Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Zimmermann, vor geraumer Zeit habe ich Ihr "Strategiebuch" rezensiert. Hierzu möchte ich Ihnen heute einige Fragen stellen.
Helga König: Männer wurden in allen Jahrhunderten in strategischem Denken ausgebildet. Waren sie deshalb Frauen gegenüber im Vorteil?
Prof. Dr. Zimmermann: Männer wurden sicherlich in speziellen Strategien bspw. im Militär oder in der Wirtschaft besser ausgebildet, haben aber keinen Bildungsvorsprung im allgemeinen und universalen strategischen Denken. Wettbewerbstrategien mögen männlich und kriegerisch wirken, so wie Vermittlungsstrategien vielleicht als eher weiblich empfunden werden, aber ich sehe keinen Spielraum für geschlechtsspezifische Unterschiede innerhalb der Strategie.
Helga König: Wenn strategisches Denken in all seinen Facetten jedem zugänglich ist, dann bringt es konsequenterweise keine Vorteile mehr. Was heißt dies für Menschen, die weiterhin besonders erfolgreich sein möchten?
Prof. Dr. Zimmermann: Kein Wettbewerbsvorsprung hält ewig. Je gebildeter und kreativer das allgemeine strategische Niveau ist, desto anspruchsvoller wird der Wettbewerb.
Helga König: Sind Bluff und Tabubruch die wahren Erfolgsstrategien in der Werbung?
Prof. Dr. Zimmermann: Sie werden häufig eingesetzt, aber auch Provokation, Selbstähnlichkeit, Anthropomorphisierung und News Value sind beliebte Handlungsmuster in der Werbung.
Helga König: Wenn man bei autoritären Menschen erfolgreich seine Ziele durchsetzen möchte, ist dann das Appeasement am zweckdienlichsten?
Prof. Dr. Zimmermann: Eher nicht. Sir Neville Chamberlain ist mit dieser Strategie gegenüber Hitler-Deutschland, einem sehr autoritären Staat, glasklar gescheitert. Ich würde zunächst fragen, ob diese Ziele mit oder gegen den autoritären Menschen durchgesetzt werden müssen. Eine Spielstrategie wie Tit for Tat könnte besonders geeignet sein.
Helga König: Können Sie mir ein Beispiel nennen, bei dem die Strategie "Teile und herrsche" langfristig keine verbrannte Erde und Frustration des Umfeldes zurückgelassen hat?
Prof. Dr. Zimmermann: Otto von Bismarcks Bündnispolitik. Sein Arrangement, daß "alle Mächte außer Frankreich unser bedürfen und von Koalitionen gegen uns durch ihre Beziehungen zueinander" abgehalten werden, hat Deutschland und Europa 50 Jahre Frieden geschenkt.
Helga König: Sind Menschen, die die "Teile- und herrsche"-Strategie anwenden, im Grunde Schwachmaten?
Prof. Dr. Zimmermann: Keineswegs. Teile und Herrsche ist auch eine wunderbare Analyse-Strategie, mit der ich Teilbereiche komplexer Probleme separieren und nacheinander lösen kann. Die Grenzen des eigenen Herrschaftsanspruches zu erkennen halte ich grundsätzlich für intelligent.
Helga König: Woran kann man die Strategie der Nebenkriegsschauplätze am besten erkennen?
Prof. Dr. Zimmermann: Am besten gar nicht, sofern die Nebenkriegsschauplätze klug gewählt sind, also weder zu abwegig noch zu weit weg vom Zentrum des Geschehens. Wenn man sie erkennen kann, war es keine Strategie.
Helga König: Wie erkennt man, daß jemand mehr zu wissen vorgibt, als er tatsächlich weiß. Wie verhält man sich gegenüber dem Auf-den-Busch-Klopfer? Mit Bluff?
Prof. Dr. Zimmermann: Den Bluffer enttarnt man am besten mit dem Handlungsmuster "Umarmung". Sun Tsu sagt, "umarme Deinen Feind, dann kann er sich nicht bewegen". Außerdem gewährt die Nähe zu jemanden, dem man mißtraut, die beste Beobachtungssituation.
Helga König: Die Strategie der Abschreckung ist ein Spiel mit der Angst. Was ist, wenn der Gegner angstfrei ist?
Prof. Dr. Zimmermann: Abschreckung funktioniert nicht über Angst, sondern über die Kalkulation der Wahrscheinlichkeit von Sanktionen. Auch wenn ich keine Angst vor Sanktionen habe, so reduzieren sie gleichwohl meine Nutzenausbeute. Strategie hat nichts mit Emotionen zu tun, es geht um Nutzen, den ich kalkulieren kann.
Helga König: Wie sehen Sie die Strategie der Häutungen? Führt sie zu besseren Ergebnissen als eine, die auf Drohgebärden etc. setzt?
Prof. Dr. Zimmermann: Häutung ist eine schwache Strategie, die Schadensbegrenzung im Sinn hat. Wer sie wählt, ist nicht in der Position der Stärke und kann auch nicht mehr drohen. Pauschale Antworten in dem Sinne, daß eine Strategie erfolgreicher ist als die andere, kann es nicht geben, weil es auf den Kontext ankommt.
Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Zimmermann, ich danke Ihnen für das erhellende Interview.
Helga König
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Helga König: Männer wurden in allen Jahrhunderten in strategischem Denken ausgebildet. Waren sie deshalb Frauen gegenüber im Vorteil?
Prof. Dr. Zimmermann |
Helga König: Wenn strategisches Denken in all seinen Facetten jedem zugänglich ist, dann bringt es konsequenterweise keine Vorteile mehr. Was heißt dies für Menschen, die weiterhin besonders erfolgreich sein möchten?
Prof. Dr. Zimmermann: Kein Wettbewerbsvorsprung hält ewig. Je gebildeter und kreativer das allgemeine strategische Niveau ist, desto anspruchsvoller wird der Wettbewerb.
Helga König: Sind Bluff und Tabubruch die wahren Erfolgsstrategien in der Werbung?
Prof. Dr. Zimmermann: Sie werden häufig eingesetzt, aber auch Provokation, Selbstähnlichkeit, Anthropomorphisierung und News Value sind beliebte Handlungsmuster in der Werbung.
Helga König |
Prof. Dr. Zimmermann: Eher nicht. Sir Neville Chamberlain ist mit dieser Strategie gegenüber Hitler-Deutschland, einem sehr autoritären Staat, glasklar gescheitert. Ich würde zunächst fragen, ob diese Ziele mit oder gegen den autoritären Menschen durchgesetzt werden müssen. Eine Spielstrategie wie Tit for Tat könnte besonders geeignet sein.
Helga König: Können Sie mir ein Beispiel nennen, bei dem die Strategie "Teile und herrsche" langfristig keine verbrannte Erde und Frustration des Umfeldes zurückgelassen hat?
Prof. Dr. Zimmermann: Otto von Bismarcks Bündnispolitik. Sein Arrangement, daß "alle Mächte außer Frankreich unser bedürfen und von Koalitionen gegen uns durch ihre Beziehungen zueinander" abgehalten werden, hat Deutschland und Europa 50 Jahre Frieden geschenkt.
Helga König: Sind Menschen, die die "Teile- und herrsche"-Strategie anwenden, im Grunde Schwachmaten?
Prof. Dr. Zimmermann: Keineswegs. Teile und Herrsche ist auch eine wunderbare Analyse-Strategie, mit der ich Teilbereiche komplexer Probleme separieren und nacheinander lösen kann. Die Grenzen des eigenen Herrschaftsanspruches zu erkennen halte ich grundsätzlich für intelligent.
Helga König: Woran kann man die Strategie der Nebenkriegsschauplätze am besten erkennen?
Prof. Dr. Zimmermann: Am besten gar nicht, sofern die Nebenkriegsschauplätze klug gewählt sind, also weder zu abwegig noch zu weit weg vom Zentrum des Geschehens. Wenn man sie erkennen kann, war es keine Strategie.
Helga König: Wie erkennt man, daß jemand mehr zu wissen vorgibt, als er tatsächlich weiß. Wie verhält man sich gegenüber dem Auf-den-Busch-Klopfer? Mit Bluff?
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Helga König: Die Strategie der Abschreckung ist ein Spiel mit der Angst. Was ist, wenn der Gegner angstfrei ist?
Prof. Dr. Zimmermann: Abschreckung funktioniert nicht über Angst, sondern über die Kalkulation der Wahrscheinlichkeit von Sanktionen. Auch wenn ich keine Angst vor Sanktionen habe, so reduzieren sie gleichwohl meine Nutzenausbeute. Strategie hat nichts mit Emotionen zu tun, es geht um Nutzen, den ich kalkulieren kann.
Helga König: Wie sehen Sie die Strategie der Häutungen? Führt sie zu besseren Ergebnissen als eine, die auf Drohgebärden etc. setzt?
Prof. Dr. Zimmermann: Häutung ist eine schwache Strategie, die Schadensbegrenzung im Sinn hat. Wer sie wählt, ist nicht in der Position der Stärke und kann auch nicht mehr drohen. Pauschale Antworten in dem Sinne, daß eine Strategie erfolgreicher ist als die andere, kann es nicht geben, weil es auf den Kontext ankommt.
Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Zimmermann, ich danke Ihnen für das erhellende Interview.
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