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Helga König im Gespräch mit Jürgen Brand, Chocolatier und Inhaber der Fritz Kunder GmbH in Wiesbaden

Lieber Herr Brand, letzten Freitag  hatte ich das große Vergnügen, Sie  kennen lernen zu dürfen . Unser Gespräch erscheint nun auf  "Buch, Kultur und Lifestyle", damit die Leser mehr über Sie und Ihr traditionsreiches Unternehmen  erfahren können.

Hier die Links zu  den Produktbesprechungen auf  "Buch, Kultur und Lifestyle":
Wiesbadener  Original Kunder Törtchen
Offizielle Königspralinie „Oranje“
Venus Brüstchen
25 Pralinen mit Williams- und Slivowitz-Füllung
Drei feine, handgemachte Schokoladen der Confiserie  Fritz Kunder GmbH, Wiesbaden
Rheingau Schokolade-  "Riesling" und " Spätburgunder";

Helga König: Ihr Unternehmen besteht seit 1902 in Wiesbaden. Ihr Urgroßvater hat in der Kaiserzeit den deutschen Hochadel lukullisch verwöhnt. Gibt es eventuell Anekdoten, die aus jenen Tagen überliefert worden sind?

 Jürgen Brand
Jürgen Brand: Ja, es gibt ein paar Geschichten die die Familie aufbewahrt hat. Zum Beispiel, wie mein Urgroßvater Fritz Kunder nach Wiesbaden kam. Er war Sohn einer Gastwirtsfamilie aus Unterfranken und hat in jungen Jahren eine Konditorlehre absolviert und mit Meistertitel abgeschlossen. Hierfür war er in Deutschland in damals führenden Café- und Konditoreibetrieben unterwegs und lernte seine spätere Ehefrau Hermine Haagen in Feuchtwangen kennen. Die Gelegenheit in Wiesbaden ein eigenes Café zu eröffnen, ergab sich für die beiden so kurzfristig, dass sie vier Wochen vor Geschäftseröffnung noch schnell heiraten mussten. Damals wäre es undenkbar gewesen, unverheiratet gemeinsam ein Café zu betreiben. Am 1. Mai 1898 war es dann so weit und das Café Kunder im Gebäude des damaligen Hotel St. Petersburg konnte seine Türen öffnen.    

Durch die Zerstörungen im 1. und 2. Weltkrieg gibt es leider nur wenige Berichte oder Dokumente, die weitergegeben werden konnten. Interessant ist, dass sich das Gründer-Ehepaar bewusst an das in Wiesbaden zur Kur weilende zahlungskräftige Publikum und neue wohlhabende Bürger gerichtet hat.

Bekannt ist die mit hohem nächtlichem Zeitaufwand verbundene Anfertigung eines hohen Baumkuchens auf einer großen quadratischen Platte, garniert mit vier Märchenmotiven aus Lebkuchen, Marzipan und Schokolade. Als dann alles nach mühevoller Arbeit fertiggestellt war, offenbarte sich die ganze Tragik: Das Arrangement war zu groß - bzw. die Türöffnungen zu klein! Nur durch einen eiligen Mauerdurchbruch gelangte das Meisterstück zum Kunden. Eine Lehre für alle nachfolgenden Generationen, bis heute wird immer noch zuerst nach den Abmessungen der Sonderanfertigungen gefragt! 

Man machte eine tiefe Verbeugung, ging einen Schritt vor, das ganze Personal ruft auf Augenkommando: Guten Morgen Durchlaucht! Hermine Kunder meinte im Familienkreis über einem Stammgast :“Wenn man nicht wüsste, dass es ein Prinz zu Arensberg ist, so meint man es wäre ein Frankfurter Viehhändler. Man sieht ihn stets in einem braunen Überzieher, höchst einfach und ebenso ist sein Auftreten – ich glaub` dass ihm eine so übertriebene Begrüßung und eitle Bedienung eher missfällt.“ Die Mehrzahl der adligen Kundschaft aber hob sich durch Kleidung und dem Anspruch auf würdevoller Bedienung nach Etikette von dem erwähnten Prinzen ab. 

Im Jahr 1912 war in Wiesbaden das große Ereignis, der Besuch von Kaiser Wilhelm II und Zar Nikolaus. Fritz Kunder schrieb darüber in einem Brief: „…Husaren in Parade, Im Trab voraus Herolde, sechsspänniger Galawagen mit roten Jockeys auf den Pferden in langsamen Trabe, dann unter begeisterten Hochrufen für beide Kaiser, an uns vorüber freundlich grüßend. Das war alles so großartig wie man das hier noch nie so gesehen! Kaum war der letzte Wagen vorbeigerollt ging´s los: Eine Herde Schafe gehen in Lücken gegen eine solche Schieberei. Wir erreichten dennoch ohne Verlust unsere Ladentüre, herein und die anderen auch herein wie das wilde Heer. Im Augenblick war unser Café in eine Menagerie voll hungriger, kaffeedürstender Raubtiere verwandelt, die ganze Kuchen wegschleppten um sie in irgend einer Ecke des Ladens unter sich zu teilen. Sie waren so wild, dass sie oft auf Löffel, Gabel oder Messer verzichteten… Nach einer Stunde war das Café noch so gestampft voll wie zu Anfang. Hermine kam in ihrer Aufregung und hat gerufen: Fritz, sperr doch den Laden zu! Wir haben darüber später noch furchtbar gelacht!...“  

Helga König:  Wo war der Familienbetrieb in der Kaiserzeit konkret ansässig und wie darf man sich das damalige Ambiente des Ladenlokals vorstellen?

Jürgen Brand: Das Geschäftslokal befand sich in der heutigen Carl-Glässing-Straße (damals Museumstraße), sie ist die kürzeste Verbindung von der Wilhelmstraße zum Marktplatz und profitierte zudem von seiner Anbindung zum Hotel Petersburg mit dessen zahlreichen Gästen. 

Im Vergleich zu den damaligen großen Wiesbadener Caféhäusern, wie Blum und Lehmann waren die Räumlichkeiten mit etwa 50 Sitzplätzen klein, jedoch waren der „Verkauf über die Straße“ und die Hausbelieferungen wichtig, wie man aus der Fensterdekoration erkennen kann. In der Konditorei Kunder bestellte man vor allem seine süßen Köstlichkeiten für den Bedarf zu Hause. Es wurde sehr geschätzt, dass die „Chefin persönlich“ anwesend war und die überwiegend weibliche Kundschaft beriet. Sie konnte aufgrund ihrer hervorragenden Fachkenntnisse wertvolle Empfehlungen für die Gastgeber geben. Auch Fritz Kunder passte sich dem anspruchsvollen Kundenkreis optisch so sehr an, dass man ihm im Kollegenkreis den Spitznamen „Lackstiefel-Konditor“ verlieh. 
  
 Confiserie "Fritz Kunder GmbH",
Wiesbaden, Wilhelmstr. 12
Helga König: Woher bezogen Ihre Urgroßeltern den Kaffee, den sie den kurenden Herrschaften kredenzten und wie überhaupt stellten sich die Beschaffungswege dar in einer Zeit, wo Autos und Flugzeuge noch keine Rolle im Güterverkehr spielten und es auch noch keine neuzeitlichen Kommunikationsmittel gab?

Jürgen Brand:  Die Kommunikation war damals erstaunlich gut und schnell. Es gab bereits einen Telefon-Anschluss. Briefe wurden innerhalb eines Tages zu den wichtigsten Städten des Landes befördert – was heute nicht immer der Fall ist! Die Post-Aufgabe und die -Anlieferung bei den Empfängern wurden durch Tagesstempel mit Uhrzeit dokumentiert. Die Rohstoffe wurden entweder von ortsansässigen Großhändlern, Kaffee von ortsansässigen Röstereien bezogen oder  wurde per Bahnfracht von Fabriken oder Importeuern direkt geliefert. So bezog Fritz Kunder die Ananas für die Wiesbadener Ananastörtchen direkt aus Hamburg. Nicht unbeträchtlich war auch die eigene Anfertigung von Halbfabrikaten bis weit in die Jahre nach 1950. So wurden Früchte eingemacht, kandiert, zu Dickzuckerfrüchten, Fruchtmark, Fruchtsaft oder Fruchtgelee verarbeitet. Zu diesen Zeiten wurde von den Konditoren alles abverlangt. Für die Kühlung wurden Roh-Eisblöcke von Wiesbadener Eiskellern bezogen. Dies benötigte man im Sommer zur Kühlhaltung ebenso für die Eismaschinen zur Herstellung von Speise-Eis oder Sorbets. Heute selbstverständliche Froster- oder Kühlgeräte waren zu dieser Zeit so natürlich nicht vorhanden, trotzdem hat man auch für diese Themen Lösungen gehabt. 
  
Helga König: Mit wie viel Personalaufwand wurden die Konditoreiwaren, die ja damals ja völlig ohne Elektogeräte zubereitet worden sind, hergestellt und wie darf man sich eine Versuchsküche in jenen Tagen in einer Konditorei von Rang und Namen überhaupt vorstellen?

Jürgen  Brand: Der Personalaufwand war mangels elektrischer Geräte und Maschinen extrem hoch. Die sechstägige Arbeitswoche war oft länger als 48 Stunden. Erst 1907 wurde „elektrischer Strom“ eingesetzt, vorher wurde z.B. für die Lichterzeugung Stadtgas eingesetzt. Die Einführung von Strom mit entsprechenden Geräten kommentiert Fritz Kunder in einem Brief: „Das Arbeiten geschieht mit solcher Leichtigkeit, wie man es sich vorher nicht vorstellen konnte.“ Trotzdem arbeitete das Ehepaar oft bis weit in die Nacht hinein, um die Aufträge ihrer Kunden zu bewältigen. Fritz Tochter Lilly Kunder, schreibt in Ihrem Tagebuch: „Meine Eltern habe ich als Kind selten gesehen. Tagsüber wurde ich von „Fräuleins“, wie man sie nannte, betreut und mein um sieben Jahre älterer Bruder war in einem Internat untergebracht.“ Das war anscheinend das häufige Schicksal der damaligen Unternehmer-Kinder. 
  
Helga König: Können Sie unseren Lesern Näheres zur Geschichte des überaus delikaten Wiesbadener Ananastörtchen berichten, das man ja schon weit mehr als 100 Jahre in Ihrem Hause kaufen kann?

Jürgen Brand:  Durch ihren täglichen Kontakt mit dem zahlungskräftigen Publikum bemerkte Hermine Kunder, dass man eine Wiesbadener Spezialität vermisste. Etwas Besonderes, das es sonst in der Welt nicht gab, das man an Freunde und Verwandte schicken konnte oder auf der Heimreise als Mitbringsel mitnehmen konnte. Wir können uns heute gut vorstellen, wie Hermine ihrem Fritz diesen Wunsch mitgeteilt und ihm so lange damit “in den Ohren gelegen“ hat, dass er 1902 seine „Kunder-Törtchen“, nach vielen langen, aufwendigen Versuchen entwickelte. Das Produkt sollte etwas völlig Neues sein, auch ungekühlt eine längere Haltbarkeit haben, versandfähig sein und natürlich sehr gut schmecken. All diese Eigenschaften wies seine Kreation auf: Die Verwendung der damals sehr teuren, exotischen Frucht „Ananas“ und weiterer wertvoller Rohstoffe wie Marzipan, Schokolade und Nougat. Er nannte das Produkt Kunder´s Ananas-Dessert-Torte und ließ sich den Namen vom kaiserlichen Patentamt schützen (1904). Das Törtchen selbst ließ sich als Lebensmittel nicht rechtlich schützen. Der Erfolg war sehr groß, so groß sogar, dass die Kollegen in Wiesbaden und in ganz Deutschland die Törtchen „nachempfanden“ und als Wiesbadener Ananastörtchen verkauften. Das hat die die Familie bewogen die Bezeichnung in „Original Wiesbadener Kunder-Törtchen“ abzuwandeln, so wie sie auch heute noch bezeichnet und unverändert hergestellt werden. Früher gab es diese Spezialität in unterschiedlichen Größen, von denen sich aber nur eine auf Dauer durchgesetzt hat. Was mir das Produkt auch so sympathisch macht, sind die vielen freundlichen Kommentare unserer Kunden, die mit den Wiesbadener Ananastörtchen schöne Familientraditionen mit Eltern und Großeltern verbinden. 
  
Helga König: Wie Sie mir berichtet haben, erstreckt sich Ihr Pralinenangebot auf über 100 Sorten und jeden Monat wird eine neue Praline von Ihnen kreiert. Wie entwickeln sich die Ideen für diese neuen Kompositionen, folgen Sie gewissen spontanen gesellschaftlichen Stimmungen oder sind es bestimmte Konzepte, die sie abarbeiten?

Jürgen Brand: Die Möglichkeiten der Pralinengestaltung sind ja praktisch unbegrenzt. Formen und Farben spielen mit der Grund-Schokoladensorte eine große optische Rolle. Die Kombinationen der Geschmacksrichtungen sind so unglaublich vielfältig, manchmal traditionell, manchmal sehr modern. Gerade moderne Trends klingen manchmal besser als sie schmecken und verschwinden daher rasch. Andere Kreationen bleiben über Jahre attraktiv und jung, insbesondere aus der französischen und italienischen Küche. Im Nachhinein ist es dann leicht über Erfolg und Misserfolg zu urteilen. Vorab ist das schon etwas schwieriger, gerade weil die Möglichkeiten so unendlich scheinen. Daher haben wir uns seit einiger Zeit Inspiration im künstlerischen Bereich gesucht. 

2012 brachten wir jeden Monat eine Hommage an einen Künstler heraus. Gaugin, Van Gogh, Klimmt und viele andere inspirierten unsere Chocolatiers. Gemeinsam erstellten wir eine Kollage Ihrer Bilder und schauten uns ihren Lebensweg an. Hieraus leiteten wir dann eine Form, die Farben und Geschmacksrichtungen ab. Was liegt z.B. näher, als Van Gogh eine raue, eher rustikale Form zu geben, die Farben in gelb und blau zu halten und den Geschmack mit Absinth abzurunden? Danach bringen wir die Pralinen in eine zeitliche Abfolge und kombinieren mit passenden jahreszeitlichen Geschmacksrichtungen. Manchmal kommt dabei ein Werk heraus das wir auch langfristig in unser Programm aufnehmen. Die Kommentare unserer Kunden spielen da die ausschlaggebende Rolle. Deswegen ist es so wichtig für unsere Fachverkäuferinnen im Stammhaus mit unseren Kunden im vertrauten Gespräch zu sein.

In 2013 haben wir uns des Themas Märchen angenommen. Aus dem Märchenbuch der Brüder Grimm lassen sich wunderbare Inspirationen aufgreifen und erstaunliche Pralinen entwickeln. Frau Holle, Schneewitchen oder der Froschkönig sind exzellente Musen. Diese „Besucher“ Pralinen, die uns ein paar Wochen begleiten, sind mir inzwischen sehr ans Herz gewachsen, weil wir damit unsere Fingerfertigkeiten trainieren und unseren Kunden regelmäßig etwas Neues bieten können.   

Helga König: Vor kurzem war das niederländische Königspaar in Wiesbaden, anlässlich dieses Besuches haben Sie die „Oranje“ kreiert? 

Jürgen Brand: Die Geschichte der „Oranje“ war für uns alle etwas absolut ungewöhnliches und für mich selbst auch etwas sehr persönliches. Nachdem ich gelesen habe, dass Wiesbaden vom gerade gekrönten Niederländischen König Willem Alexander und seiner charmanten Frau Maxima besucht werden soll, hatte ich sofort die Idee zu diesem Anlass eine eigene Praline zu kreieren. Im Laufe meiner beruflichen Karriere in einer niederländischen Firma bin ich sehr oft in den Niederlanden zu Gast gewesen und habe einige sehr gute Freunde dort. Wenn Sie erlebt haben, wie in unserem Nachbarland der Königinnen Tag gefeiert wird, ist Ihnen klar wie fröhlich, ungezwungen aber auch stolz dort mit der Königsfamilie umgegangen wird. Wir haben einen schnellen Entwurf erstellt und diesen dem Protokollamt der Hessischen Staatskanzlei angeboten. Dort waren die Verantwortlichen sehr angetan, man kannte Kunder schon aus früheren Aktionen. Die Praline sollte zum Kaffee gereicht werden und war ein Gastgeschenk an die Delegation. Klar war, von Anfang an, die Farbe Orange. Damit war auch der Geschmack naheliegend, da Farbe und Geschmack im Zusammenhang stehen sollten, wir wollten mit der Praline ja nicht konfrontieren. Also musste sie nach Orange schmecken. Orange harmoniert sehr schön mit Zartbitterschokolade, jedoch hat der Besuch Anfang Juni stattgefunden – und wir hofften auf schöne Außentemperaturen. Deshalb verwendeten wir nach ein paar Versuchen weiße Schokolade als Grundkörper. Die Ganache sollte möglichst natürlich beschaffen sein, also kam vor allem Bienenhonig, Sahne und Butter sowie Vanilleschote in Frage. Den Orangengeschmack brachten wir dann über gepresste Saftorangen und Orangenöl in die Rezeptur. Der Rest war nun eine Frage von einigen Geschmacksversuchen, damit sich alles harmonisch zusammenfügt. Die Idee, der Praline mit einem Golddekor noch ein Krönchen aufzusetzen, kam dann im Gespräch mit dem Protokollamt – was unserer „Oranje“ noch den letzten Schliff gab. Womit wir nicht so richtig gerechnet hatten war, wie stark unsere Praline in die Medien kam. Es wurde im Radio, in der Presse und sogar im Hessenfernsehen berichtet. Das führte dazu, dass wir in den folgenden zwei Wochen laufend nachproduzieren konnten, obwohl wir von einer einmaligen Produktion ausgegangen waren. 
  
Helga König: Von Ihrem Urgroßvater wissen wir, dass er das Original  Wiesbadener Kunder  Ananas Törtchen kreiert hat. Haben Ihr Großeltern und Ihre Eltern auch in dem Familienunternehmen gearbeitet und wie hat sich Ihr Weg in die Fritz Kunder GmbH gestaltet, die Sie vor 1 ½ Jahren übernommen haben?

Jürgen Brand:  Meine Großmutter, die Tochter des Gründerpaares, Lilly Brand, geb. Kunder, geb. 1907, wurde während des Ersten Weltkrieges und in den Jahren der Französischen Besatzung erwachsen. Sie musste dementsprechend geschäftlich schwierige Zeiten ihrer Eltern miterleben und fasste dennoch den Entschluss, nach ihrem Schulabschluss eine kaufmännische Ausbildung zu absolvieren und in verschiedenen Kollegenbetrieben in Bremen, Magdeburg, Bad Neuenahr, Mainz und Frankfurt(M) zu volontieren. Nach zehn Jahren kehrte sie in das elterliche Geschäft das inzwischen in die Kirchgasse verlegt worden ist zurück. Sie unterstützte Ihre Eltern, die in den Jahren 1933 bzw. 1938 starben. 1930 heiratete meine Großmutter Lilly Kunder den Brückenbau-Ingenieur Friedrich Brand. Obwohl damals zunächst in leitender Stellung bei der Stadt Mainz, erlernte er, mit 32 Jahren den Beruf des Konditors, legt die Meisterprüfung ab und übernahm, gemeinsam mit seiner Frau, die Leitung der Konditorei. Er besaß glücklicherweise handwerkliches und künstlerisches Geschick, wie auf vielen Bildern festgestellt werden kann. Allerdings wurden natürlich die Zeiten während des zweiten Weltkrieges für ein Konditorei-Café schlecht. Die Ingenieur-Ausbildung meines Großvaters ermöglichte ihm jedoch, zusätzlich die Stelle als technischer Leiter des Luftschutzes in Wiesbaden anzunehmen. Dadurch war er während der Kriegsjahre anwesend und konnte meine Großmutter beratend unterstützen. Leider verunglückte er im Mai 1946 bei der Entschärfung einer Fliegerbombe tödlich. Für Lilly Brand wurde es schwer, in den an Rohstoff knappen Zeiten ein Café zu führen. Aber sie meisterte ihr Schicksal alleine Familie und Betrieb „durchzubringen“. Nach der Währungsreform 1948 bot sich ihr die Chance, während der sogenannten „Fresswelle“ den Betrieb weiter auszubauen. Zunächst mit Eröffnung einer Filiale an der Taunusstraße, dann 1957 mit Verlegung des Stammhauses an die Wilhelmstraße, unserem heutigen Domizil. Ihr verdanken wir also die herausragende Lage unseres Stammhauses und dass Kunder diese extrem schwierigen Zeiten überstehen konnte.

Die Söhne von Lilly und Friedrich Brand, begannen 1957 ihre Mutter im Betrieb zu unterstützen. Werner und Wolfgang Brand wurden dann 1960 Teilhaber des elterlichen Betriebes. Werner Brand hatte den Beruf des Konditors erlernt, musste aber aus gesundheitlichen Gründen seine Tätigkeit nach wenigen Jahren beenden, während seine Ehefrau Charlotte Brand das Verkaufsgeschäft an der Wilhelmstraße erfolgreich bist 2012 weiterführte. Sie war damit einige Jahrzehnte das „Gesicht“ der Firma Kunder in Wiesbaden. Auch wenn sie heute nicht mehr täglich in unserem Stammhaus ist, ist sie noch sehr aktiv für Kunder unterwegs und berät Süsswarenfachhändler in ganz Deutschland. 

Wolfgang Brand, mein Vater, ist ausgebildeter Industriekaufmann, war in der Werbebranche tätig und trat 1957 in die elterliche Firma ein, um seine Mutter, zunächst zu unterstützen und 1967 als Geschäftsführer abzulösen. Mit der Erfindung der „TeufelsBirnchen“ 1964, wurde Kunder in Zusammenarbeit mit den damals bekannten Süßwaren-Geschäften MOST bekannt. Die TeufelsBirnchen sind eine flüssig gefüllte Pralinenspezialität mit Williams Christ Destillat und Zuckerkruste. Diese Art von Pralinen wird nur noch von wenigen Herstellern nach dem traditionellen Verfahren hergestellt, zu denen wir gehören. Mein Vater führte in der Folge eine ganze Reihe von flüssig gefüllten Pralinen ein, inzwischen reicht das Angebot von Cointreau, Pflaumedestillat und Grappa bis Weinbrand. Außerdem etablierte sich Kunder als Spezialitätenanbieter für Fachgeschäfte mit Pralinenpackungen, schokolierten Früchten und besonderen Tafelschokoladen, zu einem Teil auch als Eigenmarken für den Handel. Von Wiesbaden aus beliefern wir Deutschland und einige Nachbarländer. 

Er und meine Mutter Barbara, haben gemeinsam die Produktionsstätte an der Dotzheimer Straße eingerichtet und innerhalb von vierzig Jahren das Unternehmen zu der Pralinen- und Schokoladen Manufaktur ausgebaut, die wir heute sind. Mein Vater begibt sich nun nach und nach in den Ruhestand und überträgt mir in gutem Einvernehmen in vierter Generation die Geschäftsführung des traditionsreichen Unternehmens. Seit Herbst 2012 bin ich inzwischen in Wiesbaden und bin sehr gespannt, welche Rolle ich in der traditionsreichen Geschichte der Firma einnehmen werde. Bisher haben wir das Sortiment mit Designer Schokoladentafeln ausgebaut und erfolgreich die Rheingau Schokolade in Zusammenarbeit mit zwei ausgesprochen kreativen Persönlichkeiten aus dem Rheingau eingeführt. Mit Kunder finde ich ein engagiertes und kreatives Team vor, mit dem es viel Freude macht, unser regional verwurzeltes Traditionshaus weiter voran zu bringen.  

Helga König: Neben den köstlichen Schokoladen, Pralinen und Trüffeln kann man bei Ihnen auf der Wilhelmsstraße ja noch viele andere Leckereien kaufen. Werden diese Gaumenkitzler im Großen und Ganzen alle in ihrem Betrieb hergestellt? 

Jürgen Brand: Unbedingt! In unserer Produktion fertigen wir eine Reihe Spezialitäten, die wir ausschließlich in unserem Stammhaus der Chocolateria in der Wilhelmstraße anbieten. Zum Einem sind da um die 100 verschiedene Pralinensorten, die wir, wie die Schokoladentafeln, ausnahmslos selbst herstellen. Wir legen sehr viel Wert darauf unser Angebot frisch und vielfältig zu gestalten. Zum anderen sind da außergewöhnliche Konditor-Gebäcke wie unsere Macaron mit Ganche – Pralinenfüllung. In der Saison zu Weihnachten backen wir auch eigene handgefertigte Stollen, die nicht nur einen zweiten rosinenfreien Außenmantel haben, sondern auch nach dem Backprozess in flüssigem Butterfett gebadet werden. Sehr beliebt ist auch unser Baumkuchen. Für den direkten Verzehr bieten wir echte Trinkschokoladen aus flüssiger Schokolade, Kaffeespezialitäten und Tee an. Auch gibt es ein kleines Sortiment an Kleintörtchen. Geschenkpackungen und Geschenkkörbe die wir individuell für unsere Kunden zusammenstellen und mit unseren Spezialitäten füllen, nehmen einigen Raum in unserem Sortiment ein. Auch kochen wir eigene Weingelees und runden das Ganze mit ein paar ergänzenden Spezialitäten ab, die wir vor allem aus Frankreich und England beziehen. Worauf ich aber besonders stolz bin, sind unsere Damen im Stammhaus, die mit viel Hingabe jeden Kunden persönlich beraten und ihm durch das Angebot helfen. Wir haben viele treue Stammkunden, die dort mit Namen und Ihren Vorlieben vertraut sind und immer wieder gerne zu uns kommen. Nur durch den Einsatz unserer fleißigen und kompetenten Verkäuferinnen können wir all die Produkte erklären, die wir herstellen. Wer in unser Stammhaus kommt, soll neben dem Angebot an süßen Köstlichkeiten auch perfekte Beratung und Service erhalten, unabhängig davon, ob es um eine einzelne Praline oder einen ganzen Geschenkkorb geht. 

Helga König: Können Sie unseren Lesern etwas über das Schokoladen- und Wein-Event im Rheingau berichten, auf dem einige Ihrer Kreationen mit bestimmten Weinen dort verkostet werden?

Jürgen Brand: Seit einigen Jahren veranstalten wir mit dem Ehepaar Bachmann, in Eltville diese Weinproben mit Pralinen. Der Kontakt entwickelte sich über einen Verkostungsabend von Wein und Käse, an dem mein Cousin teilgenommen hat. Schnell wurde man sich damals einig, dass Wein und Pralinen perfekt zusammen passen und entwickelte einen Ablauf, der außergewöhnliche Eindrücke vermittelt. Zwei bis drei Mal im Jahr bieten wir Termine an, an denen wir ungefähr 25 Teilnehmern Hintergründe über Wein und ihre Winzer, sowie Pralinen und ihre Herstellung mit Geschichten aus der Historie der Firma Kunder vortragen. Während der Veranstaltungen stellt Herr Bachmann fünf verschiedene Weine vor und wir präsentieren dazu jeweils zwei passende Pralinen. Die Gäste dürfen zunächst raten, aus welcher Rebsorte die Weine stammen und entscheiden mit welchen Pralinen sich der schönste Effekt ergibt. Interessant ist, dass sich immer wieder überraschend andere Geschmackserlebnisse ergeben. Ein kurzweiliger, interessanter Abend, der auch uns immer wieder viel Freude macht.

Lieber Herr Brand, ich danke Ihnen herzlich für das überaus aufschlussreiche Interview.  

Ihre Helga König

Hie der Link zur  Website der Fritz Kunder GmbH:http://www.kunder-confiserie.de/

Helga König im Gespräch mit Christoph Lindpointner (41), Chef-Chocolatier und Geschäftsführer der Dallmayr Pralinenmanufaktur in München

Sehr geehrter Herr Lindpointner, vor geraumer Zeit habe ich auf "Buch, Kultur und Lifestyle" verschiedene Ihrer wunderbaren Kreationen aus den Hause Dallmayr vorgestellt. Heute nun möchte ich einige Fragen an Sie richten. 
Helga König: Welche Vorlieben hatten Sie als Kind im Hinblick auf Schokolade? 

 Christoph Lindpointner
Christoph Lindpointer: Da meine Eltern Inhaber eines Café-Restaurants waren, hatte ich als kleiner Bub schon die Gelegenheit, mich durch unser Café Sortiment „durchzuschlecken“. Schon meine Mutter war bei Ihren Gästen als ausgezeichnete Mehlspeisenköchin bekannt und so habe ich vermutlich das „süße Gen“ und auch den Ehrgeiz geerbt, selbst die Herstellung von ordentlichen Crepes oder verführerischem Apfelstrudel zu lernen. 

Helga König:  Können Sie den Lesern etwas zu Ihrem Werdegang berichten?

Christoph Lindpointner:  Zuhause in meinem Elternhaus kam ich von Anfang an mit Gastronomie und Dienstleistung in Kontakt. Ich besuchte die Hotelfachschule, durchlief die verschiedenen Positionen der Küche und war schließlich als Sous Chef in der guten österreichischen Gastronomie angekommen. Mein Plan war, mich für eine Stelle als Küchenchef zu bewerben, wobei ich im Hinterkopf hatte, dass ich bis dato noch nicht in der Pâtisserie gearbeitet hatte. Da ich davon ausging, dass diese Erfahrung mir in einer späteren Position als Küchenchef sehr hilfreich sein würde, habe ich Ende 1996 zusätzlich eine Ausbildung zum Pâtissier begonnen. Zwei Jahre später fing ich bei dem mit drei Michelin-Sternen ausgezeichneten Koch Dieter Müller als Commis Pâtissier (Jungkoch) im Schlosshotel Lerbach in Bergisch Gladbach an und erhielt ein halbes Jahr später das Vertrauen den Posten des Chef-Pâtissiers zu übernehmen. Diese Zeit war „Learning-by-doing“, ich kaufte mir Bücher, und brachte mir in vielen Stunden nach Arbeitsende vieles selbst bei. Plötzlich gingen Türen für mich auf: Im Restaurant „Am Marstall“ in München, das meine nächste Station war, erlebte ich innerhalb eines Jahres den Erfolg, von 0 auf 2 Michelin Sterne bewertet zu werden. Es folgten Anstellungen im Hotel Villa Belrose in Saint-Tropez und im Hotel am Schlossgarten in Stuttgart. 2005 baten mich Roland Trettl und sein Küchenchef Martin Klein als Chef-Pâtissier in das Restaurant Ikarus im Red Bull Hangar-7 nach Salzburg zu kommen. Vor drei Jahren übernahm ich dann die Leitung der Dallmayr Pralinenmanufaktur in München, zum einen weil mich der Gedanke, eine Confiserie zu leiten, schon länger begleitete und weil ich dort für mich die Chance sah, das komplette Pralinensortiment des Dallmayr Delikatessenhauses mit ungewöhnlichen Kreationen zu ergänzen und weiterzuentwickeln.

Helga König:  Wer war bezüglich der Kreation Ihrer Köstlichkeiten Ihr größter Lehrmeister und was hat dieser Mensch Ihnen mit auf den Weg gegeben? 

Christoph Lindpointner: Da fällt mir als erstes Richard
Schüßleder ein, mein Küchenchef im Gasthof Schloss Aigen – mein erster Mentor und heute ein sehr, sehr guter Freund. Herr Schüßleder führte mich in die gehobene Gastronomie ein und ermutigte mich, Klassiker zu hinterfragen, sie zu überarbeiten und zu verändern, wenn ich der Meinung wäre, dass ich das Geschmackerlebnis für den Gast noch steigern könne. Diese Herangehensweise habe ich mir beibehalten. Die Vanille Trüffel oder eine Champagner Trüffel-Praline sind bei Dallmayr an der Pralinentheke echte Klassiker, auch diese wurden von mir bereits mehrmalig in Nuancen weiter verfeinert. Darüber hinaus könnte ich noch einige Lehrmeister und Mentoren nennen. Vorneweg Dieter Müller, der Drei-Sternekoch, der mir die große Chance bot, mich als Pâtissier in der Sterneküche zu beweisen. Durch Dieter Müller ergab sich für mich der Kontakt zum Schokoladenhersteller Valrhona in Frankreich, die mir ein neues „Schokoladen-Universum“ eröffnet haben im Bezug auf meine Arbeitsweise, die Art zu rezeptieren und wie ich mein Handwerk weiter verfeinern konnte. 

Helga König:  Welche Philosophie steht bei Ihrem Engagement im Hause Dallmayr im Vordergrund? 

Christoph Lindpointner: Bei Dallmayr wird tatsächlich noch jede einzelne Praline von Hand hergestellt. Dabei haben wir den Anspruch, mit jeder Pralinensorte eine geschmacklich und kompositorisch überzeugende Verbindung von Tradition und kreativen Impulsen zu kreieren. Meine Devise ist: Schau auf das, was du in das Produkt hinein gibst und verwende nur, was das Produkt geschmacklich wirklich benötigt. Bei Dallmayr in der Pralinenmanufaktur verzichten wir komplett auf Zusatzstoffe wie künstliche Aromen, Konservierungs- und Farbstoffe. Alkohol und Zucker werden ausschließlich dazu verwendet, das Aroma einzelner Pralinensorten zur Geltung zu bringen. Wir wollen Produkte, bei denen der Geschmack der Füllung im Vordergrund steht und sind ständig dabei, neue kreative Impulse zu setzen. Um die eine oder andere Neuigkeit vorab zu nennen, demnächst kommen die neuen „Jahrgangsschokoladen“ mit ganz außergewöhnlichen Geschmacksprofilen, außerdem werden wir das Grand Cru Sortiment erweitern. Bei aller Philosophie spielt natürlich handwerkliches Wissen eine große Rolle, das vor allem bei unseren Schnittpralinen stark zur Geltung kommt. 

Helga König:  Können Sie den Lesern bitte erläutern, was eine Schnittpraline ist und welche Rolle Sie bei Ihren kreativen Interpretationen einnimmt? 

Christoph Lindpointner: Die Schnittpraline ist die Quintessenz der Handwerkskunst in der Confiserie. Die meisten Pralinen, die wir kennen, sind Formpralinen. Dabei wird eine Pralinenfüllung in eine vorgegebene Form gegossen. Nach dem Füllen wird die Form mit Kuvertüre verschlossen. Die Kunst der Schnittpraline ist, dass man mit der Trüffel-Ganache, also mit der Füllung, anfängt. Die Ganache wird in einen Rahmen eingestrichen, dann muss sie auskristallisieren, 24 bis 72h bei 16 bis 18 °C. Wenn sie die richtige Konsistenz hat, schneiden wir sie, trennen sie voneinander und überziehen sie schließlich mit Schokoladenkuvertüre, idealerweise einen halben Millimeter dünn. Das Verhältnis von Überzug zur Füllung ist bei der Schnittpraline proportional viel, viel geringer, und das ist auch wichtig: Der Geschmack und die Aromen der Füllung machen eine gute Praline aus, und vor allem soll sich die Füllung dann im Mund durch einen guten und angenehmen Schmelz auszeichnen.

Helga König: Was darf sich der Leser unter der Dallmayr Pralinenmanufaktur vorstellen, wie viele fleißige Mitarbeiter setzen Ihre lukullischen Geistesblitze dort um und geschieht die Umsetzung tatsächlich stets von Hand? 

Christoph Lindpointner: Natürlich geschieht vieles von Hand, wenn auch mit maschineller Unterstützung. Eine Manufaktur hat neben dem handwerklichen auch einen technischen Anspruch, z.B. wenn es um die Herstellung der Emulsionen geht, im Bezug darauf wollen wir nicht den kleinsten Kompromiss eingehen. Darüber hinaus ist aber gerade bei der Schnittpraline der handwerkliche Charakter der Manufaktur stark vertreten. Meine Konditoren arbeiten intensiv am Produkt. Jeder der vorhin genannten Arbeitsschritte erfolgt händisch und ist mit viel Zeit verbunden. Zurzeit arbeiten etwas mehr als zwanzig top-motivierte Leute hier, auf die ich außerordentlich stolz bin. Das Tolle bei uns ist, dass sich jeder mit den von uns hergestellten Produkten absolut identifiziert. 

Helga König: Wodurch lassen Sie sich bei Ihren Neuschöpfungen leiten, welcher Gedanke steht beispielsweise hinter der Kreation einer Erdnusstrüffel mit Himalaya-Salz? 

Christoph Lindpointner: Sie meinen, was mich inspiriert? Ich habe einen langen Arbeitsweg… (lacht) Meine berufliche Vorgeschichte in der Gastronomie kommt mir dabei zu Gute. Beispielsweise habe ich einen anders geschulten Gaumen als ein klassisch ausgebildeter Konditor, da mir die vielen unterschiedlichen Gerichte in der gehobenen Gastronomie unzählig viele Geschmackserlebnisse geboten haben. Dadurch kann ich mir gewisse Dinge vorstellen. Das ist sehr von Vorteil. Ich fange dann an, diesen Gedanken nachzugehen und probiere sie umzusetzen. Bei der Erdnusstrüffel mit Himalaya-Salz handelt es sich ursprünglich um eine Kreation für den Dallmayr Adventskalender. Wenn ich an den Advent denke, bin ich schnell bei der Figur des Nikolaus, der unter anderem Erdnüsse schenkt. Dieser Geschmack gehört für mich zum Advent, so steht schon einmal das Grundgerüst. Um mit einer Erdnusspraline den Gaumen zusätzlich noch zu kitzeln, füge ich einfach das Salz hinzu. Dazu eine schöne Geschichte zu „Erdnusstrüffel mit Himalaya-Salz“: Am Tag nachdem die Praline 2010 zum ersten Mal im Dallmayr Adventskalender war, fragten Kunden an der Dallmayr Pralinentheke im Stammhaus nach und wollten sie auch lose kaufen. So wurde sie schließlich ins Sortiment aufgenommen und ist mittlerweile ein Klassiker. Je öfter man neue Pralinen entwickelt, umso mehr entwickelt man aber auch ein eigenes Kompositions-System, das dann wiederum sehr inspirierend ist.

Helga König:  Können Sie den Lesern etwas über die Noten der Dallmayr Pralinenkompositionen berichten? 

Christoph Lindpointner: Nehmen wir zum Beispiel die Zutaten. Pralinen bestehen im Wesentlichen aus vier Grundkomponenten: Schokolade – das ist Kakaomasse, Zucker, Vanille und Kakaobutter – sowie Butter, Sahne und Aromen wie z. B. Gewürze, Blüten, Essenzen. Wir verwenden hierfür nur allerfeinste Qualitäten, insbesondere natürlich bei der Kuvertüre. Diese 4 Elemente sind, wenn Sie so wollen, für die Symphonie verantwortlich. Alle meine Zutaten werden auf 4 Parameter analysiert, quasi meine Noten. Das sind Kakaobutter, Zucker, Wasser und trockene Bestandteile, diese werden anschließend zu unseren so harmonischen Kompositionen wieder zusammengeführt. Die Technik ist eine klare Theorie, die ich auf dem Papier berechnen kann. Die Intensität des Geschmacks und die Reichhaltigkeit der Aromen jedoch gehen einher mit Erfahrung.

Helga König:  Gehen kulinarische Trends in Ihre Neuschöpfungen mit ein und falls ja, welche Trends sind es derzeit? 

Christoph Lindpointner: Der kulinarische Trend geht eher weg von Pralinen, in denen Alkohol eine große Rolle spielt, hin zu Pralinen mit frischen Früchten und besonderen Gewürzen. Auf kurze Zeit hat vieles Bestand, die Kunst ist es, Kompositionen zu entwickeln, die auch auf lange Zeit beim Kunden bestehen. Und da ist für mich das Ende der Fahnenstange nicht erreichbar! Trends verändern sich, Techniken werden weiter entwickelt oder neue Grundprodukte kommen auf den Markt. In der Dallmayr Pralinenmanufaktur achte ich darauf, dass ich Pralinen mit einem ungewöhnlich intensiven, natürlichen Aroma schaffe, die im Mund des Kunden ein feines Geschmackserlebnis und ein tolles Aromenspiel bewirken. 

Helga König:Welche Trüffelkreation würden Sie einer in Brügge lebenden Freundin als Geschenk mitbringen, damit diese für Momente vergisst, dass sie doch eigentlich in einem Trüffelparadies lebt?

Christoph Lindpointner: Ich würde ihr eine „Erdnusstrüffel mit Himalaya-Salz“ mitbringen. Oder eine „gesalzene Macadamia“ oder eine „Champagner Trüffel“, eine „Lavendel Cassis“ oder eine „Blonde Trüffel“…

Lieber Herr  Lindpointner für das  genussvolle und aufschlussreiche Gespräch danke ich Ihnen herzlich.

Helga König

Kostenfreie Fotos: Presseabteilung des Hauses Dallmayr. Die Fotografen sind mir nicht bekannt.

Helga König im Gespräch mit Dr. Nicolai Worm, Autor des Buches "MENSCHENSTOPFLEBER"

Lieber Herr Dr. Worm, dieser Tage habe ich Ihr Buch "MENSCHENSTOPFLEBER" rezensiert. Heute möchte ich einige Fragen dazu an Sie richten.

Helga König: Den Begriff „Stopfleber“ habe ich bislang mit Gänsen und Enten aber auch mit Tierschutz verbunden. Wie kann es sein, dass hierzulande ein Verbot besteht, Geflügel zu „nudeln“, während Eltern ungehindert mittels Pasta und Pizza etc. ihren Kindern eine verfette Leber angedeihen lassen können?

 Dr. Nicolai Worm
Dr. Nicolai Worm:  Das ist in der Tat eine gute Frage. Die heute gültigen Ernährungsempfehlungen stammen eigentlich aus dem Anfang des letzten Jahrhunderts. Die Menschen konnten sich nicht viel leisten und mussten hart arbeiten. Für intensive Muskelaktivität sind Kohlenhydrate die beste und billigste Energiequelle. So kam es, dass man den Menschen empfahl Getreideprodukte und Kartoffeln als Basisernährung zu konsumieren. Damals war das nicht problematisch, weil die Kohlenhydrate in den Muskeln verheizt wurden. Heute bewegen sich die Menschen kaum mehr und essen überreichlich. Die Folge ist eine Kohlenhydrat-Stoffwechselstörung (Insulinresistenz). Dann werden die vielen Nudeln und Brötchen nicht mehr adäquat gespeichert und verbrannt werden sie auch kaum mehr. Somit sucht sich der Körper einen anderen Speicherplatz und ist eine andere Speicherform: Kohlenhydrate werden in Fett umgewandelt und nicht nur im Fettgewebe, sondern auch in unseren inneren Organen, allen voran die Leber, eingelagert. Man nennt das „ektopes Fett“. 

Helga König: Sie haben für Ihr Werk eine Fülle von Büchern gelesen, darunter zahlreiche in englischer Sprache. Ist man in den USA schon länger dabei, das Phänomen „Menschenstopfleber“ zu untersuchen und falls ja, weshalb?

Dr. Nicolai Worm:  In den USA und England ist das Übergewichts- und Bewegungsmangelproblem noch größer als bei uns. Folglich leidet ein noch größerer Anteil der Bevölkerung an der Fettlebererkrankung. So ist auch höherer Forschungsdruck zu verstehen.

Helga König: Neigen Männer eher dazu, eine Fettleber zu bekommen als Frauen und muss man sich die Leberverfettung als schleichenden Prozess vorstellen?

Dr. Nicolai Worm:  Frauen haben genetisch bedingt die Anlage, überschüssige Kalorien als Fett in „birnenform“ unter der Haut zu lagern. Das ist gesundes Speicherfett. Männern speichern Fett sehr häufig genetisch bedingt am und im Bauch. Aber wenn Frauen viel Rauchen und Stress haben und sich wenig bewegen und überkalorisch leben, entwickeln sie auch Bauchfett und Fettleber. 

Helga König: Sobald Fettzellen sich immer intensiver ausdehnen, entsteht akuter Sauerstoffmangel, schreiben Sie. Wie darf man sich die Entzündungen des Fettgewebes in der Folge vorstellen, sind Sie mit Schmerzen verbunden und eine Art Hilferuf des Körpers?

Dr. Nicolai Worm: Man spürt davon nichts! Das ist ja das Problem! Man kann nur im Blut mit speziellen Untersuchungen die Entzündungsmarker aufspüren. Beim Routine-Blutbild sind die nicht inbegriffen. Und so werden viele Menschen erst kurz auf die Problematik aufmerksam, wenn der Diabetes bereits da ist. 

Helga König:  Ist Diabetes II zwingend die Folge der Fettleber?

Dr. Nicolai Worm:  Eine fette Leber sorgt für einen hohen Nüchtern-Blutzuckerspiegel. Solange die Bauchspeicheldrüse aber noch genügend Insulin produziert, wird man nicht zum Diabetiker. Erst wenn die Bauchspeicheldrüse auch verfettet ist und ihre Beta-Zellen ihre Funktion langsam einstellen, kommt es auch nach dem Essen zu hohen Blutzuckerspiegeln. Und so rutscht man langsam in den Diabetes. 

Helga König:  Wie kann es dazu kommen, dass ein schlanker Mensch eine Fettleber hat, vor allem woran merkt er dies, schon bevor ein Arzt die Diagnose stellt?

Dr. Nicolai Worm: Wenn das Fettgewebe unter der Haut seine Speicherfunktion verliert, sucht sich das Fett andere Speicherplätze. Dann wird Fett auch in Organen gespeichert, die für die Fettspeicherung gar nicht vorgesehen und ausgerüstet sind. Dort kommt es mit der Zeit zu Funktionsstörungen. Man merkt das nur an verschiedenen Messwerten – den Risikofaktoren: erhöhter Blutdruck, erhöhte Triglyceride, niedriges HDL-Cholesterin, erhöhter Nüchtern-Blutzucker und vielleicht auch schon einen größeren Bauchumfang.

Helga König: Worin unterscheidet sich die nichtalkoholische Fettleber von der Fettleber eines Alkoholikers?

Dr.  Nicolai Worm: Der Unterschied ergibt sich vor allem dadurch, dass bei der NAFLD der übermäßige Alkoholkonsum als Ursache ausgeschlossen wird. Pathophysiologisch sind dann wenig Unterschiede zu sehen. 

Helga König: Zwischen einer Fettleber und unterschiedlichen Krankheiten scheint es ja offenbar viele erschreckende Zusammenhänge zu geben. Könnte man die Volksgesundheit verbessern, wenn man materielle Anreize schafft, indem Personen, die sich von überflüssigem Fett in der Leber befreien, einen geringeren Krankenkassenbeitrag leisten müssen oder ist der gesunde Mensch bei den meisten Medizinern und der Pharmaindustrie eher unerwünscht?

Dr. Nicolai Worm: Mit Sicherheit! Seit dem erkannt wurde, dass die Fettleber ursächlich in die Entwicklung von Diabetes und Herz-Gefäßerkrankungen eingreift, sollte man die Leute frühzeitig auf Fettleber untersuchen und durch eine Lebensstiländerung und Ernährungsumstellung vor dem Schlimmsten bewahren. Man kann in einigen Wochen mit einem passenden Ernährungskonzept Leber und Bauchspeicheldrüse entfetten. Ich habe so ein Konzept vorgestellt und nenne es „Leberfasten“. 

Helga König: Wieso kann Leberverfettung zu einem Nierenschaden führen?

Dr. Nicolai Worm: Wenn die Speicherkapazität des Fettgewebes überschritten ist, „läuft“ das überschüssige Fett „über“ und gelangt auf diese Weise auch in die Niere, wo es zu Entzündungen und Funktionsstörungen führt. 

Helga König: Kann mittels Ihrer Ernährungstherapie eine Fettleber vollständig gesunden und was kann man tun, damit man sich nie wieder mit einer Stopfleber herumplagen muss?

Dr. Nicolai Worm: Ja, mit meinem „Leberfasten nach Dr. Worm“ kann man wieder gesund werden. Insbesondere wenn Diabetiker frühzeitig nach Ihrer Erstdiagnose dies umsetzen, kann man sie von ihrem Diabetes befreien. Sehr viele Diabetiker, die sich darauf einlassen, benötigen nach einigen Wochen keine oder sehr viel weniger Medikamente oder Insulin. Das ist nicht nur angenehm, es spart auch immense Gesundheitskosten. Ich hoffe, dass die Krankenkassen sich bald einmal mit dem Thema befassen. 


Lieber Herr Dr. Worm, ich danke Ihnen herzlich  für dieses aufschlussreiche Interview.

Ihre Helga König

Kostenfreies Foto aus dem Bestand von Dr. Worm. Der Autor ist mir nicht bekannt.

Hier der Link zum Patienten-Forum: "Leberfasten" http://forum.logi-methode.de/index.php?page=Board&boardID=42

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Helga König im Gespräch mit dem V. O. Stomps-Preisträger 2013 der Stadt Mainz, dem Künstler und Verleger Christian Ewald

Lieber Christian Ewald, auf der 22.  Minipressen Messe in Mainz  hatte ich das große Vergnügen, Sie kennen zu lernen  und freue mich, heute einige Fragen an Sie stellen zu dürfen.

Helga König: Sie sind der diesjährige V.O. Stomps-Preisträger der Stadt Mainz. Können Sie unsere Leser aufklären, um welchen Preis es sich hierbei handelt?

 Christian Ewald
,Preis-Verleihung in Mainz 2013
Christian Ewald:  Die Stadt Mainz bewahrt seit 1978 mit diesem Preis das Andenken an den Verleger, Schriftsteller und Literaturförderer V. O. Stomps (1897 - 1970). Er war zu seiner Zeit eine herausragende Figur im verlegerischen Geschehen der jungen Bundesrepublik, gründete bereits nach dem Kriege die legendäre "Eremiten-Presse" und setzte mit vielen seiner Aktivitäten "Licht-Punkte" in die Szene unabhängiger und kleiner Verlage - ein Ur-Gestein klassischer Buchherstellung mit allen denkbar experimentellen Momenten in seiner Zeit. . . 


Alle zwei Jahre wird dieser Preis auf der internationalen Messe der "kleinen" Verlage gleich zur Eröffnung dieser "Mainzer Minipressen-Messe" verliehen, als Hauptpreis (für die Katzengraben-Presse) und als Förderpreis (für die SchwarzHandPresse) von Ursula und Theo Hurter, was mich besonders freute, da unsere vielmaligen Zusammentreffen auf den Handpressenmessen in Frauenfeld die gegenseitige Bewunderung der Editionen bereits erlebten.


Helga König:  Sie betreiben den bibliophilen-Kleinst-Verlag "Katzgraben-Presse". Was genau dürfen wir uns darunter vorstellen?

Christian Ewald:  War es anfangs die Idee, ein Buch originalgrafisch, also als Unikat, hand-gefertigt herzustellen und es bei wenigen Exemplaren zu belassen, wurde diese mit einer "folgenschweren" Entscheidung, weil der Text eines möglichen Manuskriptes zu umfänglich war, es also drucken zu müssen - wenn überhaupt - sich in die Nähe einer Verlages-Konstruktion "rückte". Also los: Einen guten Namen finden, originell natürlich und alles Vorhandene zu lassen und einzubinden, . . . eine Philosophie dazu, und das vorliegende Manuskript nebst weiterer Entscheidungen anzugehen, da war die Ehrung unseres Unterschlupfes in einem der ältesten Häuser von Köpenick (erbaut 1683), noch dazu das ehemalige Haus des Amtmannes Johann Schmidt, im Katzengraben 14 gleichnamig auch für den Kleinst-Verlag in der Nacht vom 13. auf den 14. März 1990 gefallen - Katzengraben-Presse. Diese Buch wurde das letzte, das noch in der DeDeEr das Licht der Welt erblickte, d. h. es war sehr dunkel, 23.59 Uhr kam es heraus, war am nächsten Morgen auf dem Tisch der ersten gesamtdeutschen Buchmesse in Frankfurt/Main; eine noch "stille" Sensation, und wurde "eines der schönsten deutschen Bücher 1990". Erhielt dazu noch den "Preis der Stiftung Buchkunst" in Frankfurt am Main. Das allererste Buch eines neugegründeten Verlages, . . . alles zum ersten Mal !  Das alles war wirklich überwältigend! Damit war der "Anderthalbmannverlag" geboren, der das Abenteuer Buch bis heute am Laufen hält . . . Die "halbe Stelle" im Verlagsnamen berücksichtigt alle Beteiligten an jedem Buche, die ganz speziell dazu beitragen, um sie alle bei möglichen Interviews und Fragen nennen zu können; die Hauptarbeit bleibt beim Verleger - von der Idee, Konkretisierung, Absprachen, Autoren, Illustratoren und Übersetzer, Entwicklungen, Gestaltungen, Satz, Druck und Verarbeitung, Behältnisse / Tüten entwickeln und fertigen, Verpacken - bis zur Auflieferung bei der Post, die Sendungen, die er selbst hinträgt, mit inliegend hand-geschriebener Rechnung 

Helga König: Wie gestaltete sich ihr Lebensweg hin zur Entscheidung, einen Verlag zu gründen?

 Am Stand des Verlages mit
Kulturdezernentin Frau Marianne Grosse
Christian Ewald: Die Gründung des Verlages war eher zufällig, der Lebensweg an sich aber doch recht "linear". . . Beschäftigungen mit Schrift und dem Zeichnen bereits sehr früh, Schulabschluss und Lehre als Schriftsetzer, der noch mit Bleisatz und Buchdruck umging, Abendschule für Malerei und Graphik in Weimar (bei Engelbert Schoner/Otto Paetz/Horst Jährling), Plakatmaler, Korrektor bei der Bezirkszeitung "Das Volk" und schließlich das Studium der Graphik in Berlin. Das erste wirklich gefertigte Buch wurde das letzte eines "untergegangenen" Landes, ich sprach gerade darüber, . . . es war der Anfang einer Risikobereitschaft und eines Enthusiasmus`für das besondere Buch, der über 24 Stunden gnadenlos anhalten muss, der Neugier und Entdeckerfreude stets neu entwickelt

Helga König: Sie limitieren Ihre Auflagen und verkaufen 99 Vorzugs-Exemplare mit Original-Graphik. Es handelt sich demnach um Sammlerobjekte. Wie werden potentielle Kunden auf Sie aufmerksam?

Näh-Papier-Illustration zur Edition 
"Erde/Feuer/Wasser/Luft"einmalige 
Auflage von 99 Exemplaren, 2010
  
Christian Ewald:  Und anfänglich wurde aus dem Nachlass von Heinrich Eduard Jacob (1889 - 1967) die noch unveröffentlichten Texte einer Zeppelin-Fahrt nach Brasilien herausgebracht, die der rührige Hans-Jörgen Gerlach bewahrte, es "eines der zwanzig schönsten Bücher der Welt (1993 in Verona) wurde; Tadeusz Rozewicz kam dazu, Jan Silberschuh, Bertha Sophie Vendh, Holmar Attila Mück, Peter Härtling, Michael Krüger, Antonio Lobo Antunes und Cristobal Serra, um nur einige zu nennen.

Gleich zu Anfang gab es die Überlegung, ganz wenige Bücher zu machen, damit es der "Anderthalbmannverlag" auch bei den selbst ausgerufenen hohen Hürden schafft, diese zu fertigen. "Wenn die Blätter kommen und, wenn sie - fallen"; Leipzig im Frühjahr, Frankfurt im Herbst. Dieser poetische Bogen begleitet seitdem die jährlichen Editionen. Einmalig 999 Exemplare, davon 99 Exemplare (Vorzüge genannt) mit Original-Beigaben als Graphik oder "beigelegtes". . . Es sind immer Erst-Ausgaben, teilweise zweisprachig, illustriert natürlich und im Bleisatz, Buchdruck und Hand-Einband gefertigt - alle im gleichen Format. Alle 999 Exemplare sind nummeriert, signiert per Feder und mit einem Faden versehen - dem Signum der Katzengraben-Presse seit Anfang. Und diese Editionen - vor allem die erste - sorgten für ein Rauschen im Feuilleton, auf szenischen Lesungen, auf den Messen und später hatten die folgenden Fernseh-Auftritte, das erste Märchen-Buch der Brüder Grimm, "Hans im Glück" bei Elke Heidenreich in der Sendung "Lesen!" und war in drei Tagen komplett verkauft . . . Und natürlich auch in diesem Medium, indem Sie sich gerade befinden, . . . ein, zwei Klicke - und Sie haben alles zur Ansicht . . .

Helga König: Wie Sie mir erzählt haben, sind Sie in Weimar geboren. Wie hat diese Stadt sich auf Ihren persönlichen Werdegang ausgewirkt? 

Christian Ewald:  Geburtsorte sind Zufall, natürlich. Aber bei Weimar ist das doch ein klein wenig anders - da steht man ja gewissermaßen bereits mit einem Bein in der Historie dieser Stadt. Und bei verstärktem Interesse zieht man das andere eben - nach . . . und so hat man doch all diese Vorgänge etwas näher am Körper, das Vertiefen und auch das Anwenden . . . und da hat die Stadt und ihre "Randlage" Ehringsdorf mit Belvedere schon erheblichen Einfluss gehabt, den ich dankbar sehe . . . ebenso den meiner Eltern, einiger Lehrer der Schule und auch in den Abendkursen der bereits genannten Maler und Graphiker haben einen großen Anteil.

Helga König: Können Sie den Lesern über Ihr Werk „Libellenflügel Postzustellung“ Näheres berichten? 

Szenische Lesung in der Buchdruckerei Nessing, Berlin,
vor dem Einzug in das neue Quartier,spektakulär
 am Flaschenzug hängend 
Christian Ewald:  Diese Edition von 2012 hat tatsächlich "Weimarer Nähe", sogar die unmittelbarste, die es gibt. Von Zuhause aus zum Schloss Belvedere, zu unserem damaligen großen Feld und Garten, der alle Obstsorten und sogar Tabakpflanzen zur Ernte brachte, führt die Spur des Briefträgers Herrn Ullrich, der die ersten Versuche meinerseits, über das "eingemauerte" Land Briefkontakte in die sogenannten "kapitalistischen Länder" zu unterhalten, mir diese aushändigte, nicht ohne Spannungen, nicht ohne Verklebtheit mit dem Stempel: "Postbeschädigt eingegangen"; ein glatter Schnitt überführte sogleich zur Lüge. Gern habe ich ihm dieses seitenbewegende Denkmal unglaublicher Vorgänge und Begegnungen gewidmet, das sogar einen Briefwechsel des Postboten mit der Schlossherrin, original beigelegt, im Buche transportiert. (Im Vorzug mit einer nahezu unglaublichen Siebdruck-Graphik auf Salem Gelb Oval-Papier, 25g/qm) 

Helga König:  Welche Bedeutung haben Goethe, Schiller und Heine für Ihre Werke? 

Messestand zur "Cologne Fine Art", 2007 
Christian Ewald:  eine große, denn es sind wiederum ganz spezielle Editionen, die wiederum selbst etwas "Neues" bieten. Bei Goethe ist es eine überlieferte Begebenheit, die bei einem Besuche in Ehringsdorf (1777/78) passierte und mit den Augen eines dort Geborenen heute gesehen und als Kind gehörte Erzählung sozusagen bewahrt wiedergegeben wird. "Goethe in Ehringsdorf" -- hand-geschrieben, die Seiten übernäht und illustriert bekam im Wettbewerb der "Buchkunst Weimar" 2011 zum Goethe-Thema den Preis der Anna Amalia Bibliothek dortselbst. Ein bibliophiles "Bruch-Stück" in der Goethe-Rezeption . . . und bei Schiller wurde die nahezu unglaubliche Leistung, das damals bei den Umlauten "übersetzte" e anstelle des Doppelstriches im Bleisatz noch herstellen zu können wie bei der Erst-Ausgabe 1786 - typographisch in der Papiermühle Basel von Markus Müller gefertigt -- ein Wunder! Und bei Heine: Die Seelenverwandtheit von Heine und Kopelew, beide Dichter "vom und am Rheine", waren beide von der Idee ergriffen, zwischen dem Land ihrer Zuflucht und dem Land ihrer Herkunft das Wort als Brücke einzusetzen. So fand, trotz des plötzlichen Todes von Kopelew, diese Würdigung von Heine im Sinne Kopelews statt. 

Helga König: Wie viele Projekte im Jahr sind bei Ihnen Usus und wie darf man sich den gedanklichen Prozess vorstellen, der zu den jeweiligen Editionen führt?

Interview  in der "Umsatzwohnung" infolge der Rekonstruktion
der denkmalgeschützten Werkstatt des Katzengrabens 14,
Berlin-Köpenick 
Christian Ewald:  Es gibt immer eine Vielzahl an Vorhaben, von denen einige auf Grund von zufälligen wie bedachten Ideen den Arbeitsvorzug bekommen . . . , bei manchen sind mehrere "Fach-Werkstätten" beteiligt, was immer zu sehr unterschiedlichen Aufwendungen führt. Auch gibt es gedankliche "Achsen", mit denen die Bücher ins Rollen kommen . . 

Helga König: Können Sie etwas zu Ihrem Werk "Heringe" berichten? 

Christian Ewald:  Auslöser dieser Edition war ein Fund: 1972 hatte ich als Student bei einer Haushaltsauflösung ein Photo-Album über eine Fischkonservenfabrik in Berlin entdeckt, das alle Stationen der Herstellung dieser Unternehmung zeigte - ein Zeitdokument unglaublicher Individualität aus den Jahren vor dem Krieg. Über dreißig Jahre lagerte dieses Album wissentlich bei mir, auf eine Gelegenheit wartend, eventuell daraus etwas zu machen . . . Zweiter Auslöser war die Zusage vom Dichter-Verleger Michael Krüger (Hanser), gern einmal etwas für den Verlag zu schreiben . . ., da waren die sehr ansehnlichen Photographien genau das "Richtige" für ihn . . . und sie wurden zur Grundlage einer fiktiven Familiengeschichte in einer sehr persönlichen Stellung zum Hering. Dritter Auslöser: Ist die Verpackung, die für jedes Buch immer aus den Möglichkeiten des Inhaltes entspringt und für jedes Buch immer individuell gefertigt wird. Also: Eine Büchse als Schuber, aus Karton entwickelt und gearbeitet, bedruckt und mit Buch verbracht. Wie die Heringe daselbst . . . Ergebnis: Auf der Shortlist der Besten deutschen Bücher der Stiftung Buchkunst die Nummer 1. Und bei den Vorzügen (99 Expl.) eine allererste Pop-up-Grafik: "Herr Inge pumpt fleißig Zitronensaft, während Herr Buchmann in der Stadt spazierend Pökelsalz kauft." 

Helga König: Welche Edition planen Sie derzeit?

Christian Ewald:.. . das bleibt immer ein Geheimnis, denn erst wenn alle Zusammenhänge stimmen, die Fertigung bereits "am Laufen" ist, da wird es etwas gelüftet . . . Derzeit ist noch eine Ausstellung in Weimar (Galerie zum Riesen) davor, eine Broschur zum Stomps-Preis aus aktuellem Anlass, eine Broschur zu Albert Schweitzer demnächst, . . . bevor sich dann der Mantel hebt zur Frankfurter Buchmesse im Oktober: "Gestatten, die Edition . . .

Lieber Christian Ewald, herzlich Dank für das aufschlussreiche Interview.  

Helga König

Bitte klicken Sie auf den Link, dann gelangen Sie auf die Website  von Christian Ewald: www.katzengraben-presse.de

Fotos: aus dem Bestand von Christian Ewald.

Helga König im Gespräch mit Thomas Fuhlrott, Geschäftsführer der Firma zait Ltd. & Co. KG

Lieber Herr Fuhlrott, seit vielen Jahren schätze ich die Olivenöle Ihres Hauses und habe nun fünf dieser feinen Öle auf "Buch, Kultur und Lifestyle vorgestellt. Damit die Leser Ihre Firma und deren hochwertige Produktpalette besser kennen lernen können, möchte ich heute einige Fragen an Sie richten.

Hier die Links zu den Produktvorstellungen: ZAIT  BIO-Olivenöl, Italien  Nativ Extra,  Region Apulien
ZAIT, Bio - Olivenöl, Italien,  Nativ Extra,  Region Kampanien
ZAIT Olivenöl, Portugal,  Nativ Extra
ZAIT- Olivenöl, Spanien- Nativ Extra
ZAIT Olivenöl, Nativ Extra,  Griechenland

Helga König:  Können Sie den Lesern bitte etwas über die Geschichte der Firma „ZAIT“ erzählen?

 Thomas Fuhlrott, Geschäftsführer
der Firma ZAIT
Thomas Fuhlrott:  Am Anfang meiner Beschäftigung mit Olivenöl stand eine Mitteilung der EU, die besagte, dass es im gesamten europäischen Argarbereich kein Produkt gäbe, das mehr verfälscht, gepanscht und falsch deklariert werde wie Olivenöl. Das weckte mein Interesse. Ende der 90er Jahre begleitete ich dann eine Studie zum Thema Olivenöl, die sich mit verschiedensten Fragen wie Qualität, Markt, Produzenten, Olivensorten, etc., in allen Olivenöl produzierenden Ländern Europas beschäftigte. Da ich von der Ausbildung her eher vom Grafikdesign und der Kommunikation  komme, machte ich also Fotos und schrieb die Texte zu dieser Studie. Nach deren Abschluss begab ich mich auf Vortragsreise und stellte die Ergebnisse vor. Dabei wurde ich immer wieder gefragt, ob die vorgestellten guten Olivenöle auch zu kaufen wären. Das waren sie damals aber nicht und nachdem ich gelegentlich Kontakte zu den Produzenten vermittelte, gründete ich im Jahre 2001 zusammen mit Tina Ottmann die Firma „zait“. Der Name „zait“ stammt übrigens aus den semitischen Sprachen und ist die älteste überlieferte Bezeichnung für Olivenbaum. Hinter aleph, dem Rind, beta, dem Haus und gamal, dem Kamel, stand zai, die Olive. Mit „zait“ wollten wir hochwertige Olivenöle transparent, also mit Herkunftsnachweis und veröffentlichten Analysen zum besten Preis-Leistungs-Verhältnis handeln und so auch einen gesellschaftlichen Akzent setzen.

Helga König: Sie sind u.a. für die Firmenphilosophie Ihres Hauses zuständig. Können Sie unseren Lesern diese hier nahe bringen?

Thomas Fuhlrott:  Mit Gründung der Firma, besser gesagt der Unternehmung „zait“, wollten und wollen wir zeigen, wie sich Handel zum Wohle der Käufer und der Produzenten zukunftsweisend umsetzen lässt. Dazu stellten wir von Beginn feste Glaubenssätze, chemische Grenzwerte und die klassischen Regeln der Ökonomie auf den Prüfstand. Um Qualität und Transparenz sicher zu stellen, entschieden wir uns für Reduktion und entwickelten ein überschaubares Produktsortiment, eine umfassende Methode zur Qualitätssicherung, eine spezifische Kalkulation der Produkte, unsere eigenen Wege der Kommunikation und mit unseren besonderen Festen eigene Formen der Begegnung. Entscheidend für einen günstigen Preis war die Idee des „Jahresvorrates“. Dazu entwickelten wir eine moderne Variante von Großmutters Vorratshaltung. Nicht alles Gute muss neu erfunden, sondern vieles nur neu entdeckt und in einen aktuellen Kontext gestellt werden. Mit unserer Arbeit  verfolgen wir immer auch gesellschaftliche und persönliche Emanzipation. Die von uns zur Verfügung gestellten Informationen ermöglichen eine bewusste Kaufentscheidung. Damit schaffen wir Unabhängigkeit von der Lebensmittelindustrie zum Wohl aller am Handel Beteiligten. Mit dieser Art des Olivenölhandels möchten wir auf vorhandene Fragen in der Gesellschaft intelligente, kreative und nachhaltige Antworten geben. Dazu verbinden wir Produktqualität mit Design, Kommunikation, Kunst und Kultur als Ausdruck von Lebensfreude, Entwicklung und Emanzipation. Wachstum in den wesentlichen Dingen, nicht um jeden Preis. 

Helga König:  Sie beziehen aus insgesamt sechs Regionen in vier Ländern Öle. Nach welchen Kriterien gehen Sie bei Ihrer Auswahl vor?

Thomas Fuhlrott:  Zum einen wollten wir ein möglichst breites Geschmacksspektrum abdecken, zum anderen verschiedene Länder einbeziehen, um nicht den Eindruck zu erwecken, nur aus einem bestimmten Land käme gute Ölqualität. Um die besten Öle für uns zu finden, besuchen wir jedes Jahr möglichst alle Produzenten während der Ernte vor Ort. Dort besprechen wir den aktuellen Jahrgang und suchen die für uns in Frage kommenden Chargen aus. Das bedeutet, wir probieren das Öl aus den für uns in Frage kommenden Tanks und entscheiden aufgrund des Geschmacks, welche Proben wir mit zurück nach Deutschland nehmen. Bei kleinen Mengen, kniffligen Fragen oder Preisverhandlungen ist der persönliche Kontakt durch nichts zu ersetzen. Alle modernen Kommunikationsmittel treten da in den Hintergrund. Das sehen wir in den seltenen Fällen, in denen der Besuch eines Produzenten nicht möglich ist. 

Helga König:  Ihren Olivendosen ist zu entnehmen, dass die Prüfung der Öle chemisch durch das Labor „Eurofins“ in Hamburg und sensorisch durch das „Deutsche Olivenöl Panel“ erfolgt. Dürfen wir mehr dazu wissen?

Thomas Fuhlrott:  Da ich selbst Gründungsmitglied des „Deutschen Olivenöl Panels“ (DOP) bin und somit über genug Fachwissen verfüge, entscheide ich vorab ja bereits, welche Chargen Olivenöl für uns in Frage kommen. Anschließend prüfen die Kollegen meines Panels (mindestens acht ausgebildete Tester) noch einmal die Qualität der Öle. Das DOP ist ein in Deutschland amtlich zugelassenes Olivenölpanel, das jährlich mehrere hundert Olivenöle prüft und als „nativ extra“ (oder auch nicht) zertifiziert. Dabei ist vielleicht wichtig zu sagen, dass „nativ extra“ durch die niedrigen EU-Standards kein Qualitätsmerkmal darstellt, sondern nur einen niedrigen Mindeststandard kennzeichnet. Interessant für uns beim Paneltest ist vor allem die Feststellung der Intensitäten bei Fruchtigkeit, Bitterkeit und Schärfe, eine Ausgewogenheit dieser drei Positivkriterien kennzeichnet ein gutes Olivenöl. Da nun aber durch Riechen und Schmecken Pestizide und Weichmacher nicht herauszufinden sind, gibt es noch die chemische Analyse bei „Eurofins“ in Hamburg. Erst wenn alle Parameter stimmen, ordern wir unsere Öle. Die Ergebnisse aller Untersuchungen machen wir für alle Kunden transparent.

Helga König:  Sind gute Olivenöle generell kaltgepresst und wenn ja, weshalb? 

Thomas Fuhlrott: Alle wirklich guten Olivenöle sind kaltgepresst oder in einem moderneren Verfahren kaltextrahiert, wobei die maximale Temperatur in der Verarbeitung 27° Celsius nicht überschreiten darf. Da sich die für die Gesundheit wichtigen Antioxidanzien und die enthaltenen Aromen ab 28° Celsius bereits verflüchtigen, ist das eine elementare Voraussetzung für die Produktion hochwertiger Olivenöle. 

Helga König:  Hat der Säuregrad eines Olivenöls etwas mit der Qualität zu tun? 

Thomas Fuhlrott:  Der Säuregrad gibt den Anteil der unerwünschten freien Fettsäuren wieder. Je niedriger der Säuregrad, desto niedriger auch deren Anteil. Der maximale Wert für Native Olivenöle Extra beträgt 0,8 mg/kg, die strengere italienische Richtlinie für hochwertige DOP-Olivenöle (geschützte Regionenbezeichnung) sieht als Höchstwert 0,5 mg/kg vor, unsere Öle haben in der Regel einen Säuregrad von 0,1 – 0,26 mg/kg. Vergleichbar ist der Säuregrad aber nur bei naturbelassenen Olivenölen. Die Werte sind bei bearbeiteten Ölen manipulierbar und daher als genereller Maßstab für alle auf dem Markt vorhandenen Olivenöle nicht geeignet.

Helga König:  Können Sie etwas über den gesundheitlichen Nutzen eines Olivenöls sagen?

Thomas Fuhlrott:  Dass gute Olivenöle gesund sind, liegt hauptsächlich an den im Öl enthaltenen Polyphenolen, sprich Antioxidanzien. Diese schützen die Zellen vor freien Radikalen. Das Krebsvorschungszentrum Heidelberg stellte in einer Studie beispielsweise eine signifikante Wirkung bei der Brustkrebsprophylaxe durch tägliche Verwendung von Olivenöl fest. Allerdings sorgt der hohe Polyphenolanteil auch für stärkere Bitternoten im Öl und einen pikanten Abgang, der sich durch Kratzen im Hals bemerkbar macht. In Verbindung mit einer deutlichen Fruchtigkeit sind jedoch auch kräftigere Olivenöle sehr ausgewogen und eignen sich für viele Anwendungen in der Küche. Gerade die intensiven Aromen sorgen in vielen Speisen für ein besonderes Geschmackserlebnis. Noch wenig im Fokus der Öffentlichkeit sind die sogenannten Biophotonen. Sie sind das „Licht in unseren Zellen“ und sorgen beispielsweise für eine reibungslose Informationsübertragung. Da Oliven von der Sonne regelrecht verwöhnt werden und als „Direktsaft“ keiner weiteren Verarbeitung unterliegen, ist ihr Anteil an Biophotonen extrem hoch. Positiv wirkt Olivenöl ebenfalls bei Magen- und Darmbeschwerden und bei einem zu hohen Cholesterinspiegel. Dabei wird das positive HDL-Cholesterin stabilisiert und das negative LDL-Cholesterin gesenkt. 

Helga König: Worin sehen Sie den Sinn einer wohldurchdachten Vorratshaltung, wenn man bei „ZAIT“ Öle bestellt? 

Thomas Fuhlrott:  Bei Olivenöl bieten wir eine der besten Relationen von Preis und Leistung in Deutschland. Dazu bedarf es einer schlanken Organisation und der Vermeidung unnötiger Kosten. Olivenöl ist ein saisonales Produkt, da es immer zur gleichen Zeit (November bis Januar) hergestellt wird. Wer bei uns zum Saisonbeginn im April einen Jahresvorrat an Olivenöl kauft und zu Hause lagert, hilft uns, Lager- und Verwaltungskosten einzusparen. Diesen Kostenvorteil geben wir im Preis an unsere Kunden weiter. Somit gestalten die Kunden mit ihrer bewussten Kaufentscheidung auch die Preise ihres Olivenöls mit.

Helga König: Neben Ihren köstlichen Olivenölen verkaufen Sie ja auch noch andere kulinarische Besonderheiten. Entdeckt habe ich u.a. „Urwaldpfeffer“. Würde dieser zu Tomaten mit Mozzarella und Basilikum passen und welches Ihrer Öle sollte man hier am Sinnvollsten verwenden? 

Thomas Fuhlrott:  Der Pfeffer ist wunderbar aromatisch und passt ganz ausgezeichnet dazu. Für dieses Gericht nutze ich zwei verschiedene Olivenöle. Basilikumöl, bei dem zum größten Teil das frische Basilikum zusammen mit den Oliven gepresst wird. Das Aroma ist umwerfend, frisches Basilikum nutze ich nur noch zum Dekorieren. Da das Öl jedoch sehr intensiv ist, mische ich es mit einem weiteren Olivenöl z.B. aus Apulien oder Kampanien. 

Helga König:  Können Sie unseren Lesern etwas zu Ihrem jährlich stattfindenden Ölfest berichten? 

Thomas Fuhlrott:  Um gutes Olivenöl kennen und vielleicht auch schätzen zu lernen, muss es vor allen Dingen probiert werden können. Um nun möglichst viele Menschen in diesen Genuss kommen zu lassen, entstand die Idee zu „Oliandi – Das Olivenölfest“. Immer am 1. Maiwochenende stellen wir im pfälzischen Zell im Zellertal die aktuellen Olivenöle vor. Mitveranstalter des Festes ist das Weingut Wick, das gleichzeitig zur Probe ihrer biologisch angebauten Weine einlädt. Dazu kommen an diesem Wochenende ca. 20 Aussteller mit besonderen Produkten, Dienstleistungen oder Projekten. Dazu gibt es eine mediterrane Küche mit unseren Olivenölen und nicht zuletzt eine große Kunstinstallation im 75 Meter langen Gewölbekeller des Weingutes Wick. Nicht zu vergessen sind die außergewöhnlichen musikalischen Programme. Der Einzugskreis des Festes beträgt mehr als 100 Kilometer, die Menschen kommen aus Frankfurt, Wiesbaden, Mainz, Ludwigshafen, Mannheim, Heidelberg, Karlsruhe, Saarbrücken, Kaiserslautern und zunehmend aus weiter entfernten Regionen. Schon lange ist die Veranstaltung fester Bestandteil des „Kultursommers Rheinland-Pfalz“. Zum Olivenölfest in diesem Jahr kamen mehr als 12.000 Besucher. Die größte Tageszeitung der Region schrieb über das zum 13. Mal stattfindende Olivenölfest, es sei eine „soziale Skulptur“ im beuysschen Sinne. Eines der schönsten Feste der Pfalz ist es ohnehin. Yahua Lin aus Peking schrieb uns nach dem Fest 2010: „Dieses Olivenölfest ist für mich eine Wunderreise; mit Musik, Menschen, Regen, Blumen, Wein, Tee, Olivenöl und Philosophie. Eine unglaublich schöne Erfahrung!“

Lieber Herr Fuhlrott, danke für das überaus aufschlussreiche Interview.
Helga König

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