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Helga König im Gespräch mit der Verlegerin Miriam Zöller

Liebe Frau Zöller, dieser Tage habe ich das Buch »Die göttliche Komödie« aus Ihrem Verlag rezensiert. Hierzu möchte ich Ihnen einige Fragen stellen.

Helga König: Es ist sicher ein Risiko, ein Buch wie die "Göttliche Komödie" als gebundene Ausgabe zu verlegen, da es ja davon bereits zig Taschenbuchausgaben gibt. Was hat Sie veranlasst, dieses Risiko einzugehen und haben Sie zuvor eine Marktanalyse gemacht?

Die Verlegerin Miriam Zöller
Miriam Zöller: Eigentlich gehe ich mit jedem Buch, das ich mache, ein Risiko ein. Bei einem so aufwendigen und teuren Buch wie der "Divina Commedia" ist das Risiko natürlich um ein Vielfaches höher, als bei einem reinem Textband. Doch hier wie da - jeder verlegerischen Programmentscheidung geht eine Markt- und Konkurrenzanalyse voraus. Mit der "Göttlichen Komödie" habe ich mir auch als Romanistin einen Traum erfüllt. Lange schon hatte ich Dante auf meiner Desiderata-Liste stehen, das Botticelli-Jubiläum letztes Jahr war dann Anlass, um dieses Projekt endlich zu realisieren.


Helga König: Wer hat Sie beim Design des Buches beraten?

Miriam Zöller: Das Design haben letztlich mein Mann Lothar Wekel und ich festgelegt. Zunächst war die Frage, welches Format ein solcher Band bekommen soll - und es war klar, dass es außergewöhnlich sein muss. Dazu erbaten wir von der Druckerei verschiedene Muster. Danach stimmten wir uns mit dem Setzer ab, der diverse Layouts dazu machte - um anschließend die "ideale Form und Gestalt" für das Buch festzulegen.

Helga König
 Helga König: War es schwierig die Rechte für die Illustrationen zu erhalten? Können Sie darüber kurz berichten?

Miriam Zöller: Ja, das war kein einfaches Unterfangen! Die hier präsentierten Illustrationen entstammen einer Prachthandschrift, die Lorenzo di Pierfrancesco de’ Medici, ein Vetter zweiten Grades des berühmten Lorenzo il Magnifico de’ Medici, in Auftrag gegeben hatte. Ursprünglich enthielt der Codex 102 Blätter, von denen heute noch 92 erhalten sind, 85 im Kupferstichkabinett in Berlin, sieben in der Biblioteca Apostolica im Vatikan. Acht Blätter (zu Inferno II – VII, XI und XIV) gelten als verschollen, zwei weitere (zu Paradiso XXXII und XXXIII) gingen irgendwann in Berlin nach der Auseinzelung der Blätter verloren. Die Vorlagen, die wir aus Berlin bekamen, waren alle mit den Passepartouts fotografiert, sodass wir alle Bilder nochmals bearbeiten lassen mussten, um sie nach unseren Vorstellungen und in der entsprechenden hochwertigen Qualität in das Buch zu integrieren. Das war unendlich mühsam und aufwendig. Aber es hat sich gelohnt!


Helga König: Wie groß sind die Bilder im Original?

Miriam Zöller: Die Blätter im Codex haben ein Format von 32 mal 47 cm, auf dem die (ganzseitigen) Illustrationen stehen.


Helga König: Was bedeuten die Bilder Ihnen im Hinblick auf Dantes Text?

Miriam Zöller: Die Bilder sind für mich in mancherlei Hinsicht von besonderer Bedeutung:
Ad 1) Die Botticelli-Illustrationen sind von einer Expressivität, die ihres gleichen sucht. Botticelli hatte sich intensiv mit Dantes Werk auseinandergesetzt und dies wird in der visuellen Gestaltung seiner Federzeichnungen ganz deutlich.
Ad 2) Es war das einzige Mal, dass sich der Maler Botticelli als Buch-Illustrator betätigte.
Ad 3) Die Illustrationen sind eine wunderbare Übersetzung des gewaltigen Epos, das Dante geschaffen hat, und das eine Art "Summe des mittelalterlichen Wissens darstellt", ins Bildliche.


Helga König: Der Preis für das Buch ist ungemein niedrig, für das, was es bietet. Der Gewinn dürfte demnach gering sein. Was trieb Sie um, dieses Projekt dennoch durchzuziehen?

Miriam Zöller: Zum einen der Wunsch, mein Programm um eines der größten Werke der Weltliteratur zu bereichern, das ich als Studentin mit dem größten Vergnügen und auch Erstaunen mir erschloss. Und zum anderen war das Botticelli-Jubiläum als "Aufhänger" eine wunderbare Gelegenheit, "den Dante" einer breiten Öffentlichkeit wieder ins Bewusstsein zu rufen. Die beiden Einführungen zum Dichter und zum Illustrator ermöglichen es jedem Leser, das Werk einzuordnen. Zuletzt natürlich, weil es derzeit keine schönere Ausgabe der "Göttlichen Komödie" gibt.


Helga König: Werben Sie in Zeitungen und Zeitschriften für Ihre ja stets ungemein preisgünstigen, gebundenen Bücher und geht das Konzept "Bücher für alle" auf?

Miriam Zöller: Werbung ist für ein so kleines Haus wie den marixverlag leider nur eingeschränkt möglich, da ich nicht über große Marketingetats verfüge. Sie haben das Credo der Preisgestaltung wunderbar auf den Punkt gebracht: Bücher zu machen, die für jeden erschwinglich sind! Das Konzept geht im Großen und Ganzen auf, auch wenn es hie und da zwickt, weil sich natürlich nicht jeder Titel durchsetzt...


Helga König: Wird Ihre "Göttliche Komödie" in Buchhandlungen eher verkauft als im Internet, weil man ja dort die Schönheit des Buches mit seinen Sinnen wahrnehmen kann?

Miriam Zöller: Zweifellos ist der stationäre Buchhandel hierbei im Vorteil, weil er durch das haptisches Erleben, die sicht- und spürbare Qualität, das außergewöhnliche Format und nicht zuletzt die Ästhetik der Gestaltung den Leser unmittelbar überzeugen kann. Dennoch verkauft sich das Werk auch im Internethandel sehr gut.


Helga König: Welche Quintessenz ziehen Sie aus dem Text Dantes?

Miriam Zöller
Miriam Zöller: In der Divina Commedia hat Dante seiner verstorbenen großen Liebe Beatrice ein Denkmal gesetzt, der Mit- und Nachwelt hingegen sollte es zur Belehrung dienen, indem er seine eigene religiös-sittliche Wiedergeburt poetisch beschreibt. Das Werk ist so bildgewaltig und prall - wie ich oben schon erwähnte eine "Summe des mittelalterlichen Wissens" -, dass ich keine simple "Quintessenz" daraus zu ziehen vermag. Es sind die "ewigen Fragen", die den Menschen bewegen, und die Dante mit seiner Gelehrsamkeit philosophisch-theologisch zu beschreiben sucht. Das Schöne an der "Göttlichen Komödie" ist, dass man sie auch heute mit großem Gewinn lesen kann - sie ist eine wahre Schatzkiste, die man nur öffnen muss, um die unsterbliche Großartigkeit des Werkes zu erleben.


Helga König: Muss man ein gläubiger Mensch sein, um Dante im Kern wirklich zu begreifen?

Miriam Zöller: Nein, ich denke nicht, dass allein der Glaube das Verständnis ermöglicht - er kann es eventuell erleichtern. Das Wichtige bei der Lektüre Dantes ist das historische Bewusstsein um die damaligen Jenseitsvorstellungen bzw. die Offenheit, dieses Werk aus seinem geschichtlichen Kontext heraus zu begreifen.


Liebe Frau Zöller, herzlichen Dank für das erhellende Interview.

Ihre Helga König.

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3 Kommentare:

  1. Vielen Dank für dieses vorzügliche Interview. Ich habe natürlich umgehend diese wundervolle Ausgabe der »göttlichen Komödie« bestellt. Gute Bücher können dem Inhalt entsprechend in »schönem Gewand« noch mehr Freude machen!

    Wieder einmal war ein Interview von H.G. sehr hilfreich! Danke!

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  2. Lieber Walter, danke für den netten Kommentar. Du wirst sehr viel Freude mit dem Buch haben. Da bin ich mir sicher.

    Liebe Grüße

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  3. Heute traf dieses oppulente, großformatige und wirklich liebevoll gestaltete Werk bei mir ein. Meine hohen Erwartungen wurden von der Realität noch übertroffen! Mein Eindruck: Ein wahres Meisterwerk wahrlich meisterlich gestaltet. Min Kompliment an die Verlegerin!

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