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Peter Jakob König im Gespräch mit Günther Raupp, Raupp Design GmbH

Lieber Herr Raupp, vor geraumer Zeit habe ich Ihr Werk "The FERRARI Book" auf "Buch, Kultur und Lifestyle" rezensiert. Dazu möchte ich Ihnen heute einige Fragen stellen.

Peter J. König: Was hat Sie bewogen den Weg als Designer und Fotograf einzuschlagen und wie sind zu dazu gekommen? 

 Günther Raupp
Günther Raupp:  Mein Interesse schon als Jugendlicher galt zwei Bereichen, die auf den ersten Blick nicht so nahe zusammen liegen: Automobil-Rennsport und Kunst. Mein Schwerpunkt tendierte mal mehr in die erste oder in die zweite Richtung. Schließlich studierte ich Malerei und Kunstgeschichte auf der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart. Schon während dem Studium hatte ich ca. 30 Ausstellungen meiner Malerei. Doch irgendwann kaufte ich mir eine Kamera und begann, zu fotografieren. Mehr noch: Ich ‚schoss’ gleich durch die Fotografie hindurch und war fasziniert von den Möglichkeiten Audiovisueller Medien. Die Inszenierung projizierter Fotos zusammen mit Tönen und Musik als Gesamtkunstwerk nahmen mich gefangen. Das Glück wollte es, dass ich in einer einzigen Woche im September 1977 in einer Galerie in Stuttgart meine letzte Malerei-Ausstellung eröffnete, am Mittwoch darauf mein Künstlerisches Examen an der Kunstakademie ablegte und am darauffolgenden Samstag die Ausstellungseröffnung eines Audiovisuellen Projektes über Venedig in der Staatsgalerie Stuttgart feiern konnte. Ich war damals grade 25. Klar, ab da war der Wolf von der Kette. 

Peter J. König: Können Sie unseren Lesern etwas zu Ihren ersten selbständigen Aktivitäten danach erzählen? 

Günther Raupp:  Mit der Referenz des Venedig-Projektes in der Staatsgalerie Stuttgart hatte ich natürlich gute Voraussetzungen zum Start als Medienschaffender. Meine ersten Aufträge kamen somit von Unternehmen, die mit ihren Produkten eine große Affinität zu Kunst und Design hatten, wie zum Beispiel Knoll International und Kodak. Oder von Unternehmen, die aus ihrem Wettbewerbsumfeld heraus nach neuen kommunikativen Lösungen suchten wie AEG oder BASF. Meine Positionierung erreichte ich über kreative, visuell attraktive Kommunikationslösungen auf dem Gebiet der Audiovisuellen Medien. Als sich in der Startphase mit FIAT und Porsche auch schon die ersten Automobil-Kunden einstellten, kam dann, wie zu leicht zu vermuten ist, eine Menge Leidenschaft in den beruflichen Alltag. Mit Porsche ging ich dann zuerst den Weg vom Film zur reinen Fotografie, dem andere Kunden folgten. Anders als manche Fotografen-Kollegen, die im Lauf der Zeit auch Filme drehen, kam ich also vom Film zur Fotografie. 

Peter Jakob König: Wie muss man sich Ihre frühe Begeisterung für sportliche Automobile vorstellen und welches Interesse hatten Sie am Rennsport? 

  340 AMERICA, 1951, Palm Beach/Florida
Günther Raupp: Autos und besonders Sportwagen sind für Männer archaische Elemente, deren Wurzeln früher mit Sicherheit bei rassigen Pferden, tollen Segelschiffen oder auch Waffen zu finden waren. Da ich’s aber weder mit Tieren noch mit Wasser und als Pazifist auch mit der letzten Kategorie nicht hab, sind’s für mich Sportwagen. Manche Künstler haben das Automobil als die eigentliche Skulptur des 20. Jahrhunderts bezeichnet. Und zwei Schweizer Originale, der Bildhauer Jean Tinguely und der Formel 1-Rennfahrer Jo Siffert, waren dicke Freunde und sogen die Welt des jeweils anderen mit Begeisterung auf. So hatte der berühmte Bildhauer der grobschlächtigen, teils sich selbst zerstörenden beweglichen Skulpturen einen filigranen 1,5 Liter Lotus Formel 1 Rennwagen in seinem Schlafzimmer stehen... Mich faszinieren die Formen, der Klang und der Geruch von Rennwagen. Mich euphorisiert Beschleunigung, Kurven machen mich geradezu süchtig. Andere tanzen oder schwimmen gerne, ich fahre gerne. Fahren ist für mich Jazz. 

Peter Jakob König: Ferrari ist Ihre absolute Leidenschaft, wie kam es überhaupt dazu? 

  250 California, 1960, Villa d’Este/Lago di Como, Italien
Günther Raupp: Das ist nicht nur meine Leidenschaft. Ein Ferrari ist zunächst das pure Produkt der Leidenschaft seiner Designer und seiner Konstrukteure! Ferrari, das ist die Lust am Extremen, eine Vorstellung von Qualität, die Freude an der Suche und am Willen, über sich selbst hinauszugehen, ohne sich jemals mit dem Erreichten zufrieden zu geben – ja immer noch einen Schritt weiter zu gehen. 

Peter Jakob König:  Sie haben Enzo Ferrari, den legendären Gründer noch persönlich getroffen, wie darf man sich das vorstellen?

Günther Raupp: Nachdem ich ihm ganz mutig meinen ersten, damals noch selbst produzierten Ferrari Kalender sandte, schrieb er mir gleich, dass er sich sehr freut und er mir herzlich dafür dankt. Danach begegnete ich dem großen alten Herrn kurz bei einer Veranstaltung. Beides liegt jetzt die Kleinigkeit von runden 30 Jahren zurück. Doch seine charismatische Persönlichkeit macht bis Heute den Unterschied zu allen anderen Automobil-Unternehmen aus. In meinem Beruf als Werbefotograf hab ich das gesamte automobile Alphabet, von „A“ wie Audi bis „V“ wie Volvo kennen gelernt. Da konnte ich einiges an Management-Stil und -Kultur kennen und schätzen lernen. Doch keines dieser Unternehmen hat einen solchen Granden wie den Commendatore als Galionsfigur. Mit einiger Souveränität, aber auch einem leisen Schmunzeln nannte Ferrari vor 12 Jahren seinen damaligen Spitzensportwagen schlicht „Enzo“. Undenkbar, dass deutsche Traumsportwagen als „Ferdinand“ oder gar als „Gottlieb“ daherkommen! 

Peter Jakob König: Wollen Sie etwas über Ihr letztes Werk, den spektakulären Bildband "The Ferrari Book" berichten?

Günther Raupp:  Der Anlass für „The Ferrarri Book“ ist 2014 jetzt das Erscheinen des 30. Ferrari Kalenders, den ich seit 1984 in einer nie unterbrochenen, kontinuierlichen Folge fotografieren und gestalten durfte. Seit Jahren wird die Zusammenarbeit für den Offiziellen Ferrari Kalender jeweils für lange Zeit vertraglich immer wieder neu abgeschlossen. Eine in der heutigen Medien-Landschaft sicher nicht allzu häufig anzutreffende Qualität der Zusammenarbeit eines so namhaften Unternehmens mit einem Kreativen. So hat mich Verleger Hendrik teNeues nach fünf Jahren zum zweiten Mal eingeladen, ein berauschendes Buch aus meinem umfangreichen Ferrari Archiv zu gestalten. Format, Seitenvolumen und die gesamte Ausstattung des neuen Werks waren noch großzügiger abgesteckt als beim ersten Mal. Aber viel mehr noch: Der Verlag ließ mir vollkommene Freiheit bei der Konzeption und Gestaltung des Buches. Sie haben schlicht das faszinierendste aller Ferrari Bücher erwartet. Und bekommen. Fast 70 Jahre Ferrari Historie, die ich fotografierte. Über 300 Seiten stark im Format 29 x 37 cm mit meist doppelseitigen Bildern, allseits im Anschnitt. Ein Offizielles Ferrari Buch mit Vorwort von Piero Ferrari, dem Sohn des Gründer-Patriarchen, der mir vor 30 Jahren zu meinem ersten Kalender gratulierte. Keine kleine Challenge, ich sagte mir aber, das ist dein Rennen, Raupp. Danke teNeues, Danke allen bei Ferrari!

Peter Jakob König: Neben Ihren phantastischen Bildaufnahmen der "roten Göttin" sind Sie auch am aktuellen Geschehen in der Formel 1 interessiert, und wie fließt dieses in Ihr Schaffen ein?

  F40 GTE, 1996, Kyalami Grand Prix Circuit/Südafrika
Günther Raupp:  Nun, hier bin ich nur Konsument und kein Akteur. Ich geh auch nicht mit der Kamera zu Rennen. Da gibt’s Kollegen, die sich darauf spezialisiert haben, das ist eine andere Sparte. Bei der Formel 1 Berichterstattung im Fernsehen erleide ich unsägliche Qualen, weil das nur flachstes Yellow Press-Niveau hat. Wenn die Roten gewinnen, freu ich mich, weil ich die Leute kenne und weiß, welche Anstrengungen dahinter stehen. Für mich steht aber der Sport im Vordergrund und der hat im Sieg wie in der Niederlage oft auch einigen Witz parat. So freue ich mich auch über Siege manch anderer Teams. 

Peter Jakob König: Wird es demnächst weitere Ausstellungsprojekte geben, ähnlich wie z.B. in Völklingen?

Günther Raupp:  Meine sechsmonatige Einzelausstellung in der Gebläsehalle des UNESCO Weltkulturerbes Stahlhütte Völklingen war ein außergewöhnliches Ereignis. Eine solch spektakuläre Ausstellungs-Location bekommst du nur alle fünf Fotografenleben einmal angeboten. 33.000 Besucher und Presse-Berichterstattung selbst in China! Meine großformatigen Bilder gewinnen zunehmend das Interesse von Kunstsammlern. Ich hab jetzt weitere Ausstellungs-Angebote in Südafrika, Taiwan, Japan und China. Ich denke, richtig organisiert kann das eine Art Ausstellungs-World Tour geben mit meinen Ferrari Bildern. 

Peter König:  Sie kommen gerade von Fotoaufnahmen zum Ferrari-Kalender 2015 aus Florida zurück, wie viele Kunstobjekte dieser Art haben Sie bereits realisiert und wie viel Zeit nimmt ein solches Projekt in Anspruch?

 599 GTB FIORANO, 2008, Marktplatz und Rathaus
von Maranello/Italien
Günther Raupp: Die ca. sechs bis acht historischen Ferrari eines Kalenders werden regelmäßig bei einem oder zwei Shootings in Amerika realisiert. Fahrzeuge, die Locations und das Licht in Californien und Florida sind sichere Voraussetzungen für Ergebnisse, wie ich sie mir vorstelle. Ist ja auch eine Frage des Produktions-Budgets. Da geht neben der normalen Canon Ausrüstung auch die digitale Hasselblad, Licht und Stromerzeugung mit rüber, um am Set notfalls auch auf einer Rennstrecke bei Sonnenaufgang autark produzieren zu können. Die Range aller aktuellen Ferrari Gran Turismo wird dann im Frühjahr noch in Italien fotografiert. Das muß zeitlich alles sehr kompakt passieren, es gibt ja noch mehr zu tun. 

Peter J. König:  Gibt es neben Ihrer absoluten Leidenschaft, alles um das Kultobjekt Ferrari herum noch andere reizvolle Projekte, denen Sie Ihr künstlerisches Schaffen widmen?

Günther Raupp: Da sind natürlich auch Projekte für Jaguar, Porsche, Opel, Volkswagen und viele andere zu nennen. Überraschend vielleicht, daß meine Passion aber auch in eine ausgedehnte Fotoproduktion über den Garda-See, die Philippinen oder eine Food-Kampagne münden kann. Privat gilt meine Leidenschaft der Kunst des Kochens, Jazz Musik, unserem Garten, meinem Renn-Kart und Mountain Bike.

Lieber Herr Raupp, ich danke Ihnen herzlich für das aufschlussreiche Interview.

Ihr Peter Jakob König

Fotos aus dem Bestand von Günther Raupp

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