Liebe Angélique Duvier, dieser Tage habe ich Ihren Gedichtband "Emotionen" auf "Buch, Kultur und Lifestyle" vorgestellt und möchte hierzu heute einige Fragen an Sie richten.
Anbei der Link zu Rezension. "Emotionen"
Helga König: In einem Ihrer Gedichte schreiben Sie vom Lebenstraum. Ist es nach Ihrer Ansicht wichtig, einen solchen Traum zu haben und zu leben und was, wenn er irgendwann zerfließt?
Angélique Duvier Foto aus eigenem Bestand |
Helga König: Wie wirkte und wirkt sich die Pandemie auf das Schreiben von Gedichten bei Ihnen aus?
Angélique Duvier: Die Pandemie hatte mich leider für längere Zeit außer Gefecht gesetzt, da ich selbst schwer an Corona erkrankt war. Ich brauchte längere Zeit, bis meine Konzentrationsfähigkeit und meine Kraft wieder vorhanden waren, ich war sehr schnell erschöpft und extrem müde, auch fielen mir häufig Worte nicht ein. Ich habe mich bis heute nicht vollständig erholt. Auch verlor ich einige Freunde und Kollegen durch die Pandemie, was meine Freude am Schreiben wochenlang blockierte. Ich hoffe, dass wir alle aus dieser Krise lernen, was wirklich wichtig und was an Veränderung möglich ist.
Angélique Duvier: Die Jahreszeiten berühren all meine Sinne, ich höre, rieche, schmecke sie. Die phänologischen Beobachtungen inspirieren mich, ich möchte meine Empfindungen transportieren, daher versuche ich, sie in Gedichten auszudrücken.
Helga König: Wenn Sie Gedichte schreiben, gehen dann Ihre Gedanken und Gefühle auch in längst vergangenen Zeiten spazieren, um von dort Erlebtes in Texte für das Hier und Heute einzubringen?
Angélique Duvier: Ja, durch eigene Erlebnisse sind wir auch in der Lage, die Gefühle anderer Menschen zu verstehen oder, so wie ich in meinem Beruf als Schauspielerin, diese glaubhaft darzustellen. So ist es auch beim Schreiben, es kommen Gedanken, Melodien, Gerüche plötzlich wieder hervor und wollen in meinen Gedichten verarbeitet werden.
Helga König: Wie wirken sich melancholische Stimmungen bei Ihnen auf das Schreiben eines lyrischen Textes aus?
Angélique Duvier: Wie schon Nietzsche in seinem gleichnamigen Text "An die Melancholie" schrieb: "Die Tinte fließt, die spitze Feder sprüht." Man könnte sagen, dass die Melancholie Künstler kreativ werden lässt. Melancholie lässt sich auch für mich künstlerisch positiv nutzen, es kann ein komplexes, interessantes Mischgefühl auslösen, wodurch ein Künstler seine Texte, Bilder und Melodien bereichern kann. Ich bin ein hypersensibler Mensch und reagiere stark auf die eigene Gefühlswelt, also ebenfalls auf die meiner Mitmenschen. Ich beobachte und spüre auch kleine Dinge des Lebens, sie machen mich oft nachdenklich, und ich versuche die Eindrücke in meinen Gedichten zu verarbeiten, zu verwerten und auszudrücken.
Helga König: Sie schreiben in einem Ihrer Gedichte, dass ausgesprochene Worte die Wahrheit verändern. Können Sie das näher erläutern?
Angélique Duvier: Nein, sie verändern die Wahrheit nicht, doch das, was man uns zuvor als Wahrheit verkaufen wollte, kommt oftmals heraus. Also, wenn jemand vorher die Unwahrheit als Wahrheit ausgegeben hat, wird sie oftmals erkannt, wenn man den Menschen zuhört. Man muss sich einfach mehr Zeit nehmen einander zuzuhören.
Wahrheit (Aphorismen)
Dringe in den Kern
des Wesentlichen,
finde darin die Wahrheit,
erkenne sie und
sprich sie aus.
(Aus meinem Buch "Emotionen")
Helga König: Möchten Sie uns zur Entstehungsgeschichte Ihres wundervoll poetischen Gedichts "Wunder Musik" etwas mitteilen?
Wunder Musik
Wenn die Musik
Zum Raum wird
Und sich an dein
Herz schmiegt
Und du dich wie
ein Wanderer fühlst,
der schließlich seine
Heimat gefunden hat,
dann bist du endlich
angekommen.
Angélique Duvier: Musik hat zahlreiche physikalische Einflüsse auf meinen Körper, sie kann mich glücklich oder traurig stimmen. Ich komme durch meinen Mann, der ein begnadeter Pianist ist, beinahe täglich damit in Berührung. Die Emotionen, die durch die Musik in mir ausgelöst werden, sind absolut faszinierend und inspirierend, so entstand auch dieses Gedicht.
Helga König: Wann meldet sich das "lyrische Herz" bei Ihnen, wenn Sie ein Gedicht verfassen wollen?
Angélique Duvier Foto aus eigenem Bestand |
Helga König: Sie schreiben in Ihrem Gedicht "Veränderung" in der 2. Strophe "Als unsere Blicke/sich trafen,/drehte sich die Erde/ doppelt so schnell." Ist der Pfeil Amors hilfreich beim Schreiben unter die Haut gehender Liebesgedichte und falls ja, weshalb?
Angélique Duvier: Bei meinem Gedicht "Veränderung" war es tatsächlich so. Nachdem ich meinem Mann zum ersten Mal begegnet war, wachte ich in der Nacht auf und spürte, dass sich mein Leben verändern würde, ich stand auf und hörte mir eine CD von ihm an. Erst einige Monate später trafen wir uns wieder und es begann etwas Wunderbares, das ist nun beinahe 20 Jahre her. Ich glaube schon, dass man als Lyriker/in das Gefühl erlebt haben muss, um es fühlbar wiedergeben zu können, ebenso wie Liebeskummer, auch den sollte man erlebt haben, um über "Liebe und Leid" etwas sagen zu können.
Helga König: Sie haben Frédéric Chopin ein Gedicht gewidmet. Sie nennen ihn einen träumenden Seher, der wie in Trance spielte. Wozu würde Sie dichterisch Chopins Nocturne Es- Dur motivieren?
Angélique Duvier: Ein Stück von ganz besonderer Tiefe, ich habe bisher noch nie einen Text zu Melodien geschrieben, daher fällt mir zum Nocturne Es Dur Op 9/2 spontan nur ein Gedicht von Heinrich Heine ein, er war ein enger Freund von Frédéric Chopin und George Sand.
Treuer Freund, du bist verliebt,
und dich quälen neue Schmerzen;
Dunkler wird es dir im Kopf,
heller wird es dir im Herzen.
Treuer Freund, du bist verliebt,
und du willst es nicht bekennen,
und ich seh des Herzens Glut
schon durch deine Weste brennen.
Heinrich Heine
Danke Ihnen herzlich, liebe Angélique Duvier, für das einfühlsame Gespräch.
Herzlichst Helga König
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