Sehr geehrter Herr Prof. Dr. André Niedostadek, heute möchte ich Sie den Lesern von "Buch, Kultur und Lifestyle" vorstellen und aus diesem Grunde einige Fragen an Sie richten.
Helga König: Sie lehren an der Hochschule Harz "Wirtschafts- Arbeits- und Sozialrecht" und betreiben u.a. Twitter-Accounts. Was bezwecken Sie mit den Tweets, die Sie dort setzen und wen möchten Sie erreichen?
Prof. Dr. André Niedostadek Foto aus seinem Bestand |
Helga König: Sind Ihre Studenten über Ihre Internetauftritte informiert und falls ja, wie ist das Feedback?
Prof. Dr. André Niedostadek: Hinweise auf dieses ergänzende Angebot gibt es regelmäßig zum Semesterstart. Vieles spricht sich unter den Studierenden zudem schnell herum. Die Resonanz ist meist sehr positiv, sowohl in persönlichen Rückmeldungen, als auch in den Evaluationen zu den Vorlesungen. Gerade der Bezug zu aktuellen Themen und zur Praxis stößt bei Studierenden offenbar auf reges Interesse.
Helga König: Begreifen Sie sich in Ihrem Tun als Internetaktivist und falls ja, wie sehen Ihre weiteren Pläne im Internet aus?
Prof. Dr. André Niedostadek: Als Internetaktivist sehe ich mich ganz sicher nicht. Da fehlt es schon am nötigen Engagement, selbst die Weiterentwicklung des Internet mit zu gestalten. Insofern liegen die Prioritäten doch anders. Ich sehe mich eher als normaler Anwender, der bestehende Möglichkeiten nutzt – nicht mehr, nicht weniger. Solange das funktioniert, werde ich dabei bleiben. Was weitere Pläne betrifft, würde ich als Beauftragter für Internationales an unserem Fachbereich gern noch etwas genauer ausloten, welche Möglichkeiten sich bieten, länderübergreifend vernetzter zu arbeiten. Bei über 70 Partnerhochschulen, die wir weltweit haben, ist das sicher eine Überlegung wert …
Helga König: Ich habe ein wenig in Ihren Tweets gestöbert und dort sogleich einen anderen Juraprofessor entdeckt und zwar Prof. Dirk Heckmann von der Uni Passau. Er hat den Tweet gesetzt: „Die Sperrung des Internetzugangs ist im Prinzip nichts anderes als digitaler Freiheitsentzug (analog Art. 2 Abs. 2, 104 GG).“ Sehen Sie das genauso und weshalb?
Prof. Dr. André Niedostadek: Ich habe den Tweet „retweetet“, also in der Twitter-Sprache ausgedrückt „weitergeleitet“, weil er ganz pointiert darlegt, welchen Stellenwert das Internet in unserer Gesellschaft inzwischen einnimmt. Ohne geht es nicht mehr. Kurz zuvor hatte übrigens der Bundesgerichtshof, also eines der höchsten Gerichte hierzulande, dem Kunden eines Telekommunikationsunternehmens Schadensersatz zugesprochen, weil der wochenlang ohne Internet dastand.
Helga König: Können Sie sich vorstellen, dass über kurz oder lang eine Twittervernetzung vieler Juraprofessoren mit ihren Studenten möglich ist und zu welchen Ergebnissen könnte das führen?
Prof. Dr. André Niedostadek: Ganz sicher wird sich hier noch vieles rasant entwickeln. Eine stärkere Vernetzung über Twitter und andere Social-Media-Angebote ist sicher denkbar. Ob das so kommt und wohin die Reise gehen wird, darüber lässt sich aber wohl nur spekulieren. Und man muss auch höllisch aufpassen. Die vielen Angebote im Netz verleiten dazu, eine Menge Zeit zu verplempern. Der ganze Social-Media-Hype entwickelt sich angesichts der Informationsflut schnell zu einem unglaublichen Zeitfresser. Da müssen wir uns auch an die eigene Nase fassen, ob wir Studierenden hier eigentlich noch mehr aufhalsen wollen.
Helga König: Können Sie sich ferner vorstellen, über Facebook für Ihre Studenten zur Verfügung zu stehen und wie könnte dort der Dialog gestaltet sein?
Prof. Dr. André Niedostadek: Bei Facebook spielt augenblicklich sicher die Musik. Allerdings gehöre ich wohl zu den wenigen, die mit Facebook nichts am Hut haben – bislang jedenfalls.
Helga König: Wären in Ihren Augen virtuelle Vorlesungen denkbar oder hat man damit bereits begonnen?
Prof. Dr. André Niedostadek: Virtuelle Vorlesungen, etwa als Videostream, gibt es tatsächlich schon, wenn auch vielfach noch als Pilotprojekte. Ein Vorteil ist sicher, zeitlich flexibler studieren zu können, denn der Besuch einer klassischen Vorlesung entfällt letztlich. Diese Flexibilität passt in unsere heutige Zeit. Was derzeit oft noch zu kurz kommt ist die Interaktion zwischen allen Beteiligten, also den Lernenden und Lehrenden. Trotzdem kann es hier sehr lohnend sein, das Internet als interaktives Medium mit einzubinden. Stichworte wie Distant-Lerarning oder eLearning zeigen, dass sich da in Zukunft noch manches bewegen wird, was auch zu begrüßen ist.
Helga König: Sie betreiben u.a. auch den Twitteraccount „rechtsarche“. Was darf man darunter verstehen?
Prof. Dr. André Niedostadek: Rechtsarche war ursprünglich als Hobby gedacht, hat sich allerdings inzwischen zu einem neuen Arbeitsfeld weiterentwickelt. Hier geht es speziell um die Rechtsarchäologie und den Kulturgüterschutz. Gerade das letzte Thema hat starke internationale Bezüge. Es ist sehr spannend, sich dazu mit anderen Interessierten über die Kontinente hinweg auszutauschen.
Helga König: Wie gedenken Sie Ihre Internetaktivitäten als Juraprofessor zu erweitern?
Prof. Dr. André Niedostadek: Weniger ist ja bekanntlich mehr. Anstatt also die Aktivitäten zu erweitern schwebt mir eher vor, das Internet künftig gezielter einzusetzen, etwa im Rahmen von Vorlesungen und Projekten. Das kann durchaus dazu führen, dass bisherige Aktivitäten, etwa bei Twitter, auslaufen. Die Leitlinie ist jedenfalls, dass der Aufwand nicht größer sein darf, als der Nutzen. Und die schon angesprochene Gefahr, sich zu verzetteln ist wirklich nicht zu unterschätzen.
Helga König: Wie viele Tweets planen Sie zukünftig täglich zu setzen und wie soll sich der Inhalt gestalten?
Prof. Dr. André Niedostadek: Ich glaube, da lass ich mich selbst überraschen …
Lieber Herr Prof. Dr. André Niedostadek, ich danke Ihnen herzlich für das aufschlussreiche Interview.
Helga König
Prof. Dr. André Niedostadek, LL.M.
Wirtschafts-, Arbeits- und Sozialrecht
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H O C H S C H U L E H A R Z
University of Applied Sciences
Domplatz 16
38820 Halberstadt
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