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Helga König im Gespräch mit Regina Michalik

Sehr geehrte Frau Michalik,  dieser  Tage habe  ich  Ihr Buch "Intrige" rezensiert und möchte Ihnen hierzu heute einige Fragen stellen.

Helga König: Ein Intrigant unterscheidet sich von einem Mobber unter anderen dadurch, dass der Intrigant berechnend handelt und der Mobber offenbar emotional. Sie halten fest, dass sich unter strategisch denkenden Männern mehr Intriganten finden als unter Frauen. Wie darf man sich das Persönlichkeitsprofil eines idealen Intriganten vorstellen?

Regina Michalik
Regina Michalik: Es gibt keine Persönlichkeit des Intriganten oder der Intrigantin. Sie sind Menschen wie Sie und ich, allerdings solche mit der Kompetenz, strategisch zu denken, zielbewusst vorzugehen, sich Bündnispartner zu suchen und geschickt einbinden zu können. Intriganten haben soziale und strategische Kompetenz.


Helga König: ... und wie darf man sich das ideale Intrigenopfer vorstellen von dessen Persönlichkeitsprofil her?

Regina Michalik: Auch das gibt es nicht. Intrigenopfer sind allerdings meist nicht optimal vernetzt, weil sie es nicht als wichtig ansehen oder keine Zeit dafür einräumen; sie versinken häufig in Arbeit und sorgen von daher nicht ausreichend vor, vernachlässigen ihre Mikropolitik. Und sie haben etwas, was attraktiv ist für andere, was ihnen selbst aber häufig nicht bewusst ist.


Helga König: Sind Frauen die geeigneteren Intrigenopfer?

Regina Michalik: Einerseits ja, weil sie meist weniger strategisch denken. Andererseits nein, weil sie seltener 'attraktiv' sind im Sinne von Eigentümerin von Machtpositionen oder Geld. Auch knüpfen sie seltener effektive Bündnisse und Seilschaften als Männer, die vor Intrigen schützen.

Helga König
Helga König: Sie schreiben, ein Intrigant müsse besonders logisch denken können. Demnach sind Intriganten vermutlich nicht eben unintelligent, doch es muss ihnen letztlich an etwas mangeln, sonst würden sie ihre Ziele ja auf fairem Weg erreichen. Was könnte dies denn sein?

Regina Michalik: Letztlich geht es immer um die klassischen Drei: Geld, Macht oder Liebe. Moderner gesagt: Marktanteile, Positionen, Anerkennung.


Helga König: Sie schreiben soziale Analphabeten eignen sich nicht zum Intriganten. Viel Mitgefühl scheint ein Intrigant ja nicht unbedingt aufzuweisen, bei den Methoden, mit denen er sich durchzusetzen versucht. Wie kann ein selbstsüchtiger Egomane sich zeitgleich als Kommunikationstalent glaubhaft "verkaufen"? Ein solches muss er ja sein, um Verbündete für seine Intrige zu finden. Muss er ein Schauspieler sein oder arbeitet er mit Bestechung und Versprechungen?

Regina Michalik: Ein Intrigant muss kein Egomane sein, sondern einfach jemand, der sich seiner Ziele sehr bewusst ist und sie strategisch verfolgt, mit mehr oder weniger fiesen Mitteln. Dazu gehören Schauspiel, Bestechung und Drohen, aber auch Argumente, Lob und Belohnung. Und auch die Verbündeten oder Mitspieler, die sogenannten Stakeholder, haben Eigeninteressen; auch sie profitieren durchaus von der Intrige.


Helga König: Sie berichten auch wie Internetintriganten im Netz agieren. Muss immer ein persönlicher Vorteil Basis einer Intrige sein, oder genügt auch die Lust am Spiel? Wie ist das im Internet?

Regina Michalik: Sicher spielt auch Lust eine Rolle, Lust am Spiel, Lust an der eigenen Macht, Lust am Ausprobieren einer neuen 'fiesen' Methode.


Helga König:  Sie schreiben, dass in manchen Firmen Intrigen zur Firmenpolitik gehören? Welche Ursachen hat dies?

Regina Michalik:  Von Coachings und Interviews weiß ich, dass Personalpolitik mittels Intrigen immer weiter verbreitet ist. So wird man Menschen los, die im Wege stehen, stören, zu teuer sind, unter anderem durch bewusste Intrigenpolitik. Dann gibt es noch intrigenförderliche Kulturfaktoren von Unternehmen: mangelnde Transparenz und Informationspolitik, mangelnde Fehlerkultur, mangelnde Anerkennungskultur, mangelnde Partizipation. Dies sind häufig Führungsfehler, aber auch strukturelle Mängel. Insofern braucht es strukturelle Änderungen, getragene Unternehmensleitbilder und vor allem positive Vorbilder durch Chefs und Chefinnen.


Helga König: Wenn man ein "Intrigogramm" aufstellt, kann man dann davon ausgehen, dass derjenige, der den größten Vorteil hat, am wahrscheinlichsten der Intrigant in der fokussierten Gruppe ist?

Regina Michalik: Oft ist es schwer zu sagen, was der 'größte' Vorteil ist und wer ihn hat. Denn wie will man Geld gegen Macht abwägen? Auch können stakeholder auffällig viel an Intrigen 'verdienen' und der Gewinn des eigentlichen Drahtziehers bleibt im Dunkeln.


Helga König: Ist ein Intrigant letztlich auch ein Hetzer bzw. heimlicher Demagoge? Ich denke dabei an das Aufwiegeln von Mobbern und Stalkern?

Regina Michalik
Regina Michalik: Es kann sein, dass der Intrigant das selbst macht; häufig aber sind es seine Verbündeten und stakeholder, aber auch bloße Mitläufer, die im Rahmen einer Intrige hetzen und mobben, stalken und Gerüchte streuen. Intrigen entfalten eine Eigendynamik, in der nicht alle, die mitmachen, unbedingt wissen, woran sie teilnehmen und wieso.


Helga König: Muss man sich Hornhaut auf den Achillesfersen wachsen lassen, um den Attacken eines Intriganten gegenüber cool zu bleiben oder genügt es, einfach nur zu erkennen, dass Intriganten letztlich Schwachmaten sind, die es im fairen Wettbewerb nicht schaffen, ihre Ziele zu erreichen?

Regina Michalik: Achillesfersen sollte man möglichst heilen, und zwar bevor man in eine attraktive Situation kommt, siehe Carl Theodor zu Guttenberg. Cool bleiben hilft sicher bei der Entwicklung einer Gegenstrategie. Aber Intriganten nur als 'Schwächlinge' anzusehen, kann äußerst gefährlich sein. Auch wenn sie es vielleicht sind.

Herzlichen Dank,liebe Frau Michalik für das aufschlussreiche Interview.

Ihre Helga König

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