Dieses Blog durchsuchen

Helga König und Peter J. König im Gespräch mit Wilhelm Weil, Gutsdirektor des VDP-Weinguts Robert Weil

Lieber Herr Weil, dieser Tage haben wir drei Ihrer Weine auf "Buch, Kultur und Lifestyle" vorgestellt. Nun möchten wir einige Fragen zu Ihrem Weingut und den Weinen an Sie richten. 

Hier die Links zu den Weinbesprechungen: 

Peter J. König:  Wodurch zeichnet sich der Riesling im Rheingau, aber besonders in den gutseigenen Lagen des Weinguts Robert Weil aus? 

 Wilhelm Weil, Gutsdirektor,
Weingut Robert Weil
Wilhelm Weil:  Rheingau und Riesling sind unzertrennbar! Rheingau ist Riesling und Riesling ist Rheingau! Das Rheingau hat weltweit den höchsten Rieslinganteil und dies auch gerade deshalb, da die Rebsorte hier perfekte Anbaubedingungen findet. Auf einer Länge von nur 35 Kilometern verändert der Rhein seine Flussrichtung, aufgehalten durch das Taunusgebirge, von Süd nach Nord zu Ost nach West. Dadurch haben wir hier im Rheingau, am Fuße des Taunusgebirges, perfekte Rieslinghänge mit Südwest-Ausrichtung. So hat nicht nur die Landschaft etwas Aristokratisches und Erhabenes, sondern gleichermaßen die Rieslinge, die hier im Rheingau wachsen. Und je höher wir in den Hang kommen, desto karger wird der Boden, und die geernteten Trauben sind klein und geschmacksintensiv. Der Phyllitboden unserer Kiedricher Berglagen gibt unseren Weinen ihr eigenes Gesicht und Profil. Sie präsentieren sich mit fester Struktur, gehaltvoll, aber zugleich auch elegant und fein, immer mit gutem Zug und einer salzigen Mineralik kombiniert mit einer feinen Säure, die die Weine strahlen und vibrieren lässt. 

Helga König: Die Geschichte des Weingutes, geprägt durch Ihren Urahnen Dr. Robert Weil ist faszinierend. Welche Philosophie liegt dabei zugrunde? 

Wilhelm Weil:  Es gilt Tradition und Moderne bestmöglich zu verbinden. Die Tradition soll nicht verstauben, vielmehr soll sie gepflegt, aber auch von jeder Generation fortgeschrieben werden. Um seine Wurzeln zu wissen, ist wichtig. Dabei auch die Arbeit seiner Vorfahren wert zu schätzen, ist eine Selbstverständlichkeit. Und trotzdem soll jede Generation - sie hat geradezu eine Verpflichtung dazu - auch ihre eigenen Fußstapfen hinterlassen.

Peter J. König:  Wollten Sie schon immer in die Fußstapfen Ihrer Vorfahren treten und wie haben Sie dies bewerkstelligt? 

Wilhelm Weil:  In einem Weingut ergibt sich das so. Schon mit vier wollte ich mit meinem Vater mit dem Jeep raus in die Weinberge. Im Herbst 1971 habe ich als Achtjähriger dann erstmals stundenweise gegen harte Deutsche Mark bei der Weinernte mitgeholfen und gleich das Glück gehabt, bei der Ernte einer der Spitzenjahrgänge des letzten Jahrhunderts dabei gewesen zu sein. Aber der 1971er Jahrgang sollte dann im Jahr 1973 noch eine besondere Bedeutung für mich erlangen. Da war die 7109 - das neunte Fass aus dem Jahrgang 1971 - eine Kiedricher Gräfenberg Riesling Spätlese. Dieser Wein war über den gesamten Sommer 1973 mein absoluter Favorit. Fast täglich probierte ich heimlich einen kleinen Schluck dieses Weines aus dem Probenkühlschrank. 

Die A.P.Nr. 34 003 006 72 habe ich ebenfalls noch fest in Erinnerung. Auch wenn ich das als 10jähriger damals noch nicht so begriffen habe, so war dies rückblickend doch sehr prägend für meinen Weg zum Winzerberuf. Nach der Schulzeit und vor dem Studium der Önologie und Betriebswirtschaft, stand dann eine fundierte Winzerlehre. Arbeiten will gelernt sein! Und ich hatte eine harte Lehrzeit, aber auch eine gute und schöne Lehrzeit. Von meinem Lehrherren, Franz Hubert, habe ich das Weinmachen - das Handwerk von der Picke auf gelernt. Er hat mich gelehrt, mit geringsten Mitteln, d. h. ohne Technik-Wahn, bei begrenzten Erntemengen, im Einklang mit der Natur authentische Weine zu erzeugen. Dafür möchte ich ihm danken!

Helga König:  Rieslinge vom Rhein hatten um 1900 einen extrem hohen Stellenwert, ähnlich wie die Weine aus Bordeaux und sollen dabei noch mehr gekostet haben. Nach einer Jahrzehnte langen Flaute ist Riesling weltweit wieder auf dem Vormarsch, was die Beliebtheit angeht. Haben Sie ähnliche Erfahrungen gemacht, oder sind Sie von der Entwicklung verschont geblieben? 

 Panorama Gräfenberg und Turmberg
Wilhelm Weil:  Ja, richtig, um 1900 wurden deutsche Rieslinge in aller Welt zu höchsten Preisen gehandelt. Sie waren oft um ein Vielfaches teurer als die Gewächse des Bordeaux. Es war die große Zeit des Rieslings von Rhein und Mosel. Die Weine genossen weltweit höchste Reputation. Sie wurden an den europäischen Königs- und Kaiserhäusern ebenso getrunken wie in der prosperierenden Welt des Bürgertums. Gerade einer Achse entlang von St. Petersburg, über Wien und Prag, nach Berlin, Paris und London wurden die Rieslinge aus Deutschland gefeiert - kein Grandhotel dieser Metropolen, das nicht die edelste aller Weißwein-Rebsorten führte. So belieferten wir von Weingut Robert Weil das deutsche Kaiserhaus, das österreichische Kaiserhaus, das russische Zarenhaus und auch das englische Königshaus. 

Ein Gräfenberg-Riesling aus dem Jahre 1893 hatte Weingut Robert Weil über die Grenzen des Rheingaus hinaus bekannt gemacht. Es war eine Auslese aus dem Kiedricher Gräfenberg, die das Wiener Hofwirtschaftsamt im Jahre 1900 mit 800 Flaschen zu einem Flaschenpreis von 16 Goldmark erwarb. Dies war für die damaligen Kaufkraftverhältnisse ein geradezu berauschender Preis, auch wenn die Rieslinge des Rheingaus zu dieser Zeit ohnehin die teuersten Gewächse der Weinwelt waren. Mit dem Grauen des 1. und 2. Weltkrieges und der gesamtgesellschaftlichen Folgen, aber auch durch maßgebliche Fehler der Weinbrache in den folgenden Jahrzehnten, erlitt der deutsche Wein einen großen Imageverlust. Davon war natürlich auch Weingut Robert Weil betroffen. 

Um 1985 war dann der Image-Tiefstpunkt des deutschen Weines erreicht. Allerdings durch das Bodenfinden ging es dann auch wieder für die qualitätsorientierten Winzer steil nach oben, und heute steht der deutsche Spitzenweinbau wieder prächtig da. Und trotzdem stellen wir stets demütig fest, dass wir auf einem ständigen Weg der Suche nach bester Wein-Qualität sind. 

Peter J. König:  Seit wann ist das Weingut Robert Weil Mitglied im Verband der Prädikatsweingüter, und hat die Mitgliedschaft Veränderungen mit sich gebracht? 

Wilhelm Weil:  Da Weingut Robert Weil Gründungsmitglied des heutigen VDP 1910 war, können wir schon in Anspruch nehmen, mit einigen anderen Kollegen deutsche Spitzenwein-Geschichte mitgeschrieben zu haben. Und auch in den letzten zwei Jahrzehnten und heute sind wir federführend mit dabei. Man kann nicht nur nehmen wollen, sondern man muss auch geben. Und so ist mir die aktive Mitarbeit im VDP sehr wichtig.

Helga König: Die Prämierungen Ihrer Weine sind beeindruckend, wie schaffen Sie es mit jedem Jahrgang immer wieder Top zu sein? 

Wilhelm Weil: Wir geben stets unser Bestes, versuchen es bei jedem Jahrgang noch etwas besser zu machen, dabei uns aber nicht von einem falschen Ehrgeiz leiten zu lassen. Endgültig können wir nur das natürliche Potenzial unserer Weinberge zu nutzen versuchen, niemals können wir aber darüber hinaus arbeiten. Und bei allem Engagement sollten wir dies immer im Einklang mit der Natur tun. 

Peter J. König: Wie sieht es mit der Nachhaltigkeit aus, legen Sie besonderen Wert auf die Weinbergspflege und welche Maßnahmen ergreifen Sie diesbezüglich mit dem Umgang Ihrer Weine?

Wilhelm Weil:  Nachhaltigkeit ist uns im Weingut Robert Weil absolut wichtig. Leider ist der Begriff Nachhaltigkeit die letzten Jahre oftmals in unserer Gesellschaft überstrapaziert worden, da sich jeder gerne damit geschmückt hat. Wenn aber eine Branche Nachhaltigkeit für sich in Anspruch nehmen kann, dann der Qualitätsweinbau. Selbstverständlich wird auf Weingut Robert Weil kontrolliert umweltschonend bzw. auch ökologisch im Weinberg gearbeitet, wollen wir doch unsere Weinberge im besten Zustand auch der nächsten Generation übergeben. Ich verstehe mich als Sachwalter, als Glied in einer Kette und freue mich, eine so wundervolle Aufgabe zu haben. Es ist kein Beruf, es ist für mich eine Berufung. Und die Weine sollen der Spiegel unserer Weinberge und unserer Arbeit in diesen sein. 

Helga König: Ihre drei Berglagen um Kiedrich werden durch das besondere Mikroklima im Rheingau befördert, konnten Sie schon klimatische Veränderungen durch die Erderwärmung feststellen und wie wirkt sich dieses gegebenenfalls aus? 

Wilhelm Weil:  Die einzelnen Phasen der Vegetation haben sich natürlich deutlich nach vorne verschoben. Wir beobachten einen viel früheren Austrieb als noch vor einigen Jahrzehnten. Der Übergang vom Winter zum Sommer ist deutlich kürzer geworden, aber auch die Blüte hat sich nach vorne verschoben, ebenso der Reifebeginn und auch die Ernte. Unsere Weinbergsarbeit verändert sich. Wir bereiten unsere Böden auf Trockenstress vor. Es muss genug Humus im Boden vorhanden sein, damit wir die Fähigkeit des Bodens ausnutzen, das Wasser zu speichern. Dabei sind auch die Beschattung der Böden und eine kurz gehaltene Begrünung wichtig. Zudem optimieren wir ständig unsere Laubarbeiten im Weinberg und machen viele zusätzliche Arbeitsschritte, um das Lesegut gesund zu erhalten und eine längst-mögliche Hängezeit der Trauben am Stock zu garantieren. 

Wichtig, die Erntemannschaft muss so groß sein, damit man wirklich schlagkräftig ist, um die Ernte selektiv und auch zügig einzubringen, wenn das Erntewetter es notwendig macht. Und trotz dieser teilweise auch neuen Herausforderungen, keine Generation zuvor konnte in so konstanter Folge Spitzenqualitäten erzeugen wie die heutigen Spitzenwinzer in Deutschland. Und einen Sonnenschirm müssen wir in unseren Weinbergen auch nicht aufspannen. Merklich ist aber, welche Qualitäten gerade in den Rheingauer Berglagen, wie bei uns in Kiedrich, heute möglich sind. Und die nächsten Generationen könnten im Rheingau sogar noch deutlich höher hinaus. Die Welt muss zweifelslos die globale Erwärmung und ihre Folgen in den Griff bekommen, wir sind aber in den nördlichen Weinanbaugebieten und gerade in den Berglagen heute und auch in den nächsten Generationen hervorragend aufgestellt.

Peter J. König:  Daran anknüpfend, haben Sie schon einmal in Erwägung gezogen, sich zukünftig mit dem Kreieren von besonderen Rotweinen zu befassen?

Wilhelm Weil:  Nein! Für mich ist Rheingau und Riesling eine nicht diskutierbare Verbindung. Und deshalb bleibt es auf Weingut Robert Weil auch bei 100 % Riesling. 

Helga König:  Bei so vielen hohen Anlässen auf nationaler und internationaler Bühne, gibt es da auch noch die Gelegenheit im Weingut selbst die Rieslinge zu genießen, sei es auf einer Gutsverkostung oder auf einem Gutsfest, und wenn ja, welche Termine sollte sich der Rieslingliebhaber notieren? 

Wilhelm Weil:  Ich schätze und liebe unsere Rieslinge, ansonsten würde ich sie so nicht an- und ausbauen. Und trotzdem käme ich nicht in Versuchung, diese privat neben den vielen willkommenen geschäftlichen Gelegenheiten zu trinken. Es gibt nämlich so viel große Weine auf dieser Welt, und man lernt den eigenen nur kennen und verstehen, wenn man viele andere getrunken hat. Gäste sind auf Weingut Robert Weil an 360 Tagen im Jahr in unserer Vinothek zur Verkostung immer sehr willkommen!

Lieber Herr Weil, wir danken Ihnen für das aufschlussreiche Interview.
Helga König, Peter J. König

Bitte klicken Sie auf den Link, dann gelangen Sie zum Weingut Robert Weil und können dort Weine bestellen: www.weingut-robert-weil.com






Fotos aus dem Bestand des Weinguts Robert Weil

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen