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Helga König im Gespräch mit Cassandra Negra über ihren Roman "Sieben Jahre und ewig"- Jerry Media Verlag

Liebe Cassandra Negra, dieser Tage habe ich Ihren neuen Roman "Sieben Jahre und ewig" auf "Buch, Kultur und Lifestyle" rezensiert und möchte Ihnen heute dazu einige Fragen stellen. 

Anbei der Link zur Rezension: "Sieben Jahre und ewig" 

Helga König: Wofür steht die Möwenillustration zu Beginn eines jeden Kapitels Ihres neuen Romans ?
Cassandra Negra; Quelle: Studio Urbschat

Cassandra Negra: 
Die Möwe symbolisiert die innere Stimme. Sie ist eine Art spiritueller Wegbegleiter, der die Protagonistin Sophie die gesamte Geschichte über leitet und beschützt. 

Helga König: Weshalb haben Sie Rügen als Haupthandlungsort gewählt? 

Cassandra Negra: Die Insel Rügen war ein Sehnsuchtsort meiner Kindheit und ist es auch heute noch.

Helga König: War es Zufall, dass Sie Sophie, die Protagonistin von "Sieben Jahre und ewig", als Architektin erdacht haben? 

Cassandra Negra: Hier kommen wir zu der zentralen Frage, wie Geschichten entstehen. In einem Interview mit der NZZ vertritt der Schweizer Autor Martin Suter die Auffassung, dass Leser wollen, dass diejenigen, die schreiben, über ihnen stehen und nicht vor ihnen auf dem Sofa liegen. Hier würde ich widersprechen. Denn erst wenn sich ein Autor verletzbar zeigt und seine Seele entblößt, wird er für den Leser nahbar. Erst dann ist er mit all seinen Höhen und Tiefen einer von ihnen. Auf jedem Lebensweg gibt es unzählige Abzweigungen, die wir einschlagen, Aufs und Abs, die wir zu bewältigen haben – aber das Entscheidende ist, dass wir es immer wieder schaffen, gestärkt aus den Tiefpunkten und Krisen hervorzugehen. Deshalb möchte ich nicht über meinen Lesern stehen, sondern an ihrer Seite. 
Helga König
Helga König:
Was hat Sie dazu bewogen, die Leser mit einer sogenannten Familienaufstellung zu konfrontieren, als Sie diesen die Romanfigur "Sophie" näherbringen? 

Cassandra Negra: Ich habe selbst bereits einige sehr eindrucksvolle und emotionale Erfahrungen mit der sogenannten Familienaufstellung nach Bert Hellinger gemacht und wollte den Lesern gern einige Möglichkeiten dieser Methode näherbringen. Auch wenn sie heutzutage nicht unumstritten ist, ist sie für mich doch ein wichtiger Teil psychotherapeutischer Arbeit, den man durchaus als eine Art Lebenshilfe verstehen kann – ganz im Sinne ihres Schöpfers. 

Helga König: Was bewog Sie, die Problematik von Grenzpolizisten in der DDR am Beispiel von Sophies Vater in den Roman einzubringen? 

Cassandra Negra: Der Grenzpolizist ist angelehnt an die wahre Geschichte meines Vaters und ist damit Teil meiner eigenen Familiengeschichte, ebenso wie das gestohlene Baby – mein großer Bruder Frank, den ich leider im richtigen Leben nie gefunden habe. Ich denke, dass dies ein Schicksal ist, das viele Familien aus der DDR teilen, und dass es bei den Betroffenen Traumata ausgelöst hat, die Generationen überdauern. 

Helga König: Sie zeigen in Ihrem Roman, dass Traumata von Vorgenerationen unser Leben beeinflussen können. Welches Trauma beeinflusst Sophia am meisten? 

Cassandra Negra:
Der Psychologie-Professor und Traumata-Experte Franz Ruppert hat einmal gesagt: "Wer sich selbst nicht versteht, versteht auch die Welt nicht." In seiner Arbeit hat er sich immer wieder mit dem Einfluss von Traumata auf unser Leben und besonders auf unsere Liebesbeziehungen befasst und festgestellt, dass wir alle nur drei Ziele haben: Leben, lieben und geliebt werden. 

Das ist unser Streben und zugleich der Sinn unseres Lebens. Dieses Ziel können wir nur erreichen, wenn wir uns der Vergangenheit stellen, überkommene Verhaltensmuster und Traumata erkennen und dadurch frei werden, unser eigenes Leben zu leben und so zu lieben, wie wir es uns immer erträumt und gewünscht haben – ohne dass uns alte Verhaltensmuster immer wieder sabotieren. 

Bei Sophie ist es sicher das Schicksal ihrer Eltern, die sich ihr Leben lang versagt haben, glücklich zu sein, das sie am meisten beeinflusst. Sophie sabotiert lange ihr eigenes Glück, wie sie es von ihren Eltern gelernt hat, bis sie endlich erkennt, dass sie keine Verantwortung für das Unglück ihrer Eltern trägt, sondern dies allein deren Schicksal ist.

Helga König: Was hat Sie an der Charakterisierung von Matteo am meisten gereizt? 

Cassandra Negra; Quelle: Studio Urbschat

Cassandra Negra:
Matteo ist in gewisser Weise ein Grenzgänger. Er mag schnelle Hobbys, liebt das Risiko, obwohl er nicht nur durch seine Arbeit als Paartherapeut weiß, wie schnell sich das Schicksal wenden kann. Wenngleich er in seiner Praxis mit den Abgründen der menschlichen Seele konfrontiert ist, hat er sich selbst den Glauben an die Liebe und die Fähigkeit zu lieben bewahrt. Er hat gelernt, sich abzugrenzen, Schicksale seiner Patienten, die zu seinem Beruf gehören, auszublenden und die schönen Momente im Leben zu genießen. Er verfügt über die seltene menschliche Größe, wirklich vergeben zu können. Vielleicht ist dies sogar seine größte Stärke und die größte Fähigkeit, die wir besitzen können: von ganzem Herzen zu vergeben, um frei zu sein, Platz zu machen für neue Erfahrungen und sich dem Zauber des Anfangs hinzugeben. "Denn jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft, zu leben", wie es Hermann Hesse einst so treffend formuliert hat.

Helga König: Weshalb sind Sie auf Fälle des Paartherapeuten Matteo näher eingegangen? 

Cassandra Negra: Matteos Fälle geben einen Einblick in die vielen Facetten, die menschliche Beziehungen haben können. Sie sind nicht nur Teil seiner Arbeit, sondern letztendlich auch Teil unseres Lebens, das einige dieser Facetten widerspiegelt. Mit der Geschichte der Gynäkologin Cary habe ich einen besonders drastischen Fall gewählt – der sich im Übrigen tatsächlich ähnlich zugetragen hat –, um zu zeigen, welche Abgründe der menschlichen Psyche innewohnen. 


Helga König:
Glauben Sie an die "Macht der Gedanken" in der Form, dass sie Hoffnungen erfüllen können, so wie dies in Ihrem Roman letztlich der Fall ist? 

Cassandra Negra: Ja. 

Helga König: Kann die große Liebe auch ohne Erotik und Sexualität gelebt werden? 

Cassandra Negra: Nein. Jede große romantische Liebe lebt von dem Wunsch nach Nähe, Bindung und der Sehnsucht nach Ewigkeit, so wie es Friedrich Nietzsche in seinem Werk Zarathustra niedergeschrieben hat: Denn "alle Lust will Ewigkeit". Ohne gegenseitige Anziehung, körperliche Nähe, Zärtlichkeiten und den liebenden Blick auf den anderen kann diese "Ewigkeit" nicht erfahren und gelebt werden. In der Literatur – wie im wahren Leben – gibt es viele Möglichkeiten, mit dem Thema Sexualität umzugehen. 

Einige Autoren blenden Sex lieber aus, so wie Martin Suter. Als eine Journalistin der NZZ ihn fragte, ob Essen seine Art sei, über Sex zu schreiben, antwortete er, dass es seine Theorie sei, dass Schriftsteller erst über Sex schreiben, wenn ihre Mutter gestorben sei . (Seine eigene Mutter lebt noch und ist bereits 101 Jahre alt). Ich musste schmunzeln, als ich diese Zeilen gelesen habe. Für mich ist Sex die natürlichste Sache dieser Welt. Er gehört genauso zu unserem Leben wie ein gutes Essen, eine sinnvolle Beschäftigung und der Tod, den wir auch immer allzu gern verdrängen. Warum also nicht darüber schreiben? 

Helga König: Gibt es die große Liebe, die die Zeiten überdauert oder ist sie nicht eher eine Wunschvorstellung von RomantikerInnen? 
Cassandra Negra; Quelle: Studio Urbschat

Cassandra Negra:
Ja, es gibt sie, die große Liebe, die Zeit und Raum überdauert. Sie ist keine Erfindung romantischer AutorInnen, denn ich habe sie bereits selbst erfahren. Wenn einem das große Glück zuteil wird, ihr zu begegnen, beginnt man zu verstehen, wie tief man auf körperlicher und seelischer Ebene verbunden sein kann und wie es sich wirklich anfühlt, bedingungslos zu lieben. Denn dann wird die äußere Welt, mit der wir uns so häufig beschäftigen, bedeutungslos und wir erfahren, dass es so viel mehr gibt, als wir bislang zu hoffen gewagt haben. Es ist, als ob ein Teil unseres Selbst, das bislang tief im endlos blauen Ozean verborgen lag, erst durch diese große Liebe in
s Leben gebracht.

Liebe Cassandra Negra ich danke Ihnen für das aufschlussreiche  Interview.

Helga König

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