Lieber Herr Schuhbeck, vor geraumer Zeit habe ich Ihr neues Buch "Die Schuhbeck-Diät" rezensiert. Dazu möchte ich Ihnen heute einige Fragen stellen.
Helga König: Ein wenig geschockt war ich, als ich las, dass zwischen dem 40. und 65. Lebensjahr jeder Zweite in unserem Land 20 Kilo zunimmt. Verändern diese Menschen ab 40 ihr Essverhalten oder ist es eine Frage des veränderten Grundumsatzes?
Alfons Schuhbeck Foto: Helga König |
Alfons Schuhbeck: Mit zunehmendem Alter verändert sich nicht so sehr das Essverhalten sondern das Bewegungsverhalten und damit auch der Grundumsatz. In der Regel entsteht Übergewicht aus einem Wirkungszusammenhang: Wer sich wenig bewegt, braucht weniger Energie und damit weniger Kalorien. Ein Bergbauer verbraucht 3000 bis 5000 Kalorien mehr als jemand mit weniger kraftraubender körperlicher Tätigkeit. Wer seine Arbeit vorwiegend sitzend verbringt, etwa im Büro, verbraucht damit nur rund 600 Kalorien. Allerdings betreibt nur ein Drittel der Erwachsenen einmal pro Woche Sport. Bei den über 50-Jährigen sogar nur jeder Fünfte. Mit dem Alter baut sich aber Muskelmasse ab, ohne Sport wird dieser natürliche Prozess verstärkt. Muskelmasse verbraucht jedoch die meisten Kalorien. Damit schließt sich der Kreis: weniger Bewegung, weniger Muskelmasse, geringerer Grundumsatz. Wenn man sein Essverhalten diesem niedriger werdenden Kalorienverbrauch nicht anpasst, nimmt man zu.
Helga König: Was verstehen Sie unter nachhaltigem Abnehmen?
Alfons Schuhbeck: Mein Credo ist: Abnehmen ohne den körperlichen Stress einer Crash-Diät und damit Abnehmen ohne den gefürchteten Jo-Jo-Effekt! Als Koch ist mir eines wichtig: Das sanfte Abnehmen mit Genuss, mit frischen Zutaten, die schmecken und das Auge erfreuen. Also Abnehmen mit Lebensfreude! Und das heißt vor allem: Abnehmen, ohne zu hungern! Ich möchte meine Leser motivieren, sich auf gute Lebensmittel zu konzentrieren. Zutaten, die satt machen, ohne viele Kalorien zu enthalten: knackiges Gemüse, fettarmes, wohlschmeckendes Fleisch, frischer Fisch, Milchprodukte, Hülsenfrüchte und nicht zu vergessen: hochwertige Pflanzenöle, die unseren Körper mit wertvollen Vitaminen und Fettsäuren versorgen. Im Grunde geht es um eine sanfte Umstellung der Ernährung und eine sanfte Umprogrammierung des Stoffwechsels – das allmähliche Abschmelzen der Pfunde geht damit einher.
Helga König: Was verstehen Sie unter dem Begriff „Wohlfühlgewicht“?
Alfons Schuhbeck: Die Schuhbeck Diät zeigt einen Weg auf, wie man sich durch eine genussreiche, gesunde Ernährung wieder leichter und damit schwungvoller und tatkräftiger fühlen kann. Und das ohne Gebote und Verbote! Deshalb würde ich auch keine strikte Vorgabe machen wollen, was unter Wohlfühlgewicht eindeutig zu verstehen ist. Das hängt vom Alter ab, von der individuellen Konstitution, vom Geschlecht. Jede Frau, jeder Mann hat eine eigene Vorstellung davon, mit welchem Körpergewicht sie sich wohl fühlen – und damit auch fitter und beweglicher. Denn Beweglichkeit ist wichtig, wenn man sich in seinem Körper gut fühlen möchte.
Helga König: Wie lange schon befassen Sie sich mit dem Konzept der Energiequalität und was macht dessen Besonderheit aus?
Alfons Schuhbeck: Als ich 55 war, merkte ich, dass sich bei mir ein paar Pfunde zu viel angesammelt hatten. Damals begann ich mein regelmäßiges Fitnesstraining. Und ich fing an, mich mit der Energiedichte von Lebensmitteln zu beschäftigen. Ich bin Koch und möchte meinen Gästen und Lesern Freude am Genuss vermitteln. Die Grundlage dafür sind hochwertige Lebensmittel. Damit sind wir beim Prinzip der Energiedichte: Es gibt Lebensmittel, die viel Volumen haben, also gut satt machen und gleichzeitig wenig Kalorien enthalten. Das sind vor allem Obst und Gemüse, sie füllen den Magen und sorgen für rasche Sättigung. Die Energiedichte eines Lebensmittels ergibt sich aus seinem Energiegehalt pro 100 Gramm. Beispiel: 100 Gramm Mortadella haben eine Energiedichte von 3,1. 100 Gramm magerer gekochter Schinken dagegen nur 1,1. Für die Schuhbeck Diät habe ich zusammen mit den Ernährungsmedizinern Dr. med. Michael Adolph und Dr. med. Marc Martignoni für unsere Leser Lebensmittel ausgewählt, die eine hohe Energiequalität aufweisen. Das bedeutet: niedrige Energiedichte plus hoher Gehalt an wertvollen Inhaltsstoffen, z. B. Vitaminen.
Helga König: Weshalb erhöht dieses Konzept nach Ihrer Meinung die Lebensqualität?
Alfons Schuhbeck: Wenn man Lebensmittel zu sich nimmt, die eine hohe Energiequalität besitzen, versorgt man sich mit wertvollen Nährstoffen. Die braucht unser Körper, um gesund zu bleiben. Wenn man sich fit und leistungsfähig fühlt, hat man automatisch mehr Lebensqualität, man bewegt sich mehr, ist unternehmungslustiger, nimmt aktiv am Leben teil. Mein Konzept der Energiequalität bewertet ein Lebensmittel auch nach seinem Geschmack. Und nach der Qualität seiner Nähr- und Vitalstoffe – beste Zutaten sind die Basis für gesundes, genussreiches Essen.
Helga König: Was macht die 56 Lebensmittel, die Sie hervorgehoben haben, zu den nach ihrer Meinung besten Lebensmitteln?
Alfons Schuhbeck: Sie alle enthalten hochwertige Nähr- und Vitalstoffe, Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente. Ich habe Obst- und Gemüsesorten ausgewählt, die hochwertige sekundäre Pflanzenstoffe und Vitamine enthalten. Pflanzenöle und Fischsorten, die unserem Körper wertvolle, mehrfach ungesättigte Omega-3-Fettsäuren liefern. Fleischsorten, die hochwertiges Eiweiß enthalten. Alles Lebensmittel, die gesund sind und schlank machen.
Helga König: Wieso helfen Gewürze beim Abnehmen?
Alfons Schuhbeck: Normalerweise ist Fett einer der am häufigsten verwendeten Geschmacksträger in unserer Küche. Dabei verleihen gerade Gewürze unserem Essen Duft und Geschmack. Sie sind die idealen Begleiter, wenn man mit weniger Fett auskommen möchte. Gewürze und Kräuter enthalten ätherische Öle sowie Vitalstoffe, die auf vielfältige Weise mit dazu beitragen können, den Stoffwechsel zu unterstützen. Ihr Duft und Geschmack hilft auch, mit Salz sparsamer zu sein. Wenn man frische Kräuter über ein Gericht streut, hat man gleich ein paar Vitamine mehr auf dem Teller – ein frisches, würziges Aroma, das den Geschmack hebt. Und ich möchte ja, dass sich meine Leser nicht kasteien! Sie sollen sich mit Genuss und Freude gesund ernähren.
Helga König: Weshalb war es Ihnen wichtig, einzelne Garmethoden näher zu benennen?
Alfons Schuhbeck: Weil man allein schon durch die richtige Garmethode viel Fett sparen kann – und gleichzeitig die wertvollen Inhaltsstoffe in den Lebensmitteln mit hoher Energiequalität erhält. Fettreiche Garmethoden haben sich aber gerade in unserer Zeit sehr eingebürgert – einfach, weil sie vermeintlich so schnell von der Hand gehen: z. B. etwas in viel Fett scharf und schnell anbraten. Ich möchte das Bewusstsein dafür wecken, dass Dämpfen, Dünsten und Blanchieren ganz einfache Garmethoden sind. Sie gehen genauso schnell von der Hand, sind aber bekömmlicher, weil die hochwertigen Inhaltsstoffe dabei nicht zerstört werden. Deshalb habe ich diese Garmethoden in meinem Buch auch Schritt für Schritt und mit Fotos erklärt. Man sieht gleich, wie einfach sie sind.
Helga König: Wieso sollte man frühstücken, wenn man nachhaltig abnehmen möchte, und weshalb sollte ein Frühstück eiweißhaltige Nahrungsmittel enthalten?
Alfons Schuhbeck: Plötzlicher Heißhunger ist der ärgste Feind, wenn man nachhaltig sein Gewicht reduzieren und halten möchte. Man verhindert Heißhungerattacken nur, wenn man sich bei den Mahlzeiten auch wirklich satt isst. Ohne Frühstück aus dem Haus zu gehen, ist ein Garant dafür, dass im Laufe des Vormittags der Blutzuckerspiegel sinkt, und man dieses Schlappheitsgefühl schnell mit etwas Kalorienreichem bekämpfen möchte, zum Beispiel mit Gebäck, das viel Zucker und Fett enthält. Eiweißreiche Nahrungsmittel dagegen machen schnell und nachhaltig satt – und liefern dabei auch noch wertvolle Inhaltstoffe mit hoher Energiequalität. Und wertvolle Energie braucht man ja gerade, wenn man in den Tag startet!
Helga König: Welche Idee steckt hinter den Rezeptvorschlägen, die Kombinationen im Zutatenbereich ermöglichen?
Alfons Schuhbeck: Man nimmt nur dann langfristig ab und kann sein Gewicht halten, wenn man auch Freude am Essen hat. Und das heißt vor allem: Abwechslung auf dem Teller! Die Lust am Kombinieren und Ausprobieren macht ja den Reiz beim Selberkochen aus! Gesunde Ernährung soll Spaß machen. Niemand von uns möchte jeden Tag das Gleiche essen. Deshalb zeige ich Möglichkeiten auf, wie man zum Beispiel mit saisonalen Produkten die tägliche Ernährung bunt und abwechslungsreich gestalten kann.
Helga König: Nehmen Männer mit Ihrer Diät rascher ab als Frauen, und falls ja, weshalb?
Alfons Schuhbeck: Bei unserem Abnehmkonzept gibt es keinen geschlechtsspezifischen Unterschied. Für Männer wie Frauen gilt: Wer abnehmen möchte, muss pro Tag weniger Kalorien aufnehmen, als er verbraucht. Wer sein Gewicht halten möchte, darf so viel Energie aufnehmen, wie er verbraucht. Wer ständig mehr Kalorien zu sich nimmt, als er verbrennt, wird leider zunehmen. Dieses Prinzip funktioniert bei Mann und Frau gleichermaßen. Allerdings gibt es an anderer Stelle Unterschiede: Der Mann versucht im Allgemeinen bei dem Wunsch abzunehmen, den Energieverbrauch zu steigern, indem er seine sportlichen Aktivitäten erhöht und somit den Energieverbrauch anhebt. Frauen wählen häufig einen anderen Weg – sie konzentrieren sich in der Tat auf die „schlanke Küche“, sprich: sie kochen und essen sehr viel bewusster. Für beide aber ist die Kombination aus beidem zielführend: schmackhafte, leichte Küche, plus sportliche Aktivitäten!
Helga König: Wie häufig in der Woche ist eines Ihrer Desserts in der Abnehmphase erlaubt?
Alfons Schuhbeck: Keine Gebote, keine Verbote – das ist eine der Säulen von Schuhbecks Diät. Wir möchten ja, dass unsere Leser genussreich abnehmen und nicht etwa durch Verzicht. Deshalb haben wir bei jedem Rezept die Kalorien angegeben, auch bei den Desserts. Wer sich nach Schuhbecks Diät ernähren möchte, sollte in der Abnehmphase darauf achten, nicht mehr als insgesamt 1500 bis 1800 Kalorien pro Tag zu sich zu nehmen. Dafür braucht man bei der Zusammenstellung des täglichen Speiseplans bei meinen Rezepten nur die Kalorien zusammenzuzählen. So muss man auf nichts verzichten, auch nicht aufs Dessert.
Helga König: Wenn man sein Wohlfühlgewicht erreicht hat und mit Ihren Vorschlägen zum Gewichthalten fortfährt, aber zum Essen ein Glas Wein genießt, muss man dann mit dem Jo-Jo-Effekt rechnen?
Alfon Schuhbeck: Die Schuhbeck Diät verzichtet bewusst auf Verbote – auch ein Glas Wein ist erlaubt, insbesondere während der Stabilisierungsphase. Trotzdem sollte der Kaloriengehalt von Alkohol berücksichtigt werden. Ein kleines Glas Wein (125 ml) enthält rund 10 Gramm Alkohol. Ein Gramm Alkohol entspricht 7,1 Kalorien. Folglich nimmt man schon mit einem kleinen Glas Wein rund 71 Kalorien zu sich. Die muss man bei der täglichen Kalorienaufnahme natürlich mit einrechnen.
Lieber Herr Schuhbeck, ich danke Ihnen allerherzlichst für das aufschlussreiche Interview.
Ihre Helga König
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