Liebe Christine Becker im Jahre 2011 habe ich auf "Buch, Kultur und Lifestyle" Ihr Buch "Helleborus- Eine Monografie" rezensiert. Sie haben damals in der Folge dazu ein Interview gegeben. Wenige Monate später- im Frühling 2012 - wurde das Werk mit dem "Deutschen Gartenbuchpreis" ausgezeichnet.
Die Rezension zu Ihrer neue Publikation habe ich in die Abteilung "Kunst, Fotografie und Architektur" eingebunden, wo ich auch die Rezension zum Nachdruck des berühmten Werkes von #Pierre_Joseph_Redouté mit dem Titel "Auswahl der schönsten Blumen von 1827-1833" im vergangenen Jahr untergebracht habe.
An dieser Stelle möchte ich nochmals unterstreichen, wie fasziniert ich von Ihrer neuen Arbeit bin, mit der Sie sich u.a. voller Achtung vor den Künstlern, Kunsthandwerkern und Handwerkern vergangener Jahrhunderte verbeugen und diesen Meistern Ihres Faches das Licht schenken, das sie auch heute noch verdient haben.
Hier der Link zur Rezension: Helleborus 1485- 1905
Hier der Link zur Rezension: Helleborus 1485- 1905
Helga König: Sie beschäftigen sich seit über 20 Jahren mit "Helleborus", sprich Christrosen und zeigen in Ihrem Werk, dass schon viele Jahrhunderte vor Ihnen, Menschen sich mit dieser Pflanze botanisch und künstlerisch auseinander gesetzt haben. Was fasziniert Sie an dieser Pflanze speziell und wodurch entstand das große Interesse ihr gegenüber?
Christine Becker |
Helga König |
Christine Becker: Das war einer der aufwendigen und aufregenden Teile dieser Arbeit neben der Erforschung der Biografien mit vielen Überraschungen. Einige der Abbildungen sind heute digitalisiert - ich hätte also eine Nutzung mit begrenzter Zeit veranlassen können. Allerdings sind die Qualitäten der Reproduktionen nicht unbedingt für den Buchdruck gedacht, sondern eher für das Internet.
Außerdem sind es oft Ausschnitte, die angeboten werden. Ich wollte das gesamte Blatt mit der Darstellung zeigen. So hatte ich mich entschieden, die Abbildungen auf dem freien Markt zu erwerben. Alle Abbildungen gehören in meine Sammlung von Kupferstichen und Holzschnitten. Erworben habe ich sie in Antiquariaten - wie schon in der Einführung kurz erwähnt: verteilt über den gesamten Planeten.
Außerdem sind es oft Ausschnitte, die angeboten werden. Ich wollte das gesamte Blatt mit der Darstellung zeigen. So hatte ich mich entschieden, die Abbildungen auf dem freien Markt zu erwerben. Alle Abbildungen gehören in meine Sammlung von Kupferstichen und Holzschnitten. Erworben habe ich sie in Antiquariaten - wie schon in der Einführung kurz erwähnt: verteilt über den gesamten Planeten.
Manchmal fand sich eine Abbildung in Bangkok, mitten in Texas, Miami, Kalifornien oder Washington, natürlich in Italien oder in Kopenhagen, vor allem in Großbritannien und Deutschland. Zu beinahe jeder Abbildung gehört eine Geschichte - nicht nur die vom Zoll. Manchmal verkauften private Personen diese Blätter und manchmal hatte ich Glück, dass ein Antiquariat meiner Idee folgte und Blätter extra besorgte - wieder von Übersee.
Helga König: Worin bestand für Sie der Reiz, sich mit den einzelnen Kreatoren der Pflanzenbilder näher auseinanderzusetzen?
Christine Becker: Mich beeindrucken die Leistungen der Menschen der vergangenen Jahrhunderte. Je weiter man zurückschaut, je schwieriger muss es gewesen sein, sich solchen Abbildungen zu widmen. Die Bücher waren oft großformatig und 1000 Seiten stark. Es ist ein besonderes Erlebnis, solch ein Blatt in den Händen zu halten - Papiere, aus Materialien vor Jahrhunderten hergestellt. Allein die Erforschung des unbekannten Autoren S. 234 - welches Papier benutzte er, woran erkennt man, wo dieses hergestellt wurde… Papiermühlen, die nur wenige Papierbögen produzierten… und dieser Mann (oder eine Frau?) wanderte durch die Landschaft, mit Feder und Tinte, setzte sich und skizzierte. Ein Zufall, dass auf S. 237 dann das u.U. daraus entstandene Original gezeigt werden kann und immer noch die Frage: wer fertigte die Skizze, wer das Original?
Helga König: Gibt es über die Jahrhunderte hinweg Gemeinsamkeiten, was die Motivation dieser Kreatoren anbelangt, ihr Fachwissen und ihre Fähigkeiten auch Helleborus zu widmen?
Christine Becker: Ich vermute als gemeinsames Anliegen die Liebe für, Achtung vor und Beschäftigung mit der Natur. Wie nützlich und überlebensnotwendig war uns zu jeder Zeit der menschlichen Entwicklung die Natur, wie wurde mit den Pflanzen umgegangen - denken wir an Tulpen, die einst so wertvoll waren wie ein Haus. Helleborus wurde zumeist als Kräuterpflanze wert geschätzt. Dies wiederum entstand durch die Überlieferungen aus der Antike.
Dioskorides beschrieb eine vielleicht passende Pflanze. Es benötigte viele Jahrzehnte wenn nicht gar Jahrhunderte, dieser Pflanze den rechten Namen zu geben. Der Trivialname "Christrose" war sicherlich im Volk bekannt. Man suchte stets zunächst nach dem Nutzen, bevor man zu den gestalteten Luxus-Gärten überging. Es war die Frage der Zurodnung, ob diese Pflanze beachtet wurde oder nicht.
Basilius Besler überließ ihr einen Platz in seinem Repräsentationsgarten in #Eichstätt. Wilhelm Weinmann orientierte sich an einem überlieferten Herbarium.
Helga König: Können Sie den Lesern kurz etwas über den Ausdruck der Pflanze vermitteln, wenn sie als Kupferstich visualisiert worden ist?
Christine Becker: Nicolas Robert, Tobia Aldini und Abraham Bosse sowie Loius de Chatlllon zur Zeit des Sonnenkönigs in Frankreich (ab S. 86) porträtierten diese Pflanze in Abbildungen, die bis in die Gegenwart unübertroffen bleiben. Sie entstanden durch die großzügige Förderung König Ludwig XIV., Denis Dodart leitete das Projekt, was selten veröffentlicht ist bis heute. Zu verschiedenen Zeiten gab es verschiedene Ansprüche. Immer wieder sah man die Pflanze aus anderem Blickwinkel. Mich persönlich beeindruckt jedes einzelne Blatt auf seine Weise.
Helga König: Worin unterscheidet sich eine Kupfersticharbeit von einer Lithografie in Punktmanier konkret bei Helleborus-Darstellungen?
Christine Becker: Der Unterschied erklärt sich aus den handwerklichen Techniken, die diese oder jene Möglichkeit erlauben. In der Punktmanier sind feine, subtile Übergänge von Licht und Schatten möglich. Im Kupferstich sind einzelne Eigenheiten der Pflanze besser darstellbar. Parallel zu der Entwicklung der Abbildungstechniken verlief die Entwicklung der spezielleren Beobachtung aufgrund der Anforderungen der Wissenschaft. Reichte es um 1500 vielleicht noch aus, einen vereinfachten Habitus mit einem derzeit möglichen Holzschnitt zu zeigen, ging ist um 1700 viel mehr darum, winzige Details zu beschreiben. Parallel gab es dazu dann bessere technische Möglichkeiten. John Hill´s Darstellungen der Wurzeln mit einem Kupferstich waren um 1500 sicherlich nicht denkbar.
Helga König: Können Sie sich vorstellen, dass in der Folge Ihres Buches eine Ausstellung der Werke, die in Ihrer Publikation abgebildet sind, in einem Pflanzenkunde-Museum einem kunst- und pflanzenkundeinteressierten Publikum nahe gebracht werden könnten und welche Bereicherung könnte dies für das Pflanzenkunde-Museum darstellen?
Christine Becker: Das kann man sich durchaus vorstellen, für ein interessiertes Publikum sicher eine Bereicherung. Viele der Abbildungen sind bisher nicht gezeigt worden. Manche Abbildungen werden in Museen aufbewahrt wie z.B. im Louvre, allerdings nicht generell in den Ausstellungen. Die Abbildungen sind also bewahrt, aber oft nicht veröffentlicht.
Helga König: Planen Sie, Vorträge zu diesem Buch zu halten oder es im Rahmen einer Talkshow im Fernsehen vorzustellen? Welche Vorteile hätte dies für Zuhörer haben?
Christine Becker |
Helga König: In Zeiten vermehrten ökologischen Bewusstseins, das auch immer ein Bewusstsein der Vergänglichkeit allen Seins ist, sind Bücher wie "Helleborus 1485- 1905" auch ein Appell sorgfältiger mit der Natur umzugehen. Gibt es Protagonisten in Ihrem Buch, die dies besonders eindringlich vermitteln?
Christine Becker: Viele der Verleger, Künstler und Handwerker beschäftigten sich durchaus mit dem Umgang der Natur. Ein Beispiel ist der Botaniker Jean Henri Jaume Saint-Hilaire, der sich um die Wiederherstellung der Wälder bereits 1827 bemühte. Er und andere Wissenschaftler schlugen Reformen vor, wodurch die Regierung die Anpflanzung von Bäumen an den Straßenrändern, also Alleen, veranlasste. Gleichzeitig versuchte er, färbende Pflanzen statt Chemie einzusetzen. Es gibt weitere Kreative mit naturfreundlichen und in ihrer Zeit innovativen Ideen - bedauerlicherweise scheiterte manch ein Versuch in den vergangenen Jahrhunderten.
Helga König: In Ihrem Werk findet man auch die Namen vieler Apotheker und Ärzte, so etwa auch den Namen von William Woodville. Welches Anliegen hatte dieser Arzt und weshalb werden die historischen Illustrationen von Helleborus in seiner Publikation "Medical Botany" heute am häufigsten benutzt?
Christine Becker: William Woodville war Arzt und Botaniker. Die Zeichnungen, die zum Teil von James Sowerby gefertigt wurden, sind vereinfachende Darstellungen mit schnellem Wiedererkennungswert. Als Arzt beschäftigte sich Woodville mit der Erforschung eines Medikamentes gegen Pocken. Edward Jenner kam ihm zuvor. Nach verschiedenen Kontroversen schloss Woodville sich den Vorschlägen Jenners an, der die moderne Schutzimpfung gegen Pocken entwickelte. Diese Darstellungen werden heute daher häufig benutzt, weil sie auf einfachem Weg zur Verfügung stehen. Die vielen überlieferten Abbildungen von Helleborus hingegen sind weitaus vielfältiger.
Liebe Christine Becker, ich danke Ihnen herzlich für das aufschlussreiche Interview.
Ihre Helga König
Im Fachhandel ist das Buch erhältlich unter der ISBN Nr. 978-3-00-049810-7
Onlinebestellung hier: Helleborus 1485-1905
Onlinebestellung hier: Helleborus 1485-1905
Website von http://www.kunstgalerie.ws/de/2978/
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