Lieber Herr Payne, nachdem ich vor wenigen Tagen den von Ihnen herausgegebenen "Gault & Millau WeinGuide Deutschland 2014" rezensiert habe, möchte ich heute einige Fragen zu diesem Weinführer an Sie richten.
Helga König: Können Sie uns etwas über Ihren Werdegang berichten und hier auch, wie es dazu kam, dass Sie zum Herausgeber des "Gault & Millau WeinGuide Deutschland" wurden?
Joel B. Payne; Foto privat Herausgeber des Gault Millau WeinGuide Deutschland 2014 |
Joel B. Payne: Über Jahre hinweg hatte ich Beiträge über Wein mit Armin Diel verfasst, zuerst für Capital und dann später in grösserem Umfang für Alles-Über-Wein. Vor 22 Jahren bat uns dann Johannes Heyne einen Weinführer unter der Marke Gault & Millau herauszubringen. Damals hätten wir niemals zu träumen gewagt, dass der WeinGuide zu einem derartigen Erfolg sich entwickeln würde. Vor vier Jahren hat sich Armin Diel zurückgezogen. Seit dieser Zeit bin ich alleiniger Herausgeber und Chefredakteur.
Helga König: Worin sehen Sie die Hauptaufgabe des Gault & Millau WeinGuide Deutschland?
Joel B. Payne: Da wir vorwiegend für Wein interessierte Leser schreiben, liegt die Hauptaufgabe darin, ein alljährlich aktuelles Bild der Weinlandschaft in Deutschland für Endverbraucher zu zeichnen. Mitunter bedeutet dies Listen der besten Weine zu erstellen, auf besondere Preisleistungsverhältnisse aufmerksam zu machen und Empfehlungen abzugeben, darunter auch für Neuentdeckungen.
Helga König: Welche Philosophie liegt dem Buchprojekt zu Grunde und seit wann gibt es den Gault & Millau überhaupt?
Joel B. Payne: Am 8. November haben wir die 21. Ausgabe in Mainz vorgestellt. Schon seit dem Beginn ging es uns darum, kritisch und unparteilich die deutsche Weinlandschaft zu durchleuchten und den Lesern die guten deutschen Weine näher zu bringen.
Helga König: Nach welchen Kriterien wählen Sie die Tester aus und könnten Sie sich vorstellen, dass zukünftig der Anteil der testenden Frauen etwas größer wird?
Joel B. Payne: Zu Beginn haben Armin Diel und ich den Weinführer allein gemacht. Dabei lag es an uns alleine alle Weine zu verkostet. Damals bei der ersten Ausgabe wurden allerdings nur 283 Güter bewertet. Von Ausgabe zu Ausgabe haben wir Kollegen hinzu gezogen, vor allem diejenigen, die sich in einem Gebiet bestens auskannten, wie eben Frank Kämmer in Württemberg oder Jürgen Mathäß in der Pfalz. Inzwischen verkosten auch vier Frauen für uns.
Joel B. Payne, Foto privat |
Helga König: Den Winzer des Jahres zu finden, ist gewiss keine einfache Aufgabe. Welche Kriterien muss er erfüllen, um grundsätzlich erst einmal eine Chance zu haben, gewählt zu werden?
Joel B. Payne: In der Regel sind es Leuchttürme eines jeden Gebiets, die über die Jahre hinweg regelmäßig hervorragende Weine kreirt haben und im besagten Jahr besonders gute Ergebnisse vorweisen können.
Helga König: Erhöhen sich die Preise der Weine eines Weingutes merklich, nachdem ein Weingutsbesitzer Winzer des Jahres geworden ist?
Joel B. Payne: Dies glaube ich nicht. Wahrscheinlich gewinnen sie wegen der Auszeichnung ein paar Neukunden mehr und haben zudem eine erhöhte Nachfrage von den Altkunden, doch Preiserhöhung können sie nicht einfach so durchsetzen, sondern dies gelingt nur über die Jahre hinweg. Zudem sind viele der Weine schon zum Zeitpunkt der Ehrung bereits ausverkauft.
Helga König: Kommen die Tester bei den Weinbeurteilungen oft auch zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen und was geschieht dann?
Joel B. Payne: Das kann zwar vorkommen, ist aber selten. Wir sind alle relativ gut geeicht, wissen jedoch inzwischen auch, wie die Kollegen verkosten. Ich kann in der Regel sagen, welcher Stil von welchem Verkoster besonders geschätzt wird. Dennoch versuchen wir unsere Vorlieben soweit es geht auszuschalten, um ein möglichst objektives Urteil zu fällen. Da wir zumeist zu Dritt probieren und dies mehrmals durchführen, kommt am Ende ein verhältnismäßig einheitliches Ergebnis heraus.
Helga König: Ihre Verkoster scheinen ja stets ein spezielles Gebiet zu betreuen. Wie darf man sich das konkret vorstellen?
Joel B. Payne: Das ist sehr unterschiedlich. Manche der Gebietsverantwortlichen leben inmitten ihrer Region, sozusagen wie die Maden im Speck, andere allerdings auch nicht. Zudem versuchen wir, in einem gewissen Turnus die Gebiete auszutauschen, damit immer wieder ein frischer Wind durch die Texte weht. Ich selbst bin aber mit meinem Stellvertreter, Carsten Henn, bei allen wesentlichen Verkostungen dabei, also bei den Sichtungsproben, bei regionalen Finalproben sowie bei der Bundesfinalprobe. So können wir einen gleichen Maßstab über alle Gebiete hinweg gewährleisten.
Helga König: Es gibt ja sicher immer auch Winzer, die sich vom Gault & Millau nicht fair beurteilt fühlen. Sprechen Sie vor Abwertungen mit den Winzern, oder stellen Sie diese vor vollendete Tatsachen?
Joel B. Payne: Es kommt nur äußert selten vor, dass wir vor dem Erscheinen des Buchs mit Winzern über ihre Bewertungen sprechen, wohl aber häufig danach. Sollte ich im Laufe der Verkostungen merken, dass ein bestimmtes Weingut in diesem Jahr unerwartet hoch oder niedrig bewertet war, so bestelle ich die Weine teilweise wieder. Manchmal fahren wir anschließend zu einem Weingut, das sich negativ beurteilt fühlt, und dort verkosten wir die Weine erneut.
Helga König: Was wurde verbessert am neuen Gault & Millau?
Joel B. Payne: Jedes Jahr wird, so hoffe ich, einiges verbessert. In diesem Jahr waren es in erster Linie die Buchdeckel. In die vordere Klappe kam die Deutschlandkarte, in die hintere die Jahrgangstabelle. Zudem haben wir die zehn größten Handelskellereien vorgestellt.
Helga König: Wann wird ein Weingut zum Aufsteiger des Jahres und wann hat ein noch unbekanntes Weingut die Chance in den Gault & Millau aufgenommen zu werden?
Joel B. Payne: Wir sind ständig bemüht, neue Talente zu entdecken. Manche Jungwinzer schreiben uns an, auch Leser geben uns Empfehlungen. Wir beobachten ebenfalls unsere Mitbewerber und schauen auf die Ergebnisse anderer Verkostungen. Da wir teilweise direkt in den Anbaugebieten leben, hören wir sozusagen den Wein wachsen. Dabei gibt es jedes Jahr einige Aufsteiger, nur einer von ihnen kann aber Aufsteiger des Jahres werden. Zumeist ist dies dann derjenige, dem es gelungen ist, den größten Sprung in Richtung Gebietsspitze zu machen.
Lieber Herr Payne, ich danke Ihnen herzlich für das aufschlussreiche Interview.
Ihre Helga König
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