Yvonne van Acht Foto: „Copyright Michael Dannenmann“ |
Liebe Yvonne van Acht, nachdem ich vor einigen Tagen die limitierte Künstlerausgabe "Der große Brockhaus in einem Band" rezensiert habe und dort einen Eindruck von Ihrem Werk "Zeitgeist der Philosophen" gewinnen konnte, das den Buchdeckel ziert, möchte ich Sie und Ihre Arbeiten den Lesern von "Buch, Kultur und Lifestyle" vorstellen und deshalb einige Fragen an Sie richten.
Helga König: Wie definieren Sie den Begriff Kunst?
Yvonne van Acht: Mit der Kunst ist es so wie mit der Liebe. Wenn wir auf sie treffen, empfinden wir ein starkes aber undefinierbares Gefühl ganz tief in uns drin und wir wissen in diesem Moment, dass wir etwas sehr Bedeutsamen begegnet sind.
Helga König: Können Sie den Lesern etwas über Ihre Kindheit und ihre Jugend berichten und auch mitteilen, wer Ihr Talent damals gefördert hat?
Yvonne van Acht: Ich bin in der ehemaligen DDR aufgewachsen. Schon früh erkannte man mein Talent und schickte mich auf eine spezielle Malschule. Später in Berlin hatte unser damaliger Kunstlehrer eine Malerklasse ins Leben gerufen, die einmal wöchentlich am Nachmittag zur Verschönerung der Schule beitrug. Als ich in dem kleinen erlesenen Kreis von jungen Malern aufgenommen wurde, war ich überglücklich. Er stellte mich vor größeren Herausforderungen, in denen ich mein Talent beweisen wollte. Ich tat nichts Lieberes als zu malen. Selbst in den Ferien arbeitete ich leidenschaftlich an den Aufgaben und aus Klassenzimmern wurden Ateliers. Von da an wusste ich, dass ich nichts anderes machen wollte als malen.
Mein zweiter Vater, Bert van Acht, ermutigte mich ebenso, diesen Weg einzuschlagen. Unsere intensiven meist philosophischen Gespräche haben mir Mut und Kraft gegeben, diesen besonderen Weg anzutreten.
Helga König: Sie waren mehrfach in Lateinamerika. Was war das Motiv dieser Aufenthalte?
„Der Held und sein Dämon I“
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Yvonne van Acht: Ich musste in die Welt hinaus. Das Reisen gehörte zu meinen sehnlichsten Träumen. An der Kunstakademie in Maastricht (Holland) erkannte ich, dass ich für den Weg als Künstlerin erst mein „Säckchen“ mit Erfahrungen füllen musste. Ich konnte nicht weiter studieren. Also unternahm ich unter anderen eine lange Reise durch Lateinamerika. Mit dem Rucksack reiste ich ein halbes Jahr meist entlang der Panamericana von Argentinien bis Mexiko. Erste Geschichten und Ideen entstanden hierbei. Ich lernte Spanisch und kam so mit vielen Einheimischen in Kontakt.
In Mexiko war ich so sehr gebannt von dem Zauber dieses Landes, dass ich dort fast drei Jahre blieb. Ich eröffnete in San Cristobal de las Casas zusammen mit meinem damaligen Freund ein Restaurant mit einer Cocktailbar und machte Wandmalereien. Ich bekam einen anderen Blick auf Europa, auf Deutschland und auf mich selbst. Das Eintauchen in die mexikanische Kultur, die vielen Begegnungen mit Menschen aus der ganzen Welt, die unzähligen Gespräche und leidenschaftlichen Diskussionen füllten allmählich mein „Säckchen“. Meine Erlebnisse formten neue Sichtweisen und das große Interesse an der inneren Tiefe des Menschen und ihr gemeinsamer Nenner ließ mich nicht mehr los.
Ich besann mich bald meiner Wurzeln und verstand, dass ich wieder zurück nach Deutschland musste, um mich dort meiner begonnenen Aufgabe zu stellen. Also nahm ich mein Kunststudium wieder auf. Ich wusste nun, was ich machen wollte und trat mit größter Entschlossenheit diesen meinen Weg an.
Helga König: Sie waren Meisterschülerin bei Thomas Ruch und Stephan Schneider an der Freien Akademie der Bildenden Künste in Essen. Was haben diese beiden Personen Ihnen mit auf Ihren Weg gegeben?
„Sophokles Laokoon“ |
Yvonne van Acht: Konzentration war das Zauberwort. Egal welches Thema man verfolgte, man sollte sein Material prüfen, seine Technik konsequent ausführen und auch weiter entwickeln. Es galt immer hundertprozentig bei der Sache zu sein. Denn Unentschlossenheit kann man sehen und macht eine Arbeit unglaubwürdig.
Deutlich wurde das für mich vor allem in der Zeichnung. Sie ist das Unmittelbarste, was man aus dem Inneren spontan schafft und verzeiht keine Fehler. Das lässt sich auch auf die Malerei übertragen. Egal wie oft man eine fehlerhafte Stelle übermalt, die Spur bleibt doch darunter bestehen. Deswegen: Konzentration, Selbstvertrauen und Selbstsicherheit in der Technik. Wenn ich zum Beispiel manchmal bei einer Zeichnung den Strich nicht konsequent ziehe, muss ich immer an beide denken und überprüfe sofort meine Haltung.
Helga König: Mit welchen Materialien arbeiten Sie in erster Linie?
Yvonne van Acht: Ich verwende Ölfarbe und male auf Leinwand. In der Zeichnung bevorzuge ich Tusche und Aquarellfarbe. Aber auch Grafitstift, Kohle und Ölpastellkreide kommen zum Einsatz.
Helga König: Was möchten Sie mittels Ihrer Kunst aussagen?
Yvonne van Acht: Ich möchte das Innerste des Menschen herausarbeiten und seinen zeitlosen Mythos in den Kontext unserer heutigen Welt bringen. Denn nur durch Reflexion kann man wachsen und verstehen lernen, wo man sich auf seinem Weg durch die verschiedensten Lebensstadien mit sich und der Welt befindet.
Damals wie heute trägt jede Epoche ihr eigenes Gesicht, doch es sind immer die gleichen Fragen und Themen, die die Menschen durch die Jahrhunderte sinnsuchend beschäftigen. Deswegen finde ich den Bezug zur Mythologie besonders spannend, weil sich darin das Erleben des Menschseins ganz pur in einer unglaublichen Symbolpracht äußert und zu allen Themen mittels ihrer oft sonderbaren Geschichten Lösungsmomente oder Wege vorgibt.
In diesem Zusammenhang fische ich Bilder aus meinem tiefsten Grund, aus dem besonderen Fluss, der uns alle durchfließt. Ich verbinde sie mit bereits bekannten Zitaten, um die Brücke zwischen Innen und Außen sowie Vergangenheit und Heute zu schlagen; auch um den individuellen Mythos mit dem gesellschaftlichen und kulturgeschichtlichen zu verbinden. Meine Themen sollen zum Nachdenken anregen, Fragen aufwerfen wie „Was hab ich damit zu tun? Kenne ich das? Warum ist das so dargestellt?“
In den tiefen Empfindungen zeigt sich ein ursprüngliches Verstehen von den Dingen, die man schwerlich für sich selbst benennen kann.
Helga König: Ich habe dieser Tage die limitierte Künstlerausgabe des großen Brockhaus in einem Band rezensiert. Können Sie zu dem Brockhaus-Projekt und Ihrer Grafik Näheres berichten?
„Zeitgeist der Philosophen“ |
Yvonne van Acht: Der Gedanke „Wissen in die Welt zu tragen“, wurde zur Initialzündung zu diesem wunderbaren Projekt. Meine Arbeit „Zeitgeist der Philosophen“ behandelt das Thema der weiterführenden Inspirationen: Wissen wird von Epoche zu Epoche weiter getragen und entwickelt. Der neue Gedanke entspringt aus der Essenz von bereits Gedachtem. Wie die Samen der Pusteblumen verbreiten sie sich und werden immer wieder neu belichtet. Auf den Stängeln der Pusteblumen stehen die Namen von allen bedeutenden nach Platon und Aristoteles folgenden Philosophen. Unser Menschenwissen baut aufeinander auf und entwickelt sich fort, wie ein Faden, an dem wir alle gemeinsam stetig stricken.
So passte das Motiv hervorragend zum Cover des neuen „Brockhaus in einem Band“, denn als wissenschaftlich fundierte Enzyklopädie beinhaltet sie wertvolles Allgemeinwissen und trägt damit zur Bildung des Menschen bei.
In diesem Zuge entstand auch eine Grafik mit demselben Motiv für eine Sonderausgabe. Die Grafik ist in einer hunderter Auflage mit Aquarellfarbe einzeln von mir handkoloriert worden. So gleicht keins genau dem anderen.
Helga König: Welche Bedeutung hat die Philosophie in Ihrem Leben?
Yvonne van Acht: Wenn man voller Staunen sich noch wundern kann, dann erblickt man die Welt in ihren mannigfaltigen Gesichtern. Doch was bedeutet sie uns und was sind wir in ihr?
Wenn man sich nicht fragt: „Warum?“, dann bleibt man stehen. Wenn man nicht das Abenteuer in der Auseinandersetzung mit sich oder den Themen unseres Lebens wagt, dann verkümmert man innerlich. Philosophie bedeutet für mich ewiges Fragen und Hinterfragen, immer auf der Suche nach Erkenntnis und Bewusstsein. Deswegen lese und beschäftige ich mich sehr gern mit dem, was mich richtig zum Nachdenken anregt und mir eine neue bzw. andere Sichtweise eröffnet.
Helga König: Sie sind in diesem Jahr für den Osthaus-Preis nominiert. Um welchen Preis handelt es sich hierbei?
„Die Erkenntnis“ aus „Die Reise des Helden“
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Yvonne van Acht: Der Osthauspreis wird vom Museum Hagen für ein besonderes Werk verliehen, dass man zu einem Thema komplex ausgearbeitet hat. Der Preisträger bekommt eine umfassende Ausstellung seines Werkes im Museum und ein dotiertes Preisgeld.
Nominiert ist mein zeichnerisches Werk „Siebenstern“.
Auf insgesamt 943 DIN-A 4 Seiten überzeichne ich die Manuskriptseiten meiner Trilogie „Siebenstern“. Zum einen möchte ich damit die mythologische Bedeutung der Geschichte (Heldenreise) herausarbeiten und zum anderen die Empfindungen und Erkenntnisse aus der eigenen seelischen Tiefe und dem dazugehörigen persönlich mythischen Verständnis sichtbar machen.
Helga König: Können Sie unseren Lesern etwas zu Ihrem Werk „Siebenstern“ berichten?
Yvonne van Acht: „Siebenstern“ ist eine Geschichte in Form einer Trilogie über das innere Werden eines jungen Helden. Sie handelt von der Sinnsuche nach der eigenen Existenz, die im Bewältigen der persönlichen Lebensaufgabe zur Erkenntnis reift.
Grundlage bildete der Mythos der Heldenreise (vgl.: Individuationsprozess nach C.G. Jung), in der der junge Held das Abenteuer seines Lebens abseits der betretenen Pfade wagt, um seinen durch viele Prüfungen errungenen Schatz zum Wohle der Menschen zu bringen, die nie den Mut hatten, selber solch eine Reise zu wagen.
Es wird demnach eine Reise in das Innere der eigenen Seele aufgezeigt, um aus der Konfrontation mit dem Unbewussten die eigene Finsternis zu bewältigen, zu kontrollieren und zu integrieren und den lichtvollen Schatz, der darin verborgen liegt, ins Bewusstsein zu tragen.
Der „Siebenstern“ der Geschichte ist abgeleitet vom historischen „V.I.T.R.I.O.L.-Siebenstern“ und ist ein real existierendes Motiv aus der Alchemie. Er beinhaltet den Prozess der Verwandlung in ein höheres, transzendentes Bewusstsein. (Ganzheit, Sonne, Gold, usw.) Er fand beispielsweise bereits bei den Templern Verwendung und auch Paracelsus kannte seine Inhalte.
Zum kurzen Inhalt der Geschichte:
Asahel, eine überaus lichtvolle Seele, kehrt mit einer wichtigen Aufgabe zurück ins Menschsein. Er soll die gefallene Seele eines Menschen retten und zurück auf ihren Pfad ins Licht bringen. Er wird in die Familie, die er helfen soll, hineingeboren. Doch als Mensch namens Jonas Singer hat er alles vergessen.
An seinem sechzehnten Geburtstag erbt er die geheimnisvollen Notizbücher seiner längst verstorbenen Mutter. Ihre Aufzeichnungen eröffnen ihm eine völlig neue Welt. Von ihr erfährt er seinen wahren Namen und dass eine wichtige Aufgabe auf ihn wartet. Haltlos neugierig wagt er die ersten Schritte in die Welt der Seele, der sogenannten „Anders-Welt“ und fällt zunächst in seinen eigenen Schatten.
Die „Hüter des Siebensterns“, zu denen auch Jonas Mutter einst gehörte, fangen ihn auf und helfen ihm. Sie unterweisen ihn in die Mysterien der geistig-seelischen Welt. Denn sie wissen, dass der Siebenstern mit seiner geheimnisvollen Formel ihm helfen kann zu sich selbst zu finden, wenn er innerlich dafür reif ist.
Jonas muss nun herausfinden, wer er wirklich ist. Indem er sich erinnert, kann er seine Stärken und Fähigkeiten entwickeln und seine wahre Aufgabe erkennen und lösen. Denn sein Schicksal wartet bereits auf ihn und läutet düster seine Reise ein. Ausgerechnet derjenige, den er retten soll, hat jahrelang auf ihn gewartet und will nichts anderes als aus persönlicher Rache an dessen Mutter den Tod seiner Seele.
Das elfjährige Abenteuer beginnt wie ein Alptraum und verfolgt ihn bis in die entlegensten Winkel seiner inneren und äußeren Welt. Sein Leben gerät auf des Messers Schneide und auch seine große Liebe zerbricht an einer fatalen Lüge. Der Verlust fordert ihn auf, ein neues Verständnis über Liebe zu entwickeln. Jonas muss ganz durch sich selbst hindurch wandern, um reif für die gesuchte und ersehnte Prüfung im „Siebenstern“ zu werden, die ihn zu sich selbst und damit zur Lösung seiner unmöglichen scheinenden Aufgabe führen kann.
Helga König: Welche Projekte haben Sie in diesem Jahr noch geplant?
Yvonne van Acht: In diesem Jahr möchte ich meinen Zeichenzyklus zu „Siebenstern“ vollenden und einen umfassenden Katalog dazu machen. Diese Geschichte wird unabhängig von den Zeichnungen auch als Buch veröffentlicht werden.
Liebe Yvonne van Acht, herzlichen Dank für das aufschlussreiche Interview.
Helga König
Link zur Website
http://www.yvonne-van-acht.de
Liebe Frau van Acht,
AntwortenLöschenmir gefällt Ihre Art zu fragen und zu denken und die Themen mit denen Sie sich auseinandersetzen, finde ich überaus spannend. Das zeugt von tiefem Interesse für die wiklich relevanten Fragen des Seins, die die Philosophie seit Anbeginn der Zeit antreibt. Gerne würde ich Ihr Buch "Siebenstern" einmal lesen und ihre Zeichnungen zu dieser Geschichte sehen - können Sie schon etwas zur Veröffentlichung sagen?
Herzliche Grüße
Sandra S.