Lieber Helmut Berger, nachdem wir vor einigen Wochen auf "Buch, Kultur und Lifestyle" ein Interview zu Ihrer Person und Ihrer Arbeit als Weltschauspieler realisiert haben, möchte ich Ihnen heute 13 Fragen zum Thema "Sexualität im Wandel der Zeit" stellen.
Helga König: Was hat Ihnen Sexualität in Ihren jungen Jahren bedeutet?
Helmut Berger: Nach meinem 18. Lebensjahr empfand ich die Sexualität als zu meinem täglichen Leben dazugehörend.
Helga König: Wie haben Sie die sexuelle Revolution in den 1960er Jahren wahrgenommen?
Helmut Berger |
Helmut Berger: Damals lebte ich im "Swinging London". In den Kreisen, in denen ich mich dort aufhielt, wurde Sexualität nicht diskutiert, sondern war bereits gang und gäbe und gehörte zum Alltag wie das Trinken und das Essen.
Helga König: Wie haben von Ihnen begehrte Frauen reagiert, wenn Sie sich zu Ihrer Bisexualität bekannt haben?
Helmut Berger: Diese Frauen waren alle schon sehr aufgeklärt und zum Teil selbst bisexuell. Bisexualität war kein Problem und wurde insofern nicht thematisiert.
Helga König: War das Alter Ihrer Sexualpartner und Sexualpartnerinnen von sekundärer Bedeutung?
Helga König |
Helmut Berger: Sexualpartner und Sexualpartnerinnen unter 18 kamen für mich als junger Mann nicht in Frage und wesentlich ältere Sexualpartner und Sexualpartnerinnen damals ebenfalls nicht. Mein Freundes- und Bekanntenkreis gehörte meiner Altersgruppe an, viele studierten und kamen aus gutem Hause. Man achtete darauf, dass alles korrekt zuging und man respektierte einander, auch in sexueller Beziehung.
Helga König: Hat man in den 1960er Jahren offen über Masturbation sprechen können oder war dies tabuisiert?
Helmut Berger: In jener Zeit war es noch nicht üblich, darüber zu sprechen. Es war noch kein Small-Talk- Thema.
Helga König: Wie haben Sie die Veränderung der Sexualität durch die Pille im Hinblick auf weibliche Sexualpartnerinnen wahrgenommen?
Helmut Berger |
Helmut Berger: Die Antibaby-Pille hat den Mann und die Frau sexuell freier werden lassen. Meine sexuellen Beziehungen zu Frauen damals wurden durch die Pille eindeutig offener. Die Liebesaffären veränderten sich. Sexualität gehörte nun zum Alltagsleben. Frauen verloren die Angst schwanger zu werden. Genau dadurch wurde der Sex freier.
Helga König: Hat es Sie gestört, wenn Ihre Aktbilder aufgrund Ihrer körperlichen Attraktivität sexuelle Begierde bei Betrachtern oder Betrachterinnen ausgelöst haben?
Helmut Berger: Nacktfotos habe ich nur mit sehr guten Fotografen gemacht, konkret mit Helmut Newton und David Bailey, doch auch bei diesen Bildern sieht man meinen Penis nicht. Beschwerden habe ich seitens der Betrachter und Betrachterinnen aufgrund der Fotos keine erhalten. :-))
Helga König |
Helga König: Haben Sie sich jemals als Sexualobjekt empfunden?
Helmut Berger: Nein, niemals.
Helga König: Wie wichtig war und ist Ihnen Augenhöhe in der Sexualität?
Helmut Berger: Natürlich ist die Augenhöhe mit der Sexualpartnerin wichtig. Sie ist die Voraussetzung, dass das Liebesspiel und damit eine "Liaison Dangereuse" beginnen kann. Über Beziehungen, die diese Augenhöhe nicht hatten, habe ich nicht nachgedacht. Für mich waren sie kein Thema.
Helga König: Halten Sie es für notwendig, dass über die Sexualität älterer Menschen gesprochen wird?
Helmut Berger |
Helmut Berger: Wichtig scheint mir, dass verheiratete Paare, die nicht mehr so agil sind, durchaus auch noch ihre sexuelle Beziehung pflegen. Sexualität ist ein Ausgleich in der Ehe. Mir tun ältere Menschen leid, die allein leben. Ich empfinde das als nicht richtig. Alle sollten einen schönen, netten Partner haben, dem man vertraut und mit dem man auch ein Candle-Light-Dinner mit intellektuellen Gesprächen genießen kann und nicht immer nur soziale Abendessen mit Dritten eingehen muss. Dies empfinde ich als grauenhaft.
Helga König: Ist die Darstellung von Masturbation eines älteren Menschen ein Tabubruch, der notwendig ist, um die sexuelle Revolution zu vollenden?
Helmut Berger: Das weiß ich leider nicht. Glaube es auch nicht.
Helga König |
Helga König: Würden Sie älteren Männern zu Viagra raten oder eher empfehlen, dem Alter angemessen, die Sexualität ausklingen zu lassen?
Helmut Berger: Ich empfehle keinem Viagra. Wozu? Ich denke nicht, dass man sexuelle Begierden entwickelt, wenn man körperlich nicht mehr kann. Es sei denn man ist ein Psychopath oder irgendwie provoziert in entsprechenden Clubs, die eigentlich nicht zu typisch europäischen Gepflogenheiten zählen. Sofern man down, also depressiv ist, kann es natürlich sein, dass man von bestimmten Leuten zu Handlungen bewegt wird, die man eigentlich nicht möchte. Wirklich doof finde ich es, wenn alte Männer in den Puff gehen und für Sex zahlen. Solche Männer sind vermutlich sehr einsam.
Helga König: Glauben Sie, dass eine sexuell aufgeklärte Gesellschaft, die Ihre Sexualität nicht unterdrückt, unter Umständen friedlicher sein wird?
Helmut Berger. Darüber habe ich bislang noch nicht nachgedacht.
Lieber Helmut Berger, ich danke Ihnen vielmals für das aufschlussreiche Gespräch
Ihre Helga König
Website von Helmut Berger: https://helmutberger.org/
Foto: Helmut Berger (privat)
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