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Helga König im Gespräch mit Dr. Georg Prinz zur Lippe

Sehr verehrter Herr Dr. Prinz zur Lippe, dieser Tage habe ich einen Ihrer Weine auf meiner Rezensionsplattform vorgestellt. Dies möchte ich zum Anlass nehmen, Ihnen einige Fragen zu Ihrem Weingut und Ihren Weinen zu stellen.

Helga König:  Sie haben nach der Wende das jahrhundertalte gegenüber dem Meißner Burgberg liegende Weingut Ihrer Familie zurückerworben. Würden Sie kurz etwas über die Geschichte des Weingutes berichten?

Dr. Georg Prinz zur Lippe: Schloss Proschwitz ist Sachsens ältestes privates Weingut. Die Proschwitzer Weinberge waren von der Mitte des zwölften Jahrhunderts bis zur Reformation im Besitz des Bischofs von Meißen. Ein großer Teil der in Sachsen benötigten Messweine kam in dieser Zeit aus dem Proschwitzer Weingut.
Die Familie gehört zu den ältesten Adelshäusern Deutschland. Bis 1918 war sie eines der regierenden Fürstenhäuser und zählte zu den bedeutendsten Unternehmerfamilien in Sachsen. 1945 wurde die Familie vollkommen enteignet und nach dem Aufenthalt in einem Konzentrationslager und verschiedenen Gefängnissen nach Westdeutschland ausgewiesen. In den Jahren ab 1990 kaufte ich das Weingut meiner Familie und im Jahr 1998 nach langjähriger Verhandlung auch den Familiensitz, das Schloss Proschwitz, wieder zurück.

Helga König: Wodurch zeichnet sich das Terroir Ihrer Weine aus?

Dr. Georg Prinz zur Lippe: Der besondere Charakter der sächsischen Weine wird in besonderem Maß durch die unterschiedlichen Bodenarten, der ausgezeichneten südlichen Disposition der Weinberge und dem günstigen Mikroklima des Elbtals gebildet. Das Meißener Massiv bildet einen markanten magmatischen Komplex und ist aus einer Vielzahl beteiligter Gesteinsformationen aufgebaut, wie zum Beispiel Granit und Granitporphyr. Diese können sich schnell erwärmen und geben die gespeicherte Hitze nachts nur langsam wieder ab. Dadurch treten in der bodennahen Luftschicht während der Hauptvegetationszeit nur verhältnismäßig geringe Temperaturunterschiede auf. Dies ermöglicht uns im Anbau ein breites Spektrum unterschiedlicher Reben.

Der fruchtig, elegante Charakter und die feine Mineralität und Tiefe der Weine wird vor allem durch die Kombination aus rotem Granit und einer bis zu 6 Metern mächtigen Lößnehmschicht geprägt, die über ein sehr gutes Wasserhaltevermögen verfügt.

Helga König: Haben Sie mit der Begrünung der Rebanlagen sofort nach dem Zurückerwerb Ihres Weingutes begonnen und was hat diese Maßnahme bewirkt?

Dr. Georg Prinz zur Lippe: Wir haben ziemlich schnell die entsprechenden Geräte wie ein Mulchgerät für die Begrünung besorgt, um Gras gegen die Erosionsgefahr des Bodens auszusähen.

Die vorhandenen Rebanlagen wurden zu DDR-Zeiten meist mit einem Grubber bearbeitet, d. h. der Boden wurde aufgerissen.

Dadurch kommt es zu einem unkontrollierten Wachstum von Wildkräutern und durch den offenen Boden zu Erosionsproblemen. Auch der Humusgehalt nimmt stetig ab und es findet keine Bakterienaktivität statt, sodass der Boden irgendwann biologisch tot ist. Durch die Begrünung konnten diese Gefahren abgewendet werden und die Bodenaktivität und somit der Humusgehalt wesentlich gesteigert werden.

Helga König: In Ihrem Sortiment finden Sich Weine, wie „Elbling“ und „Dunkelfelder“. Welche Rebesorten verbergen sich hinter diesen Begriffen?

Dr. Georg Prinz zur Lippe: Der Elbling ist eine sehr alte weiße Rebsorte, die vermutlich schon von den Römern angebaut worden ist. Sichere Nachweise dazu gibt es aber nicht. In Sachsen hat diese Rebsorte schon eine lange Anbautradition und erste Nachweise finden sich im 17. Jahrhundert. Außer in Sachsen wird der Elbling in Deutschland nur noch an der Obermosel angebaut. Die Sorte war immer als Massenträger verschrien, die nur sehr säurebetonte und aromenarme Weine bringt. Hier im Elbtal findet die Rebe optimale Bedingungen um daraus auch sehr filigrane Weine mit interessanten Nuancen zu erzeugen.

Die rote Rebsorte Dunkelfelder ist eine Neuzüchtung zwischen Färbertraube (Teinturier du Cher) x Blauer Portugieser. Die Kreuzung erfolgte durch Gustav Adolf Froelich. Der Name Dunkelfelder spielt auf die unbekannte Herkunft und die dunkle Farbe an. Die Sorte erbringt tiefdunkle und farbkräftige Rotweine, deshalb wird sie vorwiegend als (Färbertraube) verwendet.

Helga König:  Was unterscheidet Ihren Müller-Thurgau von dem in Verruf geratenen Müller-Thurgau aus Rheinhessen?

Dr. Georg Prinz zur Lippe: Müller-Thurgau wurde in Sachsen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eingeführt und während der DDR-Zeit durch den Ausbau von Flachlagen im Anbau vorangetrieben. Die Rebsorte hat sich auf den Böden hier sehr gut entwickelt und etabliert.

Das Weinbaugebiet Sachsen zeichnet sich durch die besonderen Bedingungen aus, die hier vorherrschen. Da wären die extrem nordöstliche Lage des Anbaugebietes, der Einfluss des kontinentalen Klimas, der stete Wechsel von Tageswärme und Kühle in der Nacht, die Aufeinanderfolge von Sonnenschein, Regen und Wind, die ständig wechselnden Reize und das Bestreben des Rebstocks, sich dagegen zu behaupten. Je langsamer die Natur die Trauben zur Reife führt, desto aromatischer werden sie sein. Die Aromendichte der sächsischen Weine wird durch die sehr geringen Durchschnittserträge pro ha noch verstärkt. Dies kommt besonders auch beim Müller-Thurgau heraus.

Helga König:  Seit wann sind Sie Verbandsmitglied des VDP und was war erforderlich, um Mitglied dieses Verbandes zu werden?

Dr. Georg Prinz zur Lippe: Im Jahr 1996 ist das Weingut Schloss Proschwitz als erstes sächsisches Weingut in den Verband der deutschen Qualitäts- und Prädikatsweingüter aufgenommen worden.

Gründe hierfür waren die konsequente Ausrichtung auf eine kontrolliert umweltschonende Bewirtschaftung, dies bildet die Grundlage für unsere hochwertigen Rotweine, Weißweine und Sekte. Die schonende Behandlung des Lesegutes sowie die anschließende gekühlte und langsame Vergärung der Trauben garantieren eine optimale Extraktion der feinen Aromastoffe.

Das Klassifikationsstatut des VDP definiert die Qualität eines Weines insbesondere nach dem Terroir, der Herkunft in Verbindung mit der Qualität. Die Pflege dieses besonderen Terroirs steht im Mittelpunkt.Auch der Alleinbesitz der Einzellage Schloß Proschwitz, diese war bereits zu Beginn des zwölften Jahrhunderts unter Bischof Benno mit den ersten Reben bepflanzt, ist ein weiterer Grund. Ca. 100 Meter über dem Meeresspiegel gelegen weist die Proschwitzer Lage bis zu 10 % Steigung auf. Die südliche Disposition und die windoffene Lage ermöglichen ein schnelles Abtrocknen der Laubwände/Traubenzone und vermindern somit das Risiko von Pilzbefall erheblich. Gerade die Burgundersorten profitieren in erheblichem Maße von der Bodenkombination aus Löß und Graniturgestein in dieser Lage.


Helga König: Worin besteht der Unterschied zwischen einem „Riesling“ und einem „Goldriesling“?

Dr. Georg Prinz zur Lippe: Es handelt sich um zwei verschiedene Rebsorten, die nur eine Namensverwandschaft gemeinsam haben.

Der Riesling ist eine sehr alte Rebsorte, deren Herkunft nicht ganz genau nachweisbar ist und gehört zu den traditionellen edlen Rebsorten in Deutschland. Schon im 17. Jahrhundert findet man in der sächsischen Weinbau-Literatur Empfehlungen, den Riesling in Sachsen anzubauen. Gerade in den Spitzenlagen können aus dem Riesling hier Weine in hervorragender Qualitäten erzeugt werden.


Der Goldriesling wurde um 1913 aus Colmar im Elsass in Sachsen eingeführt und es handelt sich dabei um eine Neuzüchtung zwischen Riesling x Courtiller Musqué Précoce (Muscat Précoce de Saumur) von dem französischen Züchter Christian Oberlin. Für die vorherrschenden Bodenformationen ist der Anbau des Goldrieslings ideal geeignet und er hat sich zu einer Spezialität in Sachsen entwickelt.


Helga König: Sie bieten ab diesem Monat eine Weißweincuveé „Surprise“ Qualitätswein trocken an. Würden Sie für uns diesen Wein von den Aromen her beschreiben?

Dr. Georg Prinz zur Lippe: Die Weißweincuvée „Suprise“ zeichnet sich durch ein intensives Fruchtbukett in der Nase von weißer Johannisbeere, reifer Stachelbeere und Zitrusnoten wie Limette und Pampelmuse aus. Schon in der Nase kann man die Mineralität spüren. Am Gaumen präsentiert er sich mit einer lebendigen aber gut eingebundenen Säure und die Zitrusaromen finden sich auch hier wieder. Auch die Mineralität ist deutlich spürbar und verleiht dem Wein Tiefe.


Helga König:  Zu welchem typischen sächsischen Gericht würden Sie Ihren Rosé als begleitendes Getränk empfehlen?

Dr. Georg Prinz zur Lippe: Der 2010 Rosé ist geprägt von einer primären Fruchtaromatik von Erdbeeren und Himbeeren in der Nase. Die animierende Säure und der volle Körper verleihen dem Wein eine ausgewogene Struktur und einen angenehm langen Körper am Gaumen. Im Geschmack ist der eher kräftigere Rosé ein idealer Begleiter zu Grillgerichten. Auch gerne mit Fleisch, da er diesem mit seiner würzigen und pfeffrigen Aromatik gut standhalten kann. Aber auch gegrillter Fisch passt sehr gut. Als sächsische Gerichte würde ich Forelle „Kirnitzschtal“ mit einer Füllung von Champignons, Zwiebeln und Kräutern, dazu Petersilienkartoffeln oder Sächsisches Hühnerfleisch empfehlen. Der harmoniert sehr gut mit den würzigen Komponenten in diesen Gerichten und die Fruchtaromen bilden in der Aromatik ein ergänzendes Spiel.

Helga König:  Leider ist Ihr 2009er Schloss Proschwitz Weißburgunder „Großes Gewächs“ bereits ausgetrunken. Was war das Besondere dieses Weins und wie wird der 2010er sich offenbaren?

Dr. Georg Prinz zur Lippe: Unser Anbaugebiet kennzeichnet sich durch ein besonders kühles Klima, dass auf der einen Seite in einigen Jahren zu weinbaulichen Schwierigkeiten durch teilweise extreme Witterungsbedingungen führen kann, auf der anderen Seite aber für die besondere Finesse unserer Weine verantwortlich ist. Strebt man einen auf den ersten Blick vielleicht merkwürdigen Vergleich zwischen dem Burgund und dem sächsischen Elbtal an, so stellt sich schnell heraus, dass sich die Reifeverläufe, abgesehen von den Temperaturen, sehr ähnlich sind.

Zusammen mit den mineralischen Böden und dem Klima stellen unsere Weinberge also ideale Reifebedingungen für Weiss-, Grau-, Früh- und Spätburgunder dar, was die Burgunderkompetenz des Weinguts unterstreicht. Der Weissburgunder GG 2009 steht beispielhaft für einen im klassischen Sinne vinifizierten Burgunder der die feinfruchtige Filigranität unseres Weinmachsens eindrucksvoll widerspiegelt. Anteilig im Holzfass ausgebaut, stellt dieser Weissburgunder die Speerspitze unserer Weissburgunderproduktion dar.

Ein Wein solcher klasse, kann nur in Jahrgängen produziert werden, die es ermöglichen ohne Kompromisse auf höchstem Niveau zu arbeiten.

Der Jahrgang 2010 war deutlich zu kühl und zu feucht um den nötigen Reife- und Gesundheitsgrand des Traubenmaterials erhalten zu können. Es wird also keine GG’s aus dem Jahrgang 2010 aus dem Weingut Schloss Proschwitz geben.

Sehr verehrter Dr. Prinz zur Lippe für das ausführliche und dabei überaus aufschlussreiche Interview möchte ich mich an dieser Stelle herzlich bedanken.

Ihre Helga König.

Bitte klicken Sie unten auf den Link, dann gelangen Sie zum Weingut Schloss Proschwitz.

http://www.schloss-proschwitz.de/








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