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Peter J. und Helga König im Gespräch mit H. Maleton ( Betriebsleiter des Traditions-Weingutes Bürgermeister Carl Koch)

Sehr geehrter Herr Maleton,  dieser Tage haben wir  drei  ihrer Weine ( 2010 Goldberg Variationen, 2010 Oppenheimer Kreuz Riesling Spätlese trocken, 2010 Oppenheimer Sackträger Riesling Auslese) vorgestellt und möchten Ihnen nun zum "Weingut Bürgermeister Carl Koch" und den von Ihnen dort kreierten Weinen einige Fragen stellen.

Helga König:  Da das Weingut Bürgermeister Carl Koch eine solch lange Tradition hat, ist es interessant zu erfahren, welche Höhepunkte und welche Tiefpunkte dieses Weingut in seinen sieben Generationen erleben durfte, respektive erleben musste.


H. Maleton
Betriebsleiter des Weingutes Bürgermeister Carl Koch
H. Maleton:  Friedrich Koch, der Vater von Carl Koch, kam 1821 als Apotheker nach Oppenheim und erfand 1824 die Extrahierung von Chinin aus der Chinarinde (Malariamittel).

Er erwarb den Rodensteiner Hof, das älteste Gebäude des Anwesens, und gründete die erste Chininfabrik der Welt.

Weinbau war erst ein Hobby und weitsichtige Geldanlage. Bevor es effektive Schädlingsbekämpfungsmittel gab, war Weinbau wegen häufiger Missernten keine Existenzgrundlage. Weinbergskäufe sind ab 1833 belegt.

Carl Koch schloss 1888 die Fabrik, vergrößerte die Weinbergsfläche, sodass dann das Weingut hauptberuflich geführt wurde. Der 1921er Jahrgang war durch Krieg und Inflation nur unter Wert im Fass zu verkaufen, deshalb beschloss die Familie, Weine des großartigen Jahrgangs auf Flaschen zu füllen und als einer der ersten Selbstvermarkter in Ost- und Westdeutschland zu vertreiben.

Peter J. König: Natürlich macht es neugierig bei einem Blick in die Geschichte, welche hochherrschaftlichen Kunden sich in früheren Zeiten bei Ihnen eingefunden haben und welchen Stellenwert „Bürgermeister C. Koch“ im frühen 20. Jahrhundert europaweit hatte?

H. Maleton: Freunde waren hilfreich beim Aufbau des Vertriebs. Da Wein in Gesellschaft getrunken wurde, vergrößerte sich der Kundenstamm durch Weiterempfehlung. So wurde beispielsweise von Juristen des Leipziger Reichsgerichts unsere Weine für große Feste in ostdeutschen Rittergütern empfohlen. Ein Justiziar der Firma Thyssen warb für die Weine bei der deutschen Großindustrie: Thyssen, Krupp, Hoesch, Bremer Vulkan und Oetker. Viele Jahre nutzte die Bayer AG das Weingut als Besuchsprogramm für ausländische Kunden und Mitarbeiter.

Berühmte Gäste des Hauses waren Meta von Salis, Hans Carossa, Max Reger, Winifred Wagner.

Helga König:  Neugierig sind auch alle unsere Leser darauf zu erfahren, wie man zu einer solch berühmten Lage kommt und seit wann der „Oppenheimer Sackträger“ sich im Eigentum des Weingutes befindet?

H. Maleton: Die erste Steigurkunde eines Weinberges im Sackträger stammt von 1882, die nachfolgenden Generationen kauften immer wieder Flächen hinzu. Der letzte Zukauf erfolgte im Jahr 2002. Die Weinberge im Sackträger waren schon immer sehr begehrt und rar. Vor der Flurbereinigung waren die Flächen hier - durch Realteilung - klein und verwinkelt, sodass an einem Punkt bis zu sieben Besitzer zusammenstießen.

Peter J. König: Schildern Sie doch bitte den interessierten Lesern aus anderen Regionen, was den Weinort Oppenheim an sich so besonders sein lässt, wie das Terroir entstanden ist und was dies für Ihre Weine bedeutet?

H. Maleton: Oppenheim liegt an der klimatisch begünstigten Rheinterrasse. Von den fruchtbaren Böden am Rhein steigen hier die Weinberge recht steil empor, bis hoch zur Abbruchkante des Rheingrabens etwa 120 m über dem Rhein. Dahinter beginnt das rheinhessische Hügelland.



Hier im Hang befinden sich die besten Lagen, prädestiniert für hohe Weinqualität.

Die Ausrichtung nach Südost ermöglicht optimale Sonneneinstrahlung. Die Hangneigung ist eine gute Wasserdrainage. Die stark kalkhaltigen Mergel Böden prägen die Weine mit einer nachhaltigen Mineralität.

Diese markante Mineralität gibt insbesondere den trockenen Weinen den typischen Charakter.



Helga König: In den letzten Jahrzehnten hat der deutsche Wein sehr an Bedeutung gewonnen im internationalen Vergleich, speziell bei Rieslingen. Hierbei haben sich einige Regionen hervorgetan, wobei speziell aus Oppenheim nicht so viel zu hören war. Wie ist dies bitte einzuordnen?

H. Maleton: Oppenheim spielte tatsächlich früher eine bedeutendere Rolle.

Der Rhein und die alte Handelsstraße - schon aus römischer Zeit - waren als Verkehrswege wichtige Faktoren für den Weinhandel. Die besonders guten klimatischen Bedingungen an der Rheinfront führten zu frühem Austrieb und hoher Reife des Rieslings. Hochgehandelte Weine gelangten zu Weltruhm, große Weingüter etablierten sich.

Weine aus dem weniger begünstigten Hinterland galten als unreife und banale Massenware.

Möglicherweise hat man sich zu sehr auf diese traditionellen Begebenheiten verlassen, die Nase vielleicht auch etwas zu hoch getragen und letztlich die qualitative Entwicklung der letzten Jahre verpasst. In der Folge haben auch namhafte Weingüter des letzten Jahrhunderts nicht überlebt.

Zudem hat das Verramschen einfacher Süßweinen aus der 1971 gebildeten Großlage „Oppenheimer Krötenbrunnen“ durch Großkellereien dem Image Oppenheims beim Weinkenner nachhaltig geschadet.

Peter. J. König: Als Betriebsleiter geben Sie die Philosophie des Weinmachens vor. Können Sie uns diese einmal näher bringen?

H. Maleton: Grundlage der Entstehung guter Weine sind das hervorragende Terroir unserer Weinberge und deren behutsame Pflege in den letzten Jahrzehnten. Heute wird dieses Bestreben durch die biologische Wirtschaftsweise weiter gefördert.

Letztlich bergen die lesereifen Trauben das gesamte qualitative Potenzial des aus ihnen zu erzeugenden Weines. Mein Ziel ist es, dieses Voraussetzungen optimal auszuschöpfen und unverfälscht auf die Flasche zu bringen.


Von einer - mehr oder weniger konkreten - Idee bezüglich des entstehenden Weines ausgehend, versuche ich dem Wein einen möglichst großen Raum und viel Zeit zur Entwicklung zu geben. Ich sehe mich dabei nicht als Weinmacher, der dem Wein seinen Willen aufzwingt oder Weine erzeugt, die einem exakten Schema folgen.


Helga König: Bitte skizzieren Sie uns doch die Palette Ihrer angebotenen Weißweine und beschreiben Sie den jeweiligen Stellenwert.

H. Maleton: Im letzen Jahr haben wir sehr viel verändert.

Den Einstieg beim Weißwein bilden nun drei trockene, leichte und erfrischend-spritzige Weine mit junger, grüner Ausstattung: Silvaner verde, Kröten-Müller (ein Müller-Thurgau aus dem Oppenheimer Krötenbrunnen) und Weg & Wiese Riesling.

Das traditionelle achteckige Etikett schmückt die Weine aus den renommierten Lagen. Diese klassische Linie ist das Herzstück der Kollektion. Hier finden sich auch die großen Rieslinge aus den besten Oppenheimer Lagen.


Weine die das neue, moderne CK-Etikett tragen, sind außergewöhnliche Spitzenweine, meist im traditionellen Holzfass ausgebaut.

Peter J. König: Da sie ja bestimmt auch Rotweine anbauen, sollten diese, um sie dem Publikum näher zu bringen, einer ausführlicheren Erörterung unterzogen werden. Würden Sie uns etwas dazu sagen?


H. Maleton: Zurzeit werden zwei Rotweine angeboten. Ein recht leichter, fruchtgeprägter St. Laurent und ein gehaltvoller Spätburgunder aus dem Dienheimer Tafelstein. Die Palette an Rotweinen soll künftig weiter ausgebaut werden.

Helga König: Wie wir den veränderten Etiketten entnehmen zu glauben, scheint es Neuerungen im Weingut zu geben. Wohin soll nach Ihrer Meinung die Reise gehen?

H. Maleton: In vielerlei Hinsicht geht die Reise „Back to the roots“!

Für uns bedeutet das eine Rückbesinnung auf traditionelles, handwerkliches Arbeiten.

Im Weinberg angefangen, erfordert die Umstellung auf Bio-Weinbau ein intensiveres Arbeiten mit der Natur und ein deutliches Mehr an Handarbeit.

In Bezug auf die Weinbereitung habe ich beispielsweise auf dem Dachboden eine alte Traubenmühle gefunden, die seit Jahren nicht mehr in Gebrauch war. Mit einem neuen Trichter aus Edelstahl ausgestattet, ist sie wieder zu einem zentralen Baustein in der Verarbeitung unserer Weißwein Trauben geworden.


Viele Investitionen des letzen Jahres zielen in diese Richtung. Um individueller auf einzelne Parzellen eingehen zu können, wurde der Keller um kleinere Tanks erweitert. Auch die Neuanschaffung großer Holzfässer wird für unsere Weine wieder eine größere Rolle spielen. Diese zu pflegen und sauber zu halten, heißt natürlich auch mit der Wurzelbürste in der Hand ins Fass zu krabbeln und schrubben, schrubben, schrubben……

Wenn Sie auf die Etiketten ansprechen, so ist das „erneuerte“, klassische, achteckige Etikett eigentlich das alte. Es entspricht weitestgehend unserem ersten Gutsetikett, entworfen für den Jahrhundertjahrgang 1921. Dessen elegante Schlichtheit lässt sich aber - nach heutigem Weinrecht – nur mit einem zusätzlichen Rückenetikett verwirklichen. Es wird auch in Zukunft unser wichtigstes Etikett bleiben.

Darüber hinaus haben wir aber einfach noch Ideen und Spaß an anderen, vielleicht auch verrückteren Weinen, die zu dieser traditionsreichen Flaschenausstattung nicht recht passen. So entstand beispielsweise das reduziert-moderne CK - Etikett für unsere „Goldberg Variationen - BWV 988“.

Peter J. König: Vor Jahren durften wir uns bei einem Besuch in Oppenheim über das stattliche Anwesen kundig machen. Natürlich würde sich diese Kulisse zu einem prächtigen Weinevent eignen, so wie es bei einigen Weingütern in der Pfalz praktiziert wird. Haben Sie Ähnliches im Sinn oder haben wir eventuell schon Entsprechendes versäumt?

H. Maleton: Sie haben definitiv noch nichts versäumt!

Sicherlich werden wir in Zukunft auch den Garten und andere Räume des Anwesens für Veranstaltungen rund um unsere Weine nutzen.

Es gab in den letzten beiden Jahren vieles neu zu gestalten. Wir wollen aber nichts überstürzen und haben alle Aufmerksamkeit zuerst auf Weinberge und Weine konzentriert. Mit attraktiven Weinen soll eine gute Basis für künftige Veranstaltungen gelegt werden.

Bei „Via Vini“ Oppenheim im Mai und dem Weinfest im August ist unser Hof wieder geöffnet und auch dieses Jahr ein Anziehungspunkt für Weinfreunde.

Lieber Herr Maleton, herzlichen Dank für das aufschlussreiche Interview.

Peter J. und Helga König.

 Weingut Bürgermeister Carl Koch

Bitte klicken Sie auf den Link, dann gelangen Sie  zur Website des Weingutes Bürgermeister
Carl Koch und können dort die Weine bestellen: www.ck-wein.de






















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