Lieber Prof. Dr. Franz Ruppert, vor geraumer Zeit habe ich Ihr Buch „TRAUMA, ANGST und LIEBE“ rezensiert. Dazu möchte ich Ihnen heute einige Fragen stellen.
Helga König: Was darf sich der Leser unter einem Trauma vorstellen?
Prof. Dr. Franz Ruppert Foto aus seinem Bestand |
Prof. Dr. Franz Ruppert: Ein Trauma ist eine Lebenserfahrung, die uns in Stress versetzt, und unsere Stressreaktionen helfen uns dabei nicht, mit der bedrohlichen Situation fertig zu werden. Im Gegenteil: Unsere Stressreaktionen machen die Situation für uns noch bedrohlicher und wir geraten noch mehr in eine Situation von Ohnmacht und Hilflosigkeit. Deshalb müssen wir unser Heil darin suchen, uns innerlich aufzuspalten.
Helga König: Wie kommt es zum Abschalten und Spalten der Psyche als Traumafolge?
Prof. Dr. Franz Ruppert: Weil unsere Stressreaktionen (z.B. Schreien, Weglaufen, Gegenaggressionen zeigen) die Lebensgefahr noch weiter steigern (z.B. weil ein Täter dann noch aggressiver auf uns einschlägt). Die psychische Spaltung ist ein letzter Schutzmechanismus, um zu versuchen, uns das Leben zu retten.
Helga König: Wie kommt es zum Abschalten und Spalten der Psyche als Traumafolge?
Prof. Dr. Franz Ruppert: Weil unsere Stressreaktionen (z.B. Schreien, Weglaufen, Gegenaggressionen zeigen) die Lebensgefahr noch weiter steigern (z.B. weil ein Täter dann noch aggressiver auf uns einschlägt). Die psychische Spaltung ist ein letzter Schutzmechanismus, um zu versuchen, uns das Leben zu retten.
Helga König: Was verstehen Sie unter Angst?
Prof. Dr. Franz Ruppert: Angst ist ein ganz normales Gefühl, das vor Gefahren warnt und uns darauf hinweist, dass wir etwas tun müssen, um der Gefahr zu begegnen oder ihr zu entkommen.
Helga König: Was ist für Sie Liebe?
Prof. Dr. Franz Ruppert: Liebe ist auch ein ganz normales Gefühl, das sich im Verhältnis zu einer Person einstellt, die wir sehr gerne mögen. Die Urform der Liebe ist die Liebe eines Kindes zu seiner Mutter. Daraus entwickeln sich dann alle anderen Formen von Liebe, die wir im Leben eines Menschen vorfinden: Liebe zu einem Partner, Liebe zu Kindern, Liebe zum Beruf ... Ist die Liebe zur Mutter etwas beglückendes, können sich auch die anderen Formen der Liebe gut entwickeln. Ist die Liebe zur Mutter eine verstrickte Liebe, werden in der Regel auch alle anderen Liebesformen zu Varianten von verstrickter Liebe.
Helga König: Wieso lautet der Titel Ihres Buches „TRAUMA, ANGST und LIEBE?
Prof. Dr. Franz Ruppert: Weil beim Symbiosetrauma, dem Urtrauma vieler Menschen, diese beiden Gefühle, Angst und Liebe, nicht mehr richtig unterschieden werden können. Das nenne ich dann eine symbiotische Verstrickung: Wir lieben jemand, vor dem wir zugleich Angst haben - dass er uns in Stich lässt, dass er uns psychisch oder körperlich verletzt.
Helga König: Wie wirken Angst und Trauma zusammen?
Prof. Dr. Franz Ruppert: Jedes Trauma ist mit Todesängsten verbunden, Angst, alleine gelassen zu werden (vor allem von der Mutter) oder Angst zu Tode zu kommen (z.B. umgebracht zu werden, z.B. auch von der eigenen Mutter bei einem Abtreibungsversuch).
Helga König: Was geschieht u.U. mit einem Kind, wenn es eine durch den Krieg traumatisierte Mutter hat?
Prof. Dr. Franz Ruppert: Da gibt es verschiedene Varianten, je nach dem, welche Traumatisierung die Mutter in einem Krieg erlitten hat (Verlust eines Kindes, Verlust des Ehemanns, Bombenterror, Vergewaltigung ...). Es kommt auch darauf an, ob man mit der traumatisierten Mutter zusammen durch den Krieg kommen musste, oder ob man nach dem Krieg geboren wurde. Wer als Tochter eine im Krieg vergewaltigte Mutter hat, spürt z.B. deren Ablehnung von Männern und Sexualität und entwickelt dann vielleicht als Tochter eine sogenannte "Magersucht", weil einen die eigene Mutter körperlich nicht anfassen kann.
Helga König: Wie regiert eine traumatisierte Mutter u.U. im Hinblick auf ihr Kind?
Prof. Dr. Franz Ruppert: Da gibt es verschiedene Möglichkeiten: z.B. emotional distanziert, übergriffig, bedürftig, aggressiv-ablehnend, mal so - mal so, überängstlich und überfürsorglich.
Helga König: Was darf sich der Leser unter dem Begriff „Aufstellungen“ vorstellen?
Prof. Dr. Franz Ruppert: Das ist ein Verfahren, bei dem Menschen sich als sog. Stellvertreter zur Verfügung stellen und die psychischen Zustände eines Patienten während eines therapeutischen Prozesses widerspiegeln.
Helga König: Wie kann man die psychische Gesundheit nach einem Trauma wiedererlangen?
Prof. Dr. Franz Ruppert: Das geschieht in mehreren Etappen. Zunächst muss man erst zu der Erkenntnis gelangen, dass hinter den Symptomen, unter denen man leidet, eine traumatische Lebenserfahrung steckt. Dann muss man bereit sein, sich damit auseinanderzusetzen. Dazu müssen die Patienten in der Regel zuerst ihre Leugnungs- und Verdrängungsstrategien erkennen, hinterfragen und möglichst lockern. Erst dann kann die Begegnung mit den eigenen traumatisierten Anteilen beginnen und es kann dann gelingen, die abgespaltenen Erfahrung wieder in das Gesamt der eigenen Psyche zu integrieren. Dann werden auch die Symptome überflüssig, unter denen wir leiden.
Helga König: Worin sehen Sie die wesentlichen Voraussetzungen für eine gesunde Psyche?
Prof. Dr. Franz Ruppert: Offenheit für die Realität, Abschiednehmen von liebgewordenen Illusionen, Bereitschaft zum Fühlen und zur Übernahme von Selbstverantwortung, gesunde Beziehungen leben und die Hoffnung nicht aufgeben, dass es für die psychischen Probleme Lösungen gibt.
Lieber Prof. Dr. Franz Ruppert, ich danke Ihnen herzlich für das aufschlussreiche Interview.
Helga König
Kostenfreies Foto aus dem Bestand von Dr. Franz Ruppert- Der Fotograf ist mir nicht bekannt.
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