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Helga König im Gespräch mit Clara Maria Bagus, über ihr Buch "Vom Mann, der auszog, um den Frühling zu suchen- Allegria

Liebe Clara Maria Bagus,  vor einigen Tagen habe ich  Ihr Buch "Vom Mann, der auszog, um den Frühling zu suchen. Eine  Reise zur Leichtigkeit" rezensiert. Dazu nun möchte ich Ihnen heute einige Fragen stellen.


Helga König: Wie definieren Sie den Begriff  "Leichtigkeit" und was bewirkt Leichtigkeit im Leben eines Menschen?

 Clara Maria Bagus
Clara Maria Bagus: 
Leichtigkeit ist für mich, wenn es gelingt, alles, was unseren Seelenfrieden und unser inneres Gleichgewicht stört, aus unserem Leben auszusieben. Es bedeutet nicht, ohne Sorgen, Probleme, Nöte durch die Welt zu spazieren, denn die gehören zum wahren Leben dazu. Aber es bedeutet, sich von Dingen, Menschen, Lebensumständen frei zu machen, die nicht zu uns passen und uns nicht gut tun. 

 Helga König
Helga König: Ist Ihr poetisches Märchen einer buddhistischen Grundhaltung geschuldet oder das Ergebnis Ihrer psychologischen Studien?
Clara Maria Bagus:  Keinem von beiden. Vielmehr der "Schule des Lebens", die mir von klein auf einschneidende Schläge des Schicksals zugeteilt hat. Die haben mich tief fallen lassen aber auch das Aufstehen gelehrt und ein ganz feines Gespür für den einzelnen Menschen, mit seinem ganz persönlichen Schicksal, Irrweg oder in seiner Orientierungslosigkeit. Natürlich hilft es dann noch, wenn man in der Psychologie zu Hause ist. Sie bestätigt wissenschaftlich das, was ich anekdotisch in meiner Lebensschule gelernt habe.

Helga König:  Kafka schreibt "Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns." Betrachten Sie Ihr Buch als eine solche Axt? 

Clara Maria Bagus: Ich würde mein Buch eher als Spiegel betrachten. Der Protagonist in meinem Buch nimmt den Leser mit auf die Reise, die eigene Wahrheit über sich selbst, die eigenen Träume und das eigene Leben herauszufinden.

Helga König: Benötigen wir den Gesang der Vogelwelt, um Licht in unser technisiertes Sein zu bringen? 

Clara Maria Bagus: Vogelgezwitscher ist für mich gleich Frühling und Frühling die Zeit des Erwachens und Aufbrechens. In diesem Sinne: Ja. Wir Menschen brauchen immer wieder einen Weckruf, einen Aufruf, uns auf das Wesentliche zu besinnen. Der Frühling ist eine gute Zeit für Aufbruch und Neubeginn. Und die Vögel können uns daran erinnern, nicht mit gefalteten Flügeln durchs Leben zu gehen, sondern uns aufzuschwingen zu unseren ganz persönlichen Möglichkeiten. 

Helga König: Wie sehr ist das Bunte der Natur notwendig, um wirklich kreativ zu sein?

 Clara Maria Bagus
Clara Maria Bagus: Die Jahreszeiten spiegeln einen ganz gesunden Kreislauf wieder, der meiner Meinung nach auch dem Menschen gut tut. Im Frühling erwacht die Natur, im Sommer blüht sie und zeigt sich in ihrer Reife, im Herbst zieht sie sich langsam wieder zurück und im Winter ruht sie sich aus oder schläft ganz, um dann im nächsten Jahr mit neuer Kraft für neue Möglichkeiten wieder zu erwachen. Das Erwachen der Farben im Frühling, ihr Ausreifen im Sommer, die Explosion im Herbst bieten sicher viel Raum für unterschiedlichste Formen von Kreativität. Allerdings braucht der Mensch Gegensätze. Und somit auch die Farblosigkeit des Winters. Leere gibt Raum für das Entstehen von etwas Neuem. Nicht umsonst lasse ich den Protagonisten in meinem Buch sagen: "Achte den leeren Raum...."

Helga König: Um eine für uns passende Wirklichkeit zu gestalten, benötigen wir Träume. Wo kommen diese Träume her, und wie können wir sie sinnvoll nutzen? 

Clara Maria Bagus: Ich glaube, jeder Mensch wird mit seinen eigenen Träumen geboren, die er, wenn er es schafft, ganz bei sich zu sein, auch in Wirklichkeit verwandeln kann. Ich meine damit nicht inflationäre, austauschbare Träume, die viele Menschen haben: schön, gesund, reich zu sein. Sondern ich meine damit Träume, die einzig einem Menschen zugehörig und damit nicht austauschbar sind. Damit gibt es so viele einzigartige Träume, wie es Menschen gibt. Träume sind unendlich reich an Möglichkeiten. Es tut gut, sich aus der Welt der Wirklichkeit in die Welt der Träume zurückzuziehen. Hier verlieren sich Ängste, Sorgen, Ungewissheiten. Alles wird möglich. Träume öffnen den Tunnelblick, den wir oft zu eng auf Dinge gerichtet haben. Sie zeigen uns Chancen auf, uns aus dem eigenen Lebenswirrwarr zu befreien. Während die Wirklichkeit oft mit eng begrenzten Spielräumen für ein glückliches, gutes Leben erlebt wird, öffnen Träume unseren Blick für neue Möglichkeiten und sind damit nicht nur Hoffnungsträger sondern lebenswichtig für die psychische Gesundheit. Sie sind Treibstoff für die aktive Gestaltung unseres Lebens. Sie helfen dabei unserer Wirklichkeit die Form zu geben, die uns das Leben als ein gelungenes empfinden lässt.

Helga König: Ist es der Vergleich und das ewige Bewerten, das abschreckt, seine Träume zu verwirklichen, hängt es mit dem dadurch eventuell lädierten Selbstwertgefühl zusammen? 

Clara Maria Bagus: Ich denke, den Menschen tun Vergleiche und Bewertungen nicht gut. Erstens ist ein Vergleich mit anderen nicht sinnvoll, da das Bild, was man sich von anderen macht, nie vollständig ist. Vergleichen und aus dem, was man sieht, Rückschlüsse zu ziehen, kann zu Neid führen. Neid ist destruktiv, weil er uns von uns selbst wegführt und uns daran hindert, auf unserem persönlichen Lebensweg nach vorne zu kommen. Da man nie von Außen sieht, was sich wirklich "hinter" dem Leben eines anderen verbirgt, funktioniert ein Vergleich aus Prinzip nicht. Wenn im Leben irgendein Vergleich zulässig ist, dann ist es lediglich der Vergleich zwischen dem, der man ist, und dem, der man sein will. Nur wer sich lediglich mit sich selbst vergleicht, behält seine Träume und Ziele im Auge und konzentriert sich darauf, sie zu erreichen. 

In meinen Augen gibt es auch nicht die Bedeutung einer Sache. Es gibt nur die Bewertung – und die ist abhängig vom Betrachter. Vergleichen und Bewerten hält uns davon ab, die Welt so zu sehen, wie sie ist. Nichts ist gut oder schlecht. Keine Sache der Welt hat jenseits unserer Bewertungen Eigenschaften. Unser Leben ist das Einzige, was wir haben. Daher sollten wir lieber alles dafür tun, das Meisterstück unserer selbst zu sein, statt das Imitat eines anderen. 

 Helga König
Helga König: Sie schreiben "Aber Freiheit im Geist scheint die einzige Freiheit, die wir erlangen können“.   Sie waren einige Jahre in der Hirnforschung tätig. Sind Ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse mit diesem Satz vereinbar?

Clara Maria Bagus: Unser Hirn denkt uns. Das heißt, es schwirren ständig Gedanken in unserem Kopf herum. Diese Gedanken basieren auf unserer individuellen Hirnstruktur, die ein Abbild von persönlichen Erfahrungen, Erlebnissen und Lernen ist – neben der genetischen Komponente. Einige dieser Gedanken erreichen unser Bewusstsein. Das können zu einer Sache auch gegensätzliche Gedanken sein. "Du schaffst das" versus "das schaffst du nie." In diesem Sinne sind wir unserem Hirn ein Stück weit ausgeliefert. Doch auch, wenn wir die Entstehung dieser Gedanken nicht bewusst beeinflussen können, können wir beeinflussen, welche Gedanken aus dieser Gedankenflut wir annehmen und weiterverfolgen wollen und welche nicht. Wir können einem destruktiven Gedanken entgegenwirken und sagen: Nein, das will ich jetzt nicht denken. Wir haben die Wahlfreiheit, welche Gedanken wir zulassen möchten und welche nicht. 

Helga König: Wenn Sie ein Kapitel des Buches einem depressiven Erwachsenen vorlesen sollten, welches Kapitel würden Sie spontan wählen und weshalb? 

 Clara Maria Bagus
Clara Maria Bagus: Für einen depressiven Menschen eignet sich sicher das gesamte Buch, da die Erzählung eine liebevolle Sichtweise auf den Menschen in all seinen Irrwegen und Sackgassen hat. Die verschiedenen Geschichten in der Geschichte nehmen den Leser mit auf die Reise durchs Leben in all seinen Formen. Es zeigt, dass die Lebenswinde jeden von uns mal von unserem Weg abtreiben. Dass wir unweigerlich in Stürme geraten, die uns aus dem Leben reißen, fort treiben und uns dort fallen lassen, wo wir nicht sein wollen. Das kommt in jedem Leben vor. Das Buch soll ermöglichen, mit sich selbst Frieden zu schließen. 

Es ist eine Anleitung zum gelingenden Leben und das unabhängig davon, in welcher Stimmungslage sich der Leser zu Beginn des Buches befindet. Es soll Hoffnung machen, soll helfen, zurück zur Kraft zu finden, um die Gegenwart wieder für sich zu nutzen, die eigenen Lebensträume wiederzuentdecken und zu verwirklichen. 

Im Buch findet der Protagonist selbst heraus: "Wenn dir ein Weg verschlossen ist und du glaubst, in deinem Leben nicht vorwärtszukommen, dann dreh dich um und sieh, welche Weite sich vor dir öffnet. Niemals im Leben wird dir so viel versperrt sein, dass nicht noch unendlich mehr Möglichkeiten auf dich warten." 

Das Buch soll dabei helfen, die Sichtweise aufs Leben zu verändern. "Die Ernte der Trauben bedeutet nicht den Tod der Trauben. Sie bedeutet lediglich eine Veränderung. Eine Veränderung von einem Zustand in einen anderen. Wein ist die Umwandlung des ursprünglichen Zustandes, nicht das Ende. Und auch eine Rosine ist nicht der Tod der Traube."

Helga König: Wenn Sie ein Kapitel einem Kind vor dem Einschlafen vorlesen sollten, damit es schöne Träume hat, welches Kapitel würden Sie dann wählen und weshalb? 

Clara Maria Bagus: Ich würde ihm Kapitel 6 vorlesen. Die Fabel mit der Ameise. Es ist die kindlichste Geschichte von allen, und die kleine Ameise darin wird zu einem ganz sympathischen Tierchen, mit dem sich ein Kind gern identifiziert. Außerdem ist die Aussage dieses Kapitels die verständlichste für ein Kind: "Sei du selbst, dann findest du, was du suchst."

Liebe Clara Maria Bagus, ich danke Ihnen herzlich für das Interview.

Ihre Helga König

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