Lieber Herr Prof Dr. Egg, dieser Tage habe ich Ihr Buch "Die_unheimlichen_Richter" auf "Buch, Kultur und Lifestyle" rezensiert. Heute nun möchte ich Ihnen einige Fragen dazu stellen.
Hier die der Link zur Rezension:"Die unheimlichen Richter - Wie Gutachter die Strafjustiz beeinflussen"
Peter J. König: Damit unsere Leser einen persönlichen Eindruck Ihrer Kompetenz bekommen, Herr Professor Dr. Egg, wie sieht Ihre berufliche Vita aus, und warum haben Sie sich gerade der Kriminalpsychologie verschrieben?
Prof. Dr. Rudolf Egg © Kriminalogische Zentralstelle Wiesbaden |
Prof. Dr. Rudolf Egg: Das Studium der Psychologie habe ich in Erlangen absolviert. Damals allerdings hatte ich Kriminalpsychologie noch nicht im Fokus. Der Zufall wollte es, dass nach meinem Diplom meine erste Tätigkeit sich mit Strafvollzug befasste. Dies war ein glücklicher, spannender Umstand, der meine Neugierde erweckte und mich Schritt für Schritt immer intensiver in diese Materie einarbeiten ließ.
Peter J. König |
Peter J. König: Sie verweisen in Ihrem Buch darauf, warum es so wichtig ist mit der nötigen Unvoreingenommenheit, Aufmerksamkeit und Menschenkenntnis bei Gutachten im Justizwesen zu agieren, ist so etwas erlernbar, oder hilft da nur ausreichende Praxis, und wie sieht eine solche Herangehensweise für den Berufseinsteiger aus?
Prof. Dr. Rudolf Egg: Entscheidend ist das offene Interesse für Menschen, sich selbst mit eingeschlossen. Die Praxis lässt den Gutachter seine Ergebnisse gewiss optimieren.
Peter J. König: Angenommen Sie begutachten einen Angeklagten, gilt dabei auch für Sie der Rechtsgrundsatz "In dubio pro reo", wenn z. B. Zweifel aufkommen, wie die Persönlichkeit des Probanden einzuschätzen ist?
Prof. Dr. Rudolf Egg: Es geht dem Gutachter nicht um den Rechtsgrundsatz "In dubio pro reo" wie bei der juristischen Wahrheitsfindung. Es geht stattdessen darum, beispielsweise zu ermitteln, ob ein Verurteilter wirklich entlassen werden kann. Bei Restzweifeln entscheidet der Gutachter zu Gunsten der Allgemeinheit.
Peter J. König: Halten Sie die Praxis des Gutachtens in unserem Rechtssystem für ausreichend, oder können Sie sich vorstellen, das Neuerungen, Ergänzungen und erweiterte Herangehensweisen möglich sind, die dann vielleicht eher Fehlurteilen vorbeugen würden?
Prof. Dr. Rudolf Egg © Kriminalogische Zentralstelle Wiesbaden |
Prof Dr. Rudolf Egg: Die Praxis des Gutachtens zeigt, dass wir auf einem guten Weg, aber noch nicht am Ende angelangt sind, sondern Verbesserungen stets wünschenswert bleiben und angestrebt werden.
Peter J. König: Eine Rechtsprechung kann nur so gut sein, wie die Menschen, die damit umgehen. Dies gilt sowohl für Richter, Anwälte, aber auch für Gutachter, gerade dann, wenn sie einen nicht unbedeutenden Einfluss auf die Entscheidung des Richters haben können. Wie weit ist gewährleistet, dass der bestellte Gutachter die nötige Objektivität an den Tag legt, und was passiert, wenn dies offensichtlich nicht der Fall ist?
Prof. Dr. Rudolf Egg: Hausgutachter halte ich für problematisch. Es geht nicht darum, den zu nehmen, der am raschesten ein Gutachten erstellt, sondern darum, den zu bestellen, der für einen konkreten Fall am qualifiziertesten erscheint. Damit dies gewährleistet ist, ist es notwendig, dass zwischen Gutachtern und Richtern Fachgespräche stattfinden und auch Wert auf Fortbildung gelegt wird.
Peter J. König |
Peter J. König: In Ihrem Buch legen Sie sehr anschaulich dar, wie schwierig es sein kann, einen Menschen zu durchschauen, ihn tatsächlich zu beurteilen, hat dies unbedingt etwas mit der jeweiligen Intelligenz zu tun, oder gibt es auch andere Kriterien, die so etwas befördern?
Prof. Dr. Rudolf Egg: Es geht mir weniger darum einen Menschen zu durchschauen, sondern mehr darum, sein Verhalten zu verstehen und daraus dann entsprechende Schlüsse zu ziehen.
Peter J. König: Wie weit spielen eigentlich die Medien eine Rolle beim Erstellen eines Gutachtens, wenn wie bei Mollath und noch mehr bei Kachelmann derartige Infiltration seitens der Presse und des Fernsehens stattfindet, dem sich auch der Kriminalpsychologe wohl kaum ganz entziehen kann?
Prof. Dr. Rudolf Egg: Medien spielen in der Regel bei Gutachten keine Rolle, weil, wenn überhaupt, nur die regionale Presse bei vorzeitiger Entlassung eines Verurteilten ihre Leser informiert. Anders ist dies bei Promis, da können Medien durchaus Einfluss nehmen, dessen muss sich ein Gutachter bewusst sein.
Peter J. König: Werden unsere Richter eigentlich genügend psychologisch geschult in ihrer Ausbildung, damit sie auch selbstständig im Strafprozess eine gewisse Einschätzung der beteiligten Personen vornehmen können?
Prof. Dr. Rudolf Egg: Leider nicht. Möglich ist lediglich an manchen Unis im Rahmen des "Studiums Generale" Kriminalpsychologie zu belegen oder sich später entsprechendes Wissen in Akademien anzueignen.
Peter J. König: Wird im deutschen Strafprozess, ihrer Meinung nach zu viel oder zu wenig Wert auf das Urteil eines Gutachters gelegt und warum?
Prof. Dr. Rudolf Egg © Kriminalogische Zentralstelle Wiesbaden |
Prof. Dr. Rudolf Egg: Beides ist möglich. Generell aber gilt, dass der Gutachter nicht die Aufgabe des Richters übernimmt. Er hilft ihm nur bei der Wahrheitsfindung.
Peter. J. König: Könnte eigentlich auch ein entsprechend programmierter Computer ein Gutachten erstellen, wenn man ihm die nötigen Daten eingibt, oder mangelt es da etwa an Erfahrung und Intuition?
Prof. Dr. Rudolf Egg: Bislang noch nicht. Zwar kann der Computer bei Testauswertungen helfen, aber den Gutachter nicht ersetzen. Was die Zukunft bringt, ist noch nicht abzusehen.
Lieber Prof. Dr. Egg, ich danke Ihnen für das aufschlussreiche Interview.
Ihr Peter J. König
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