Trotzdem hat der Spätburgunder, für uns in Oberwesel, gleich Platz zwei! Schon immer wird bei uns Spätburgunder angebaut und das in einer größeren Ausbreitung als in den anderen Mittelrheingemeinden. Oberwesel ist die „heimliche Rotweinstadt“ am Mittelrhein. Der Grund hierzu liegt in den Weinbergen der alten Mittelterrasse des Rheines. Hier gibt es ganz abgegrenzte Flächen mit kräftigen Lehmböden auf denen der Spätburgunder hervorragend gedeiht.

Helga König: Können Sie den Lesern etwas zu Ihrer Philosophie des Weinmachens berichten?

Jörg Lanius: Das „Wein machen“ ist für mich der falsche Begriff! Der Wein wächst im Weinberg und nur hervorragende Trauben aus erstklassigen Weinbergen ergeben herausragende, eigenständige Weine. Ich sehe das Ziel meiner Arbeit die unterschiedlichen Terroirs und Jahrgänge in die Flasche, wiedererschmeckbar, zu bekommen. Jeder Wein ist ein Unikat das sich aus dem Weinberg, dem Wetter und der Arbeit zusammensetzt. Ein Nachfolgejahrgang wird immer den Lagencharakter hervorbringen, aber trotzdem ein eigenständiger Wein sein. Und das kann man auch schmecken!

Peter J. König:  Veranstalten Sie auf Ihrem Weingut besondere Feste und zu welchen Terminen finden diese statt?

Jörg Lanius: Auf dem Weingut finden dieses Jahr folgende Termine statt: Spectaculäre Weinprobe mit Jo dem Gaukler.  Das Weingut kredenzt seine Weine und verwöhnt darüber hinaus mit kulinarischen Genüssen. Sie können die Weinbaugeschichte der Weinstadt Oberwesel kennenlernen und sich gleichzeitig ins Mittelalter entführen lassen, denn Jo bringt Ihnen das Gauklertum des Mittelalters nah, so wie es sich einst auf Marktplätzen, Turnieren, Gelagen und bei Hofe zutrug. Natürlich sind Jo und seine Bagage mittelalterlich gewandet. Die alte Sprache und authentische Requisiten verstärken die Atmosphäre, und für die ganz große Faszination sorgen Jonglage, Zauberei, Animation und spektakuläres Feuerspeien.

Wann? Jeweils um 19:00 Uhr Freitag, der 27.06.2014 Freitag, der 11.07.2014 Freitag, der 15.08.2014 Was kostet das? 35,00€ pro Person.

Um vorherige Anmeldung wird gebeten

Hoffest, Samstag 14.06.2014 Wir laden Sie ganz herzlich zu unserem Hoffest ein. Für den Gaumen bieten wir Ihnen unsere Weine und auch Nahrhaftes. Für die Ohren spielt ab 16.00 Uhr das Kolping-Blasorchester. Für eine angenehme Atmosphäre am Abend sorgen ab 20:00 Uhr die Saitenspringer mit leisen Tönen und Lounge Musik von Pop bis Rock, von Jazz bis zur Renaissance.

Swingender Jazz im Weingutshof, Freitag 18.07.2014

Das Mittelrhein Musik Festival präsentiert die Musikalische Weinprobe 2014. Eine virtuos-humorvolle Mischung aus Moderation und Jazz, von Bix bis Bop, von Getz bis Gershwin, die mitreißt. Auf der „Weinbühne“ des Abends präsentieren Ihnen die VDP Winzer Mittelrhein ihre exklusiven Weine aus den Steilhängen des Welterbetals. Ein genussreicher Abend für alle Sinne!

Weinprobe mit Gewölbekellerführung

Nein, das ist keine trockene Veranstaltung. Denn zu einen präsentieren wir Ihnen 6 Weine unterschiedlicher Qualitätsstufen. Zum anderen erfahren Sie Interessantes über den Weg des Weines von der Traube bis in die Flasche, Wissenswertes über die Geschichte des Weinbaus am Mittelrhein und Oberwesel. Freuen Sie sich aus Sehenswertes wie beispielsweise unseren historischen Weinkeller. Jeden Montag um 17:30Uhr und jeden Freitag um 17:00 Uhr.

Wein und der Jahrgang 2013

Samstag und Sonntag 27.-28.09.2014

Jeweils von 13:00 Uhr bis 18:00 Uhr

Traditionell geben wir unseren Weinen ein Jahr Zeit, um ganz in Ruhe Reife und Charakter zu erlangen. Dann wird es aber höchste Zeit, ihn auch zu degustieren. Und zwar in unserer Herbst-Präsentation. An zwei Tagen können Sie sich nach Lust und Laune vom Jahrgang 2013 bezaubern lassen. Und zwar vom trockenen Gutsriesling bis hin zur Trockenbeerenauslese. Für das leibliche Wohl wird selbstverständlich auch gesorgt. Und wer möchte, kann auch an einer kleinen Führung in unserem historischen Gewölbekeller teilnehmen.

Weiterhin bieten wir auf Anfrage Weinbergbegehung und Kulinarische Weinproben auf dem Weingut an.

Lieber Herr Lanius, wir danken Ihnen für das aufschlussreiche   Interview.

Peter J. und Helga König

Bitte klicken Sie auf den Link, dann gelangen Sie  zum Weingut Lanius Knab und können  dort Weine bestellen:http://lanius-knab.de/shop/








Helga König im Gespräch mit Melanie Jonas und mit Margaritta Schulze Lohoff über das Buch "It`s Gintime"

Sehr geehrte Frau Jonas, sehr geehrte Frau Schulz Lohoff, dieser Tage habe ich Ihr Buch "It`s Gintime" rezensiert. Dazu möchte ich Ihnen heute einige Fragen stellen.

Helga König: Können Sie unseren Lesern zunächst einmal mitteilen, wie es zu dem außergewöhnlichen Buchprojekt "It´s Gintime" kam?

 Melanie Jonas_Gintime
Melanie Jonas: Angefangen hat alles auf einer Dachterrasse in Mumbai. Als ich dort einen Gin and Tonic bestellen wollte, habe ich zum ersten Mal gemerkt, dass das zu einer Kunst geworden war. Welcher Gin, welches Tonic, mit Zitrone oder Gurke? Danach habe ich nach einem guten Buch über Gin gesucht, aber keines gefunden. Also habe ich mir gedacht: Dann müssen wir selbst eins machen. 

Margitta Schulze Lohoff: Und uns war schnell klar, dass wir kein typisches Nachschlagewerk produzieren wollten. Denn beim Gin trinken geht es doch vor allem ums Genießen – und das soll unser Buch auch sein: ein Genuss für Gin-Freunde. 

Helga König: Neben den wunderbaren Texten zum Buch, das weit über eine Gin-Fibel hinausgeht, erwarten den Leser tolle Fotos des Fotografen Gabor Ekecs. Dürfen wir erfahren, welcher Grundgedanke hinter den Fotos steht und was man hier vielschichtig abgebildet hat?

Melanie Jonas: Es geht um ein ganz bestimmtes Lebensgefühl! Die Fotos sind alle in Los Angeles entstanden. Mit Freunden des Fotografen aus der ganzen Welt. Sie haben zusammen gekocht, getrunken und gefeiert. Die Bilder zeigen eine Nacht mit Gin, guten Freunden, Genuss und dieser Sehnsucht nach dem perfekten Moment. 

Helga König: Würden Sie bitte kurz skizzieren, was man unter dem Getränk "Gin" zu verstehen hat?

 Margitta Schulze Lohoff_Gintime
Margitta Schulze Lohoff: (lacht): Diese Frage wurde uns schon oft gestellt. Die kurze Antwort wäre: ein mit Wacholder aromatisierter Branntwein. Dann könnten wir aber auch über den deutschen Wacholderschnaps sprechen. Gin ist aber noch viel mehr: Es ist das britische Nationalgetränk und spiegelt die Geschichte des Landes. Gin wird nämlich mit noch sehr viel mehr Zutaten aromatisiert als Wacholder. Viele davon haben die Briten aus ihren Kolonien mitgebracht: zum Beispiel Zitrusfrüchte, Koriander oder Zimt. Aber der Wacholder steht immer im Vordergrund. 

Helga König: Warum spricht Gin nicht nur den Gaumen, sondern auch die Nase an? 

Melanie Jonas: Eben weil Gin mit so vielen verschieden Früchten, Samen oder Wurzeln aromatisiert werden kann, gibt es einige die wie Parfüm duften. Der deutsche Gin Monkey 47 zum Beispiel. 

Helga König: Können Sie unseren Lesern berichten, welche Erfahrungen Sie in dem kleinen westfälischen Restaurant in Münster haben sammeln können, das Sie im Buch vorstellen und weshalb Sie es Gin-Liebhabern zum Besuch empfehlen?

Margitta Schulze Lohoff: Wir haben das Restaurant zufällig entdeckt. Freunde aus Münster haben mich dorthin eingeladen und mir ist sofort die große Gin-Sammlung aufgefallen. Die Bartenderin Marie Rausch kreiert die Cocktails immer passend zu den Gerichten ihres Mannes Niklas. Es war eine ganz neue Erfahrung zum Essen nicht den passenden Wein, sondern einen Cocktail zu trinken. Großartig! 

Helga König: Was hat es mit Gläsern für Getränke auf sich. Wieso sollte man darauf achten, einen bestimmten Drink in einem bestimmten Glas zu reichen? 

Melanie Jonas: Weil die Gläser auf die Eigenschafen des Getränks abgestimmt sind. Ein Sekt zum Beispiel perlt am besten in einer Flute. Ein Drink, der kühl, aber nicht auf Eis serviert werden soll, braucht ein langstieliges Glas, damit er in der Hand nicht sofort warm wird. Aber um ehrlich zu sein: Zu ernst muss man das auch nicht immer nehmen. In der richtigen Situation tut es manchmal auch ein Pappbecher … (lacht)

Helga König: Können Sie unseren Lesern ein wenig zu dem meistgetrunkenen Longdrink der Welt verraten? 

Melanie Jonas: Sie meinen den Gin and Tonic? Ich habe ja anfangs gedacht, dass der perfekte Gin and Tonic eine Kunst ist. Das stimmt aber gar nicht: Es ist einfach Übung. Man muss ganz viel experimentieren bis man herausgefunden hat, welche Mischung man am liebsten mag. Probieren Sie zum Beispiel mal Gin Mare mit Fever-Tree, Monkey 47 mit 1724 oder Tanqueray Ten mit Fentimans 

Helga König: Seit wann überhaupt wird Gin getrunken? 

Margitta Schulze Lohoff: Schon ewig! Doch Gin, wie wir ihn heute kennen, gibt es erst seit zwei Jahrhunderten. In den Jahrhunderten davor waren die Destillationskünste noch so schlecht, dass üble Geschmäcker mit Zucker übertüncht werden mussten.

Helga König: Verraten Sie unseren Lesern als Einstimmung zum Buch die im Buch veröffentlichte Kreation von Gerald Schroff? 

Melanie Jonas: Aber gerne. Sie brauchen 3 cl Adler Berlin Gin, 2 cl Lillet-Wermut, 1 cl Sanssouci Holunderblütenlikör und 1 cl Sanssouci Quittenlikör – die Liköre stammen alle aus der Preußischen Spirituosen Manufaktur. Sie verrühren alle Zutaten und seihen sie in ein vorgekühltes Martiniglas ab. Und dann einfach genießen! Prost!

Liebe Melanie Jonas, liebe Margitta Schulze Lohoff, für das aufschlussreiche Interview danke ich Ihnen herzlich.

Ihre Helga König  

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Helga König im Gespräch mit Dr. Imhof zu seinem Buch "Eidesbruch: Ärzte, Geschäftemacher und die verlorene Würde des Patienten"

Lieber Dr. Imhof, vor geraumer Zeit habe ich Ihr Buch "Eidesbruch: Ärzte, Geschäftemacher und die verlorene Würde des Patienten" rezensiert. Heute möchte ich Ihnen hierzu einige Fragen stellen. 

Helga König: Zunächst möchte ich Sie fragen, wie es dazu kam, dass Sie nach den langen Jahren an der Chirurgischen Universitätsklinik Würzburg, wo Sie auf Tumorchirurgie spezialisiert waren, zum selbstständigen Gutachter für Behandlungsfehler wurden? 

Dr. Michael Imhof: Schon Anfang/Mitte der 90iger Jahre sah sich die Ärzteschaft mit einer zunehmenden Dominanz ökonomischer Vorgaben und administrativen Fesselungen konfrontiert, die im heutigen Gesundheitswesen einen vorläufigen Höhepunkt, aber keineswegs ihren Endpunkt erreicht haben. Diese Entwicklung reicht tief in das überkommene ärztliche Selbstverständnis eines von einem traditionellen Ethos getragenen Berufsstandes hinein, das sich zuallererst dem individuellem Wohl des Patienten und nur sekundär ökonomischen, betriebswirtschaftlichen oder staatlichen Vorgaben verpflichtet sah. Mein wissenschaftliches Interesse galt vor allem Fragestellungen im Zusammenhang mit entzündlichen und tumorösen Erkrankungen des Gastrointestinaltraktes und ich sehe auf viele wissenschaftliche Veröffentlichungen auf diesem Gebiet zurück. Die zunehmenden administrativen Fesselungen, gepaart mit unzureichenden Finanzmitteln für ein nachhaltiges wissenschaftliches Arbeiten boten mir keine attraktive Lebensperspektive mehr. Anpassung war nie meine Stärke und so entschied ich mich für eine freiberufliche Tätigkeit als wissenschaftlicher Berater ohne Abhängigkeit von kassenärztlichen Vereinigungen, Berufsgenossenschaften und weiteren Institutionen. Der Weg in die Freiberuflichkeit war anfangs keineswegs leicht. Ein bekannter Anwalt suchte mich eines Tages auf und bat mich, die Behandlungsunterlagen von einem seiner Verwandten einzusehen, der nach einer Operation im Bauchraum schwere Komplikationen erlitten hatte. In meinem Gutachten kam ich zu der Bewertung, dass dieser Patient Opfer eines Behandlungsfehlers geworden war. Das anschließende Arzthaftungsverfahren endete mit einem für die Patientenseite sehr günstigen Vergleich. Dieses Verfahren markierte den Anfang meiner gutachterlichen Tätigkeit. Heute blicke ich auf Tausende von Gutachten auf dem Gebiet des Arzthaftungsrechtes zurück und sehe mich nahezu täglich mit den Brüchen, aber auch den ethischen Erosionen der modernen Medizin konfrontiert. In den oft mit überaus harten Bandagen geführten Arzthaftungsverfahren fällt mir nicht selten die Aufgabe zu, die Scherben von verloren gegangenem Vertrauen der Patienten in die Integrität der Medizin wegzuräumen. 

Helga König: Sie sprechen von sieben Todsünden der modernen Medizin. Wie definieren Sie den Begriff "Todsünde" und grenzt dieser sich vom Todsündenbegriff, den man aus der christlichen Religion kennt, ab?

Dr. Michael Imhof: Es existieren verschiedene, geschichtlich und kulturell eingefärbte Kataloge von Todsünden in der christlich-abendländischen Tradition. Dem Begriff der Todsünde ist in allen Katalogen ein schwerer Verstoß gegen göttliche Lebensprinzipien mit einem daraus resultierenden Verlust von Gnade gemeinsam. In unserer säkularisierten Gesellschaft und in der begrifflichen Umsetzung in der Medizin bedeuten Todsünden schwerwiegende Verstöße gegen fundamentale ethische Prinzipien mit einer Kompromittierung des innersten Wesenskernes dieser Medizin, der sich ja aus den zutiefst humanen Zuschreibungen von Empathie, Fürsorge und Teilnahme an Krankheit und Leiden des Anderen erschließt. Eine Medizin, der diese grundlegenden Eigenschaften, abhanden zu kommen droht, steht in Gefahr, diesen inneren Wesenskern zu zerstören. Eine auf das Wohl des Individuums ausgerichtete und teilnehmende Medizin und eine mechanistisch und ökonomisch kalkulierende Medizin schließen sich aus: Die Fundamentalbegriffe von Krankheit und Heilung lassen sich nämlich nicht allein auf Physik und Biologie abstrahieren, sie weisen vielmehr über sie hinaus. Das Mysterium des Lebens und dessen existentielle Bedrohungen entzieht sich prinzipiell unserem empirischen Erkenntnisvermögen und trotz der gewaltigen Erfolge der modernen Medizin sind es immer noch die Dimensionen von persönlicher Erfahrung, der Erfahrung von Schicksal und Leiden, welche das prägen, was wir gemeinhin als das eigentlich Menschliche verstehen. Das, was wir unter dem Begriff von „Heilung“ verstehen, findet in einem komplexen und hoch-dimensionalen Raum statt, der sich einer ausschließlich reduktionistisch agierenden Medizin niemals erschließen kann. Aus diesen Gründen sind die tradierten ethischen Grundlagen der Medizin von persönlicher Fürsorge, Wohlwollen und Empathie in besonderem Maße schutzwürdig, weil sie für den Fortbestand einer humanen Gesellschaftsordnung überlebensnotwendig sind. 

Helga König: Können Sie den sieben Todsünden in der Medizin, sieben essentiell wichtige Tugenden dort gegenüberstellen? 

Dr. Michael Imhof: Es gibt kein einheitliches Arztbild und keine verbindlichen Tugendkanons. Den genannten sieben Todsünden könnte man folgende essentielle Tugenden gegenüber stellen, wobei sich die verschiedenen Tugendbegriffe gegenseitig überschneiden können: 
a. Kommerzialisierung: Wohlwollen 
b. Geldgier: Bescheidenheit 
c. Habsucht: Redlichkeit 
d. Korruption: Ehrlichkeit
e. Ethische Dammbrüche: Mut
f. Mitleidlosigkeit: Empathie
g. Hochmut: Demut 

Helga König: Können Sie den Lesern kurz berichten, worum es Ihnen in der Darstellung der ersten Todsünde geht? 

Dr. Michael Imhof: In einem Medizinsystem, wo Wörter wie Effizienz, Wirtschaftlichkeit, Jahresbilanz einen festen Stellenwert eingenommen haben, mögen die genannten Begriffe zunächst einmal wie veraltete Fremdkörper wirken. In einem modernen Krankenhaus, das sich als Profitcenter versteht, gilt es als unökonomisch, viel Zeit mit den Patienten zu verbringen. In einem derartigen Umfeld muss es dem Arzt immer schwerer fallen, den Spagat zwischen marktbestimmten Wettbewerb und Humanität durchzuhalten. Die Dominanz ökonomischer Faktoren im Krankenhausalltag wird deshalb in zunehmendem Maße ethisch hochproblematisch: Die ökonomische Logik wird unter den Bedingungen der Fallpauschalen (DRG) zum Maß aller Dinge. Gestaltet sich beispielsweise die Behandlung eines Patienten nach einer Operation aufwändiger und langwieriger als durch die pauschale Vergütung gedeckt, so schreibt das Krankenhaus Verluste. Ziel muss es also sein, möglichst viele Behandlungen und Operationen in möglichst kurzer Zeit und unter möglichst geringem Personalaufwand zu leisten. Unter diesen Zwängen hat sich die durchschnittliche Verweildauer im Krankenhaus um jährlich 2,2 Prozent auf derzeit ca. 6 Tage verkürzt. Zwischen den Jahren 1995 und 2005 sind annähernd 50 000 Stellen im Pflegebereich eingespart worden. Auf der anderen Seite sind die Fallzahlen drastisch angestiegen. Es läßt sich ein eindeutiger Trend zu Behandlungen mit hohen Sachkosten feststellen, wie zum Beispiel Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems, Wirbelsäulenerkranken, speziell Bandscheibenoperationen, Gelenk-Endoprothesen u.a.m. Die rasante Zunahme dieser Eingriffe ist durch demographische Faktoren allein nicht zu erklären. Ein Zusammenhang mit der DRG-Systematik ist nicht zu bestreiten. Erwünscht sind Patienten mit einfachen Erkrankungen, beispielsweise einem Hüftgelenksverschleiß, die sich planbaren und profitablen Eingriffen unterziehen und die das Krankenhaus nach wenigen Tagen wieder verlassen. Es wird das behandelt, was sich rechnet. Unerwünscht sind multimorbide und meist alte Patienten mit mehreren Erkrankungen und einem entsprechend erhöhten Risiko einer längeren postoperativen Liegedauer. Hier steht die Medizin in Gefahr, zur Dienerin einer Ökonomie zu verkommen, die nur noch sich selbst als Zweck sieht. Hier verkommt die Klinik zum Marktplatz. 

Helga König: Wo sehen Sie in der Medizin den wesentlichen Unterschied zwischen Geldgier und Habsucht? 

Dr. Michael Imhof: Habsucht, avaritia, bedeutet mehr als Geldgier. Habsucht ist ein ungezügeltes und rücksichtsloses Streben nach Gewinn um jeden Preis. Habgier oder Habsucht ist das übersteigerte, rücksichtslose Streben nach materiellem Besitz, unabhängig von dessen Nutzen, und eng verwandt mit dem Geiz, der übertriebenen Sparsamkeit und dem Unwillen zu teilen. Habsucht kennt nur den eigenen Vorteil. Habsucht kennt kein Wohlwollen dem Patienten gegenüber, Habsucht hat nur den eigenen kostbaren Zeitaufwand im Blick, Habsucht kennt keine Bereitschaft, eigene Annehmlichkeiten zu opfern, beispielsweise dann, wenn ein hilfesuchender Patient sich am freien Nachmittag an den Arzt wendet. Habsucht fragt nach dem eigenen Vorteil beispielsweise dann, wenn einem gutgläubigen Patienten eine IGeL-Leistung für teures Geld verkauft wird, die für dessen Gesundheit keinen Nutzen erbringt, dem Arzt aber eine zusätzliche lukrative Geldquelle erschließt. 

Helga König: Was macht Mediziner nach ihrer Ansicht korrupt? 

Dr. Michael Imhof: Korruption ist der Missbrauch anvertrauter Macht zum privaten Nutzen oder Vorteil. Ob Bestechung oder Bestechlichkeit im internationalen Geschäftsverkehr oder in der Medizin, oder der Versuch, durch Schmiergelder Vorteile zu erlangen - Korruption verursacht nicht nur materielle Schäden, sondern untergräbt auch die Fundamente einer Gesellschaft. In Deutschland wurde das Problem der Korruption in der Medizin lange Zeit ignoriert. Zahlreiche Skandale, auch in jüngster Zeit machen deutlich, dass der Korruptionsbekämpfung in der Medizin größere Aufmerksamkeit zukommen muss: Unser Gesundheitswesen kennzeichnet mit annähernd dreihundert Milliarden Euro einen riesigen Markt. Das Gesundheitswesen repräsentiert mit Wahrscheinlichkeit die komplexesten Bereiche unserer Gesellschaft und das Dickicht von Institutionen und Netzwerken ist entsprechend undurchschaubar deshalb nur schwer zu kontrollieren. An den Verteilerzentralen dieser ungeheuren Geldströme sitzen die Ärzte. Geld macht gierig. Die zunehmende Konkurrenzsituation von Praxen und Krankenhäusern macht erfindungsreich. Die Angst, entdeckt zu werden, ist nach wie vor gering. Die Verteilung der Patientenströme folgt den Geldströmen. Die kommerzgesteuerte Verteilung der Patientenströme, Zuweiserpauschalen und korrumptive Fangprämien markieren unheilvolle Folgen einer zunehmenden Kommerzialisierung der Medizin. Die Moral muss auf der Strecke bleiben. 

Helga König: Können Sie den Lesern im Rahmen der ethischen Dammbrüche kurz etwas zu den Punkt en "überflüssige Operationen" und "vertuschte Behandlungsfehler" mitteilen? 

Dr. Michael Imhof: In Deutschland werden jährlich ca. 200 000 künstliche Hüftgelenke eingesetzt. Im übrigen Europa sind es dagegen nur ca. 300 000. In Deutschland werden ca. 136 000 Eingriffe aufgrund von Kniegelenkverschleiß durchgeführt, in Frankreich sind es dagegen nur ca. 32 000, in England gar nur 13 000. Deutsche Krankenhäuser mutieren zu Operationsfabriken. Nach Einschätzungen von Experten, beispielsweise von Herrn Prof. Dr. Pässler, ist die Hälfte der Kniegelenksarthroskopien überflüssig. Ähnliche Feststellungen gelten für Hunderttausende von Bandscheibeneingriffe. Viele dieser Eingriffe bessern das Leiden der Patienten nicht, sie bergen oft zusätzliche Risiken für perioperative Komplikationen, deren Kosten später von der Solidargemeinschaft aufgebracht werden müssen. Überflüssige Operationen sind mit einem uralten hippokratischen ethischen Grundprinzip nicht vereinbar, das lautet: „Primum utilis esse, „Primum nil nocere “. Das heißt übersetzt: Nütze dem Patienten und schade ihm nicht. Ähnliche Überlegungen gelten besonders auch für den ärztlichen Umgang mit Behandlungsfehlern. Hier erfährt das ärztliche Ethos überhaupt seine Nagelprobe. Behandlungsfehler stellen nach wie vor ein virulentes Problem in unserer Medizin dar. Oft führen sie zu verlängerten Krankenhausaufenthalten, sie erhöhen die Folgekosten durch manchmal lebenslang erforderliche Nachbehandlungen , nicht selten bedeuten sie für die betroffenen Patienten den Verlust der Arbeitsfähigkeit und den Sturz ins Bodenlose mit langwierigen sozialen und psychischen Stigmatisierungen. Immer noch werden betroffene Patienten, die Opfer von Behandlungsfehlern geworden sind und deren Angehörigen in ihrer Not alleine gelassen. Wenn Sie es wagen, bei ihrem Arzt die Frage nach einem Fehler anzusprechen, werden sie oft schroff abgewiesen und angegriffen. Nicht wenige von ihnen erfahren nicht einmal, dass sie Opfer eines Fehlers geworden sind und viele von ihnen finden aufgrund ihrer gesundheitlichen Situation nicht mehr die Kraft, langwierige Zivilprozesse durchzustehen. Wer sich dennoch dazu entschließt, ein Behandlungsfehlerverfahren einzuleiten, sieht sich oft mit einem langjährigen, manchmal sogar jahrzehntelangen Abnutzungskampf gegen die Versicherungen der Ärzte konfrontiert. Vertuschte Behandlungsfehler untergraben die grundlegende Basis der Medizin, nämlich das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient und erodieren das ärztliche Ethos immer weiter, das vom Arzt Ehrlichkeit und Redlichkeit dem Patienten gegenüber einfordert. 

Helga König: Wie erklären Sie sich den Mangel an Mitgefühl von Ärzten, der zum würdelosen Sterben durch gnadenlose Therapien verurteilt? 

Dr. Michael Imhof: In einer zunehmend unter ökonomischen Zwängen leidenden Medizin bleibt naturgemäß für Empathie und tief empfundene Fürsorge immer weniger Raum. Zeit wird zu einer raren Ressource. Die Marktgesetze kennen keine Begriffe von persönlicher Zuwendung und Anteilnahme am Schicksal eines Patienten. Die Marktgesetze wollen nur eine Beziehung zwischen Geschäftspartnern zum Austausch der Ware Gesundheit gegen möglichst großen Profit anerkennen. Der Patient als Marktteilnehmer. Es besteht die Gefahr, dass der hinter der Krankheit stehende Mensch selbst zur Ware werden könnte. Hier verliert die Medizin ihre Seele. Hier verliert aber auch unsere Gesellschaft als Ganzes ihre Seele. Das oft würdelose Sterben in den Krankenhäusern, die organisierte Entwürdigung der Alten in den Pflegeheimen, die nach Marktgesetzen wertlos geworden sind, markieren Etappen auf dem Weg in eine fortschreitende Enthumanisierung. Unsere Zeit scheint dem Wahnsinn verfallen zu sein, dass sie eine grundlegende Bedingung unseres Menschseins nicht mehr zu erkennen vermag: Würdigkeit erwächst aus Bedürftigkeit. 

Helga König: Können Sie sich kurz auch zur 7. Todsünde äußern und wo deren Ursachen zu finden sind?

Dr. Michael Imhof: Was gleichermaßt berauscht und beängstigt, ist die ungeheure Dynamik der in allernächster Zukunft absehbaren biophysikalischen und biomedizinischen Zugriffsmöglichkeiten auf nahezu alle Ebenen der menschlichen Existenz, angefangen von den Eingriffsmöglichkeiten auf der Ebene der Gene in Gestalt eines Gen-Engeneerings, von der Ebene der embryonalen Stammzellen bis zu den Möglichkeiten eines Brain- Enhancements, dh. der möglichen Optimierung des menschlichen Gehirns und seiner mentalen Fähigkeiten. Im Zentrum der Forschungen steht die Zentralmetapher der Information des Lebens. Der Besitz und zunehmende Verfügungsgewalt über diese Informationen wird, so wage ich zu prognostizieren, zum werthaltigsten Rohstoff des 21. Jahrhunderts werden, weit vor den klassischen Rohstoffen wie Erdöl, Gold oder seltenen Edelmetallen. Dieser Rohstoff befeuert die Phantasien von Forschern und Aktionären gleichermaßen. Was sich heute schon abzeichnet, ist die Vision einer nahezu unbegrenzten Verfügbarkeit der Lebensbausteine. Das Leben könnte so zum Rohstoff einer universalen Nutzbarmachung und Verzweckung werden, an dessen Ende der von Nietzsche vorhergesagte Neue Mensch stehen könnte, der dem Wahn verfallen ist, sich aus den Fesselungen der natürlichen genetischen Lotterie zu lösen, das heißt aus den Fesseln eines natürlichen Schicksals, aus den Fesseln von Alter, Krankheit, ja aus den Fesseln der Sterblichkeit. Enhancement, Entgrenzung und Optimierung der menschlichen Materie, so lauten die Schlachtrufe auf dem Weg zum Neuen Menschen. Weil es dann alle Krankheiten überwunden sein werden, so müsse nur noch die Gesundheit dauerhaft optimiert werden. Derartige Visionen von einer schönen neuen Welt, wo nur überaus leistungsfähige und lebenslang gesunde Menschen existieren, wurde u.a. schon in den 30iger Jahren des letzten Jahrhunderts von Aldous Huxley in seinem Buch „Schöne neue Welt“ entworfen. Diese Visionen kommen heute auf beängstigende Weise immer näher: Der Mensch wird von Vertretern einer Anti-Aging-Medizin als ein Defektwesen von Natur aus verstanden, das unablässig zu verbessern ist. Hier erfährt der Gesundheitswahn seine terminale Vergötzung. Welche Folgerungen sich aus diesen Visionen im Hinblick auf unser überkommenes abendländisch-humanistisches Menschenbild ableiten werden, ist derzeit noch nicht in Ansätzen absehbar. 

Helga König: Was vermuten Sie, könnte zu einem Umdenken und einer erneuten ethischen Grundhaltung in der Medizin führen, wo muss angesetzt werden? 

Dr. Michael Imhof: Im Rausch des Machbaren, der Selbstbereicherung und der Jagd nach dem Shareholder Value steht die moderne Medizin in Gefahr, ihren Bezug zu ihren Ursprüngen und Wurzeln von Empathie und Fürsorge für die Kranken und Schwachen zu verlieren. Wir stehen zu Beginn des 21. Jahrhunderts am Beginn eines Zeitalters der Information. Dieses Zeitalter muss zum Zeitalter der Information für den Patienten werden, der sich als Mensch, als Person mit seiner Würde in einer technisch hochgerüsteten Medizin wiederfinden will. Es liegt in unserer Hand, ob sich diese Medizin zu einem kommerzgesteuerten Moloch oder zu einem partnerschaftlichen und menschenfreundlichen Gegenüber für die hilfesuchenden Patienten entwickeln wird. Die Ärzte des 21. Jahrhunderts müssen wieder lernen zu verstehen, was aus der Krankheit zu ihnen spricht und welche Sprache die Menschen zu ihnen sprechen. Medizin basiert auf einem subtilen und schutzbedürftigen Beziehungsgefüge zwischen Arzt und Patient. Es ist Zeit, uns wieder auf eine Medizin zu besinnen, in deren Mittelpunkt der aufgeklärte Patient steht. Diese Neubesinnung wird die dritte Revolution der Medizin einläuten. Aufklärung über die Krankheit, Autonomie und gemeinsame Entscheidungsfindung müssen die Qualitätsmerkmale dieser Medizin repräsentieren. In dieser Medizin werden Patienten wieder darauf vertrauen können, dass es gerecht zugeht und dass ihnen aus purer Gewinnsucht heraus keine unnötigen Untersuchungen und Behandlungen angedreht werden, dass ihr Arzt wahrhaftig zu ihnen ist, besonders dann, wenn ihm einmal ein Fehler unterlaufen sein sollte.

Lieber Herr Dr. Imhof, ich danke Ihnen herzlich für  das aufschlussreiche Interview.

Ihre 
Helga König

http://www.dr-imhof.de/

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