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Helga König im Gepräch mit Dr. Petra Altmann

Sehr geehrte Frau Dr. Altmann vor geraumer Zeit habe ich Ihr Buch "Vom Wert der Werte" rezensiert. Zu diesem Buch möchte ich Ihnen einige Fragen stellen.


Helga König: Weshalb haben Sie "Werte" in einem Buch thematisiert?

Dr. Petra Altmann: Im Rahmen meiner Vorträge kam ich immer wieder mit Menschen ins Gespräch, die in den letzten Krisenjahren Verluste beklagten und meinten, ihnen seien alle wichtigen Werte verloren gegangen. Dabei dachten sie immer an materielle Verluste und vergaßen, dass der eigentliche "Wert" unseres Lebens ja nicht diese Art von Besitztümern ausmacht, sondern Dinge wie Freundschaft, Familie, Menschen, auf die man sich verlassen kann, etc..  Natürlich auch Liebe, Treue, Zuverlässigkeit, Gerechtigkeit, Wahrhaftigkeit und viele andere mehr. Materielle Güter können in Wirtschaftskrisen verloren gehen, aber die echten, zwischenmenschlichen Werte nicht. Im Gegenteil, sie bewähren sich gerade in Krisenzeiten.

Helga König: Was bedeutet für Sie Achtsamkeit?

Dr. Petra Altmann: Achtsamkeit ist einer der wesentlichen Grundwerte. Wer auf sich selbst achtet, auf seine Worte, seine Gesten, sein Verhalten, der wird auch mit anderen Menschen sorgsam umgehen. Dabei geht es nicht darum, sich permanent selbst zu kontrollieren und damit zum Egozentriker zu werden. Vielmehr geht es darum, immer wieder einmal innezuhalten und das eigene Handeln zu hinterfragen.

Helga König: Ist Achtsamkeit eine Voraussetzung, um sich beispielsweise aufrichtig zu
verhalten oder zuverlässig zu sein?

Dr. Petra Altmann: Ja, unbedingt. Achtsamkeit bedeutet ja auch, auf seine Worte zu achten und keine falschen Versprechungen zu machen. Der ehrliche Umgang mit sich selbst und anderen Menschen ist für unser Zusammenleben ein ganz wichtiger Wert. Dabei muss man eben manchmal auch Dinge zur Sprache bringen, die nicht so einfach sind.  Aber Ehrlichkeit währt eben immer am längsten, wenn man sie mit Achtsamkeit formuliert.

Helga König: Sie bringen u.a. Beständigkeit als Wert zur Sprache. Welchen Sinn hat dieser Wert in einer Welt, in der Flexibilität gefordert ist, um "am Ball" zu bleiben?

Dr. Petra Altmann: Die Beständigkeit erhält gerade in unserer Gesellschaft, in der Flexibilität zunehmend stärker gefragt ist, eine immer größere Bedeutung. Im Zeitalter der Globalisierung ist es nicht zu vermeiden, dass wir immer mehr unterwegs sind. Das hat auch gute Seiten, da wir ja von anderen Völkern, anderen Unternehmen, anderen Mentalitäten sehr viel lernen können. Allerdings darf die Flexibilität nicht zur Entwurzelung führen. Jeder Mensch braucht einen Platz, an dem er sich zu Hause fühlt, einen Ruhepol, der ihm die Möglichkeit gibt, seine Batterien wieder aufzuladen. Ganz wesentlich beim Thema Beständigkeit sind natürlich auch Menschen, die einen festen Platz in unserem Leben haben und uns Halt geben.

Helga König: Was bedeutet für Sie Liebe und was "wahre Liebe"? Sie sprechen auf Seite 37 von der "wahren Liebe", so dass der Eindruck entsteht, dass Sie hier differenzieren. Wo also liegt der Unterschied?

Dr. Petra Altmann: Liebe, die vom Herzen kommt, ist immer wahr. Manchmal wird den Menschen allerdings vorgegaukelt, es sei "Liebe im Spiel". Der Begriff der Liebe wird hin und wieder etwas inflationär gehandelt und auch dann verwandt, wenn es sich um Zuneigung, Sympathie etc. handelt. Tiefe Liebe bewährt sich nicht nur in guten, sondern vor allem in Krisenzeiten. Liebe trägt uns durchs Leben.

Helga König: Auch der Glaube wird von Ihnen als Wert ins Feld geführt. Wie kann man mit Gott in Kontakt bleiben?

Dr. Petra Altmann: Da gibt es für jeden Menschen sicher ganz individuelle Wege. Aus meiner Sicht ist es wichtig, immer wieder einmal innezuhalten, die Stille zu suchen und die eigenen Lebensabschnitte Revue passieren zu lassen. Es ist wichtig, darüber nachzudenken, warum sich gewisse Dinge ereignen, denn es gibt ja keine Zufälle im Leben.

Helga König: Wie wichtig erscheint Ihnen ein Wertekompass als Gerüst fürs Leben?

Dr. Petra Altmann: Eine Wertekompass ist lebensnotwendig. Er gibt einem selbst Orientierung und ist ein Leitfaden für den Umgang mit den Mitmenschen. Ohne Wertkompass entstehen sehr rasch Konflikte und am Ende Chaos.

Helga König: Zu den Kardinaltugenden zählt, wie Sie schreiben, die Tapferkeit. Benötigt man Mut und Angstfreiheit, um tapfer zu sein?

Dr. Petra Altmann: Tapferkeit bedeutet zunächst einmal, Verantwortung zu übernehmen, auch und vor allem in Krisensituationen. Manchmal erfordert Tapferkeit auch Zivilcourage und Mut, beispielsweise, wenn man anderen Menschen zur Seite steht, die ungerecht behandelt werden. Oder wenn man seine Überzeugung vertreten muss gegenüber Menschen, die ganz andere Einstellungen haben.  Dann muss man standfest sein, was sich am Ende immer bewährt.

Helga König: Sie nennen Werte, auf die man die Zukunft bauen kann. Einer der Werte ist Humor. Das hat mir sehr gut gefallen. Glauben Sie, dass heitere Menschen Dritten gegenüber nachsichtiger sind und auch eher verzeihen können?

Dr. Petra Altmann: Menschen, die Dinge auch mal von der humorvollen Seite nehmen können und nicht alles bierernst nehmen, auch sich selbst nicht, sind sicher nachsichtiger gegenüber anderen Menschen.  Dies hat übrigens nichts mit Oberflächlichkeit zu tun. Es kann manche schwierige Situation entspannen helfen, wenn man den Humor ins Spiel bringt.

Helga König: Ich habe den Wert der Demut zumindest in Ihren Oberbegriffen nicht gefunden. Allerdings glaube ich, dass bewusste Demut vor Größenwahn und Selbstherrlichkeit schützt und insofern ein wichtiger Wert darstellt. Sind Sie davon überzeugt, dass ein Mensch nur dann Weisheit (sie nennen den Wert als Kardinaltugend) erlangen kann, wenn er zur Demut fähig ist und wenn ja, weshalb?

Dr. Petra Altmann: Ich habe in meinem Vorwort ja erwähnt, dass es natürlich sehr viel mehr Werte gibt, als ich sie in meinem Buch beschreiben konnte. Demut ist ein wichtiger Wert, der aber auch bei von mir beschriebenen Werten wie Weisheit, Tapferkeit oder Solidarität zum Tragen kommt. Demut bedeutet ja nicht "katzenbuckeln", sondern, sich selbst nicht in den Vordergrund zu drängen und sich darüber im Klaren zu sein, dass man nicht vollkommen ist und immer wieder Neues lernen und wichtige Erfahrungen sammeln kann.


Liebe Frau Dr. Altmann, ich danke Ihnen für dieses erhellende Interview.

Ihre Helga König





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