Lieber Gert Weber, heute habe ich Ihren Roman "Jean-Aus dem Sternenstaub" auf "Buch, Kultur und Lifestyle" rezensiert. Dazu möchte ich Ihnen jetzt einige Fragen stellen.
Hier der Link zur Rezension: "Jean- Aus dem Sternenstaub".
Helga König: Der Protagonist Ihres Romans "Jean- Aus dem Sternenstaub" ist Architekt und Designer. Wie äußert sich Ihrer Meinung nach Ästhetik in der Architektur und wie in einem Roman?
Gert Weber |
Gert Weber: Ästhetik ist eine Frage der Bildung, der Haltung, dem Leben gegenüber, und des Unterscheidungsvermögens. Ja, ich bin auch Architekt, und das Wort Designer ist im deutschen Sprachgebrauch verkommen, zu allem Möglichen, das ist mir zu ungenau, was meinen Beruf betrifft. Ich bin Gestalter, wenn Sie so wollen Lebensgestalter, das übertrage ich sinngemäß auch auf meine Romane. Beides entspringt dem Gedanken, dass es authentisch ist.
Helga König |
Helga König: Gibt es Gründe, weshalb Sie Ihrem Romanhelden den französischen Namen "Jean" gegeben haben?
Gert Weber: Meine Familie stammt aus Siebenbürgen, sie nannten es Transsilvanien, das Stammbuch geht etwa aufs Jahr 1600 zurück, sie kamen aus dem Dreiländereck, Frankreich, Belgien und Deutschland. Da sitzen tiefe Erinnerungen, in Richtung Hugenotten, und ich denke und spüre, noch weiter zurück. So lag der Name Jean nahe, haha, auf deutsch einfach Hans. Ist das nun Hans im Glück, oder Hans Guck in die Luft?
Helga König: Wie wichtig sind Frauen für Jean, um kreativ arbeiten zu können, sprich haben Frauen bei ihm in gewisser Weise Musenstatus?
Gert Weber: Frauen sind, für mich und auch Jean jedenfalls, das Salz des Lebens! Deshalb sind die Romane auch dem Weiblichen gewidmet. Mutter kam aus einer hochgebildeten Familie, sie hat sich nie irgendeiner dummen Forderung gebeugt und stand hinter Jean, auch, als er jede Menge Unfug anstellte, mit Urvertrauen, das auf purer Liebe basiert, und Vater stand hinter ihr. Jean hatte also Doppeldeckung! So ist für ihn ganz natürlich, dass sie und später seine Gefährtinnen einen Musenstatus haben, den gibt er auf seine Weise zurück.
Helga König: Weshalb haben Sie Ihrem Protagonisten in dessen jüngeren Jahren eine ältere Frau als Gefährtin an seine Seite gestellt, konkreter, was konnte diese Frau ihm auf seinem Entwicklungsweg geben, was er bei jüngeren Frauen damals offenbar nicht fand?
Gert Weber |
Gert Weber: In jungen Jahren hatte Jean sehr, sehr viele, nun sagen wir, Kontakte zu Frauen, sie waren immer etwas älter, das war natürlich naturgetrieben, Sex, und nochmal Sex, als quasi "sportliche" Betätigung. Aber etwas hat gefehlt, nämlich, das Gefühl, zu lieben und geliebt zu werden. Und irgendwann reichte es ihm, und das Schicksal nahm seinen Lauf mit seiner ersten großen Liebe, sie war gute 8 Jahre älter. Derart übertrage ich es auf Jean, mein Alter Ego. Was hilft da Sex allein, wenn nicht das viel Wichtigere, die Interessen für Architektur, Gestaltung, Ästhetik, Kunst, Literatur und Musik synchron liefen? Wohlgemerkt aus verschiedenen Blickwinkeln, die man diskutieren kann, die beide weiterbringen.
Helga König |
Helga König: Jean ist unter anderem in Spielerkreisen zuhause. Was lernt er von Spielern für sein weiteres Leben?
Gert Weber: Zunächst eine Klarstellung! Jean hat immer gern gespielt, im Sinne von Neugier, und dem Zulassen von Möglichkeiten. Das bedeutet lange nicht, dass Jean ein Spieler ist, in Sinne von Dostoyevsky. Ja, und ein Kasino ist eine Quelle des Geldes, und da heranzukommen war für Jean wichtig, denn verschiedene, aber gravierende "Misslichkeiten", Bankenschweinerein, haben ihm schwer zugesetzt, und EINE Möglichkeit war das Kasino zur Kasse zu bitten. Verlieren? Das kam nicht in Frage, DAS konnte sich Jean nicht leisten, wie ein russischer Großfürst. Also, was bleibt? Konzentration und innere Ruhe, die ausschließlich den Gewinnen galt. Hier hatte Jean wirklich das Gefühl, hart zu arbeiten, im Gegensatz zu seinem Beruf, da kams ihm nie in den Sinn, dass es Arbeit sei.
Helga König: Was hat nach Ihrer Meinung Jeans Liebe zu seiner langjährigen Gefährtin zu Bruch bringen lassen, konnten die beiden aneinander nicht mehr reifen und falls ja, wieso?
Gert Weber: Sie waren 25 Jahre zusammen, hatten nicht geheiratet, eine formale Petitesse. Es war auch kein Mangel an Liebe, es war ganz profan ein extremer finanzieller Engpass, der sich über ein gutes Jahr hinzog und zu heftigen Vorwürfen führte. Und, um den Kern dieser Liebe nicht zu zerstören, hat so Jean sich getrennt, mit blutendem Herzen. In den nächsten Büchern wird das deutlich, sie leben zwar nicht mehr zusammen, was beiden andere Möglichkeiten eröffnet, sie bleiben aber tief und vertraut miteinander. Das hat einen enormen Wert.
Helga König: Als Erfolgsrezept des Spielers Jean nennen Sie den eisernen Willen zu gewinnen, höchste Konzentration, gleichzeitig Gelassenheit und intuitive Flexibilität. Verfügt Ihr Protagonist über die Fähigkeiten, sein Erfolgsrezept bis zum Schluss des 3. Bandes durchzuziehen oder belastet seine Seele irgendwann zu viel "Sternenstaub“?
Gert Weber |
Gert Weber: Wie schon gesagt, das sind DIE Elemente, um im Kasino Erfolg zu haben. Und ich möchte hier nicht verraten, wie es weitergeht, ich möchte ja die Leser herausfordern, die anderen Bücher auch zu lesen. Klingt das jetzt berechnend? Jedenfalls, Jean ist nicht untergegangen, was viele ihm schon angedichtet haben, nein, er ist munter und wohlauf, und wird das auch bis zu Band 3. sein, dessen Titel: Jean & Artemya sein wird, der bis ins Jahr 2040 reicht. Und die Form von Band 3, die hat es auch in sich, da erzählen Jean und Artemya parallel, was sie erleben, Jean links, Artemya rechte Seite. Hört sich das nach Science Ficition an? Ja? Na, dann ist ja gut. Vielleicht kann Jean ja etwas die Zukunft sehen?
Helga König |
Helga König: Der Name Einstein taucht einige Male im Band 1 Ihres Romans auf. Was gibt dieser Mensch Ihnen?
Gert Weber: Physik hat Jean immer interessiert, und er hatte immer, ganz merkwürdig, Freunde, die Physiker waren. Und er hatte mit Moisés, seinem vertrautesten Freund über 25 Jahre, intensive Gespräche über Physik, und natürlich über Religion, das liegt nahe, denn da geht es auch um Rätsel, die aus Hilflosigkeit, die einen Gott hereinziehen - den es nicht gibt - für Unerklärliches. Dem kann man zürnen, ihn bitten, um jedwede Hilfe und Verbesserung, im Grunde gehts immer nur um Hilfestellung im eigenen Leben, anstatt selbst konsequent und nach Möglichkeit mit Freude an der Verbesserung zu schaffen. Und Einstein gibt mir, bzw. auch Jean, ebendiese Sichtweise.
Helga König: Was bedeutet Ihnen Friedrich Dürrenmatt als Mensch und was bedeutet Ihnen dieser Schriftsteller im Hinblick auf Ihre Entwicklung als Romancier?
Gert Weber: Er war ein großartiger Mensch, voller Humor, sehr tiefgründig. Und das hatte er sofort erkannt, dass ich da auf seiner Wellenlänge bin, und, als der erheblich Ältere, mir sein Vertrauen geschenkt, nächtelang saßen wir in seiner "Bücherei", und tranken reichlich vorzüglichen Rotwein. Dazu von unerhörter Großzügigkeit, die heutzutage sehr selten zu finden ist. Und das bestärkt mich auch, meinen Sinn dafür nicht zu verlieren, komme was wolle. Und so schließt sich hier der Kreis, der Impuls, den ich früh meiner Mutter zu danken habe.
Helga König: Ist ein transformierter Mensch frei von Pessimismus und Zynismus und falls ja, was bewirkt diese Art von Freiheit für das kreative Sein?
Gert Weber: Diese Art von Freiheit ist der Dünger, der freudvoll jedwedes kreative Tun möglich macht.
Lieber Gert Weber, ich danke Ihnen für das aufschlussreiche Interview.
Ihre Helga König
Fotos: aus dem Bestand von Gert Weber
Das gebundene Buch erhalten: gmw@weber-standard.com
Online: Kindle Amazon
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