Liebe Frau Dr. Vollmer, dieser Tage haben wir auf "Buch, Kultur und Lifestyle" drei Ihrer Weine vorgestellt. Heute nun möchten wir einige Fragen zu Ihrem Weingut und den Weinen an Sie richten.
Hier die Links zu den Rezensionen: Weingut Eva Vollmer- 2012 Weißburgunder, trocken
Helga König: Ihr Weingut befindet sich auf dem erweiterten Stadtgebiet von Mainz, allerdings in dem Weinort Ebersheim, der in die Stadt eingemeindet worden ist. Können Sie unseren Lesern hierzu Näheres sagen?
Dr. Eva Vollmer |
Dr. Eva Vollmer: In Mainz selbst gibt es keine Weinberge, Mainzer Lagen im Herzen der Stadt gehören längst der Vergangenheit an. Doch in den meisten umliegenden Stadtteilen floriert der Weinbau. Eben unter anderem im südlichsten und am höchsten gelegenen Stadtteil Ebersheim, der mit 120 Hektar Weinbau über die Hälfte der bestockten Rebfläche von Mainz ausmacht. Bei der Anfahrt sieht man meist nur Felder, da die weiten Lössterrassen in Richtung Mainz fruchtbarsten Ackerboden liefern. Doch man wundert sich, wenn man etwas weiter in Richtung Süden über die Hügelkuppe fährt: Dort türmt sich ein verträumtes Rebenmeer mit gigantischer Aussicht auf, das dem Betrachter nicht nur Entspannung, sondern auch den Blick auf großartige Einzellagen bietet.
Peter J. König: Wurde bei Ihnen in Ihrem Ortsgebiet schon immer Wein angebaut oder hat es eine Entwicklung gegeben, wie Sie sie betrieben haben, weg von der Feldfrucht hin zum Weinbau?
Dr. Eva Vollmer: Der Weinbau in Ebersheim wurde im Jahr 773 erstmals urkundlich erwähnt, über fehlende Tradition kann sich unser Örtchen daher auf keinen Fall beklagen. Doch meist setzten die Betriebe durch die vielfältige Landschaft auf mehrere Standbeine und hatten Ackerbau, Weinbau und Viehzucht unter einem Dach. So auch unser Betrieb, der die Viehzucht mit der Generation meines Opas aufgegeben hat und seit jeher seine Trauben an die örtliche Winzergenossenschaft lieferte. Im Jahr 2007 ging ein Ruck durch die Betriebsstruktur und mein Mann und ich begannen die ersten Trauben selbst zu keltern und eigenen ökologischen Wein zu machen. Den Ackerbau macht jetzt mein Vater und jeder darf auf seinem Spezialgebiet wirken.
Helga König: Damit stellt sich folglich die weitere Frage, wie es mit Ihrem Terroir dort bestellt ist?
Dr. Eva Vollmer |
Dr. Eva Vollmer: Und da ist es wieder dieses „mächtige Wort“ bei dem die Fehlinterpretationen vorprogrammiert sind. Terroir umfasst ohne Zweifel den Boden, ohne ihn wäre Alles Nichts (!), aber was ist mit der jährlichen Witterung, dem Menschen, der Natur, bis hin zum Schicksal? Denn auch die beste Lage der Welt liefert nicht in jedem Jahr zwangsläufig „große Gewächse“ und „erste Lagen“. Das Gesamtpaket entscheidet, ob ein Wein letztendlich in die Riege der Topweine aufsteigen darf und seine Lage ehrwürdig widerspiegelt. Aber unserem persönlichen „Terroir“, wenn Sie damit den Boden meinen, geht es bestens. Wir definieren es nur etwas härter für uns selbst, damit „Terroir“ nicht zur Selbstverständlichkeit wird (siehe Frage zu „Kultweinen“).
Peter J. König: Sind Ihre Entscheidungen bezüglich der Rebsorten flexibel oder sind sie zwingend von der Bodenbeschaffenheit abhängig?
Dr. Eva Vollmer: Für die Burgunder eignen sich perfekt die oberen Löss-Südlagen, Weiß- und Spätburgunder lieben es im warmen und lockern Löss-Kalkgemenge in der Sonne zu baden. Die kühle Brise in den Nächten sorgt für das „knackige Etwas“, sonst würde der Burgunder zum langweiligen „Softy“ verkommen. Unsere Silvaner stehen meist auf tonigem Lehm, was ihnen die nötige Kraft und den verspielten Schmelz verleiht. Riesling und Scheurebe sind bei uns auf Tonmergelböden zu finden, durch die mächtige Kalkadern ziehen. Es entsteht eine explosive Mischung aus Kraft, Eleganz und Mineralität. Meist sieht man einem Weinberg aber schon an welche Sorte sich dort wohl fühlt, am Ende entscheidet immer das Bauchgefühl!
Helga König: Weshalb wollten Sie unbedingt Winzerin werden?
Dr. Eva Vollmer: Ich bin praktisch in den Weinbergen aufgewachsen. Als Kinder waren wir immer bei der Traubenlese mit dabei und wenn die Reben wachsen gibt es für die Familie immer viel zu tun. Aber wir hatten zu Hause neben dem Weinbau ja auch den Ackerbau mit den großen Traktoren und den weiten Feldern, was mich auch schon immer fasziniert hat.
Irgendwann im Leben muss man sich dann entscheiden, welchen Weg man einschlägt und wo die Reise hingeht. Ich bin dann Winzerin geworden, weil ich die intensive Nähe mit dem „Produkt“ Wein mag. Der Wein und die Reben sind wie Hobby und Beruf(ung) in einem: Die harte aber schöne Arbeit im Weinberg, schlaflose Nächte bei einem Unwetter, die „Schätzjen begleiten im Keller bei der Reife, Kreativität und Ideen ausleben bei der Vermarktung, das Strahlen in den Augen der Kunden, wenn der Wein sie begeistert und der Zusammenhalt mehrerer Generationen. Das Leben für und mit dem Wein ist sehr erfüllend!
Eigentlich müsste jeder Winzer sein, weil es kaum einen schöneren Beruf auf der Welt gibt
Helga König: Wo befinden sich Ihre besten Lagen und wie verhält es sich hier mit dem Terroir?
Dr. Eva Vollmer |
Dr. Eva Vollmer: Ebersheimer Hüttberg – schwerer Tonmergel mit Kalkadern (Mineralische Rasse mit betörender Exotik)
Gau-Bischofsheimer Herrnberg – Eingekesseltes Tonmergelmaßiv mit beeindruckendem Mikroklima (der wilde Bursche mit weichen Kern)
Niersteiner Pettenthal –Roter Ton und Sandstein: Rotliegendenes (Steilhang-Riesling mit viel Charme und Charakter. Irre Geschichte: www.pettenthal.de
Seite im Aufbau! )
Peter J. König: Wie kommt es zu einer solch beachtlichen Qualität Ihrer Weine, obschon Sie jetzt erst den sechsten Jahrgang 2012 vorgestellt haben?
Dr. Eva Vollmer: In erster Linie ist es die Konsequenz bei der Qualitätsarbeit im Weinberg, gepaart mit dem Verständnis, das die Natur letztendlich der Chef ist. Ökologischer Weinbau setzt aufmerksame Beobachtung und Selbstschutz der Reben voraus. Wenn diese nicht mit Stickstoff vollgepumpt sind, sondern natürlich versorgt sind, steigt die Individualität der Weine. Im Keller braucht es dann keinen Hexenkessel um Qualität zu produzieren, sondern nur Geduld und viel Bauchgefühl. Ein Wein darf nach meinem Verständnis nicht „gemacht“ werden, so wie man den englischen Begriff „wine maker“ kennt. Authentizität der Weine entsteht dann, wenn der eigene Charakter mit den Weinen verschmilzt und man dabei einen riesen Spaß hat. Trotzdem wächst natürlich die Erfahrung von Jahr zu Jahr unaufhaltsam.
Helga König: Ist Ihr Wein ausschließlich regional zu beziehen oder wird er auch schon in andere Regionen Deutschland verkauft?
Dr. Eva Vollmer: Wir sind in erster Linie im Rhein-Main-Gebiet tätig und sind vereinzelt in kleinen Weinhandlungen quer über Deutschland verstreut zu finden. Der Wein verlässt den Hof aber auch per Versand in alle Himmelsrichtungen. Da sind wir sehr flexibel.
Peter J. König: Können Sie etwas zu Ihren Veranstaltungen berichten, wie z. B. zu dem Marktfrühstück am Mainzer Dom?
Dr. Eva Vollmer: Der Weinausschank auf dem Mainzer Samstagsmarkt ist eine Wahnsinnsveranstaltung der Vereinigung der Mainzer Winzer, bei der wir Mitglied sind. Ein gut gelauntes, genusssüchtiges Weintrinkervolk versammelt sich sehr zahlreich, um gemeinsam mit gutem Wein bei wöchentlich wechselndem Winzer das Wochenende gebürtig einzuläuten.
Weiterhin ist unser kulinarisches Hoffest eine feste Größe in unserem Kalender. Es findet dieses Jahr von 23.-25. August statt. Das vielfältige Programm ist auf unserer Homepage nachzulesen.
Helga König: Wie definieren Sie Ihren Kultwein?
Dr. Eva Vollmer, Foto Volker Oehl |
Liebe Frau Dr. Vollmer, wir danken Ihnen für das aufschlussreiche Interview.
Helga König, Peter J. König
Hier der Link zum Weingut Eva Vollmer: www.evavollmer-wein.de
Kostenfreie Fotos aus dem Bestand von Frau Dr. Eva Vollmer; Fotograf nur in einem Fall bekannt.
Kostenfreie Fotos aus dem Bestand von Frau Dr. Eva Vollmer; Fotograf nur in einem Fall bekannt.
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