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Helga König im Gespräch mit Anka Kampka

Sehr geehrte Frau Kampka, in der vergangenen Woche habe ich Ihr Buch rezensiert und möchte Ihnen heute einige Fragen dazu stellen.

1) Dem Klappentext kann man entnehmen, dass Sie als Konflikt- und Mobbingberaterin in Mainz arbeiten? Möchten Sie "Ein Buch lesen" Ihre Erfahrungen in Ihrem Job kurz schildern?

Anka Kampka: Ja, ich bin Beraterin in Konflikt- und Mobbingsituationen. Ich habe selbst 9 Jahre Mobbing im öffentlichen Dienst erlebt. Dabei ging der Konflikt bis zum heutigen Oberbürgermeisters der Beschäftigungsbehörde. Dabei musste ich immer wieder feststellen, dass einerseits auf allen Ebenen gegenüber dem Thema eine große Hilflosigkeit im Umgang mit dem Thema besteht, andererseits erschreckte mich die Gleichgültigkeit und menschliche Kälte, die ich immer wieder erfahren musste. Da saßen Kollegen und Kolleginnen mir gegenüber, die mich eben noch nett und hilfsbereit fanden und im nächsten Moment, wenn Druck auf sie ausgeübt wird oder jemand schlecht über mich sprach, wendete sich das Blatt rasant gegen mich. Ich habe während all der Zeit so ziemlich alle Schikanen durchgemacht, die man dem Mobbing zuspricht und ich gebe zu, dass ich nicht viel länger hätte durchhalten können.

Ich hatte jedoch in all der Zeit ein tolles Netzwerk, privat wie professionell und ich bin ein "Kämpfer", der sich so schnell nicht zurückdrängen oder einschüchtern lässt. Da ich bereits während dieser Zeit den Entschluss gefasst habe, mich als Beraterin freiberuflich zu etablieren, habe ich stets ein großes Ziel vor Augen gehabt: Eines Tages vor den Menschen stehen zu können und Ihnen die Botschaft zu vermitteln: Ihr könnt es schaffen! Schaut her, ich bin gelernte Verwaltungsfachangestellte und habe mich gegen einen übergroßen Gegner zur Wehr gesetzt! Und ich habe meine "Berufung" als Beraterin und Trainerin gefunden. Wenn ich es kann, dann könnt Ihr das auch!


2) Was hat Sie veranlasst, das Buch zu schreiben?







Die Idee war schon sehr lange da, aber eigentlich nie so präsent, als dass ich sie direkt umgesetzt hätte. In diesem Punkt ist mir ein wenig das "Glück" zu Hilfe gekommen und eines Tages lag ein Brief des Klett-Cotta-Verlages auf meinem Schreibtisch, mit der Anfrage, ob ich nicht Lust hätte ein Buch zu dem Thema zu schreiben. Da mir meine Umwelt stets zurückgemeldet hat, ein lustiger und kreativer Mensch und dabei immer authentisch zu sein, habe ich es mir zugetraut, mich unter die Autoren zu begeben.

Ich wollte den Betroffenen etwas an die Hand geben, was ihnen wirklich hilft. Deshalb habe ich Übungen eingebaut, die mir selbst damals geholfen haben oder die meine Klienten als hilfreich empfanden. Alle Beispiele sind aus dem Leben gegriffen, damit sich der Leser stets realitätsnah wieder finden kann.

Wichtig ist mir auch dabei, Tabuthemen aufzugreifen wie z.B. das Mobbing von Beratern und Vereinigungen untereinander. Mir geht es nicht darum, einzelne Berater anzugreifen oder "schmutzige Wäsche" zu waschen, sondern darum, verzweifelten Menschen durch genaues Hinschauen und kritisches Hinterfragen vor erneuten Verletzungen zu schützen.

Momentan veröffentliche ich kleine "5-Minuten-Büro-Krimis", die den Leser zum Entspannen und Schmunzeln anregen und dem Betroffenen Mut machen sollen, aktiv zu werden. Dabei kann man z.B. die Geschichten in die Teeküche hängen, um die Kollegen "so ganz nebenbei" auf die Mißstände im eigenen Büro hinzuweisen. Die Geschichten können über mich bestellt oder auf der XING-Seite abgerufen werden.

3) Wie definieren Sie den Begriff Mobbing?

Zusammengefasst kann man sagen: Wenn Kränkungen krank machen, spricht man von Mobbing. Mobbing beginnt immer mit einem Konflikt, der dann eskaliert, oft schleichend, und dann in Mobbing mündet.


4) Sie schreiben auf den Seiten 30-31 von den gesundheitlichen Beschwerden der Mobbingopfer. Können Mobbingopfer ihre Mobber finanziell in den Regress nehmen aufgrund der dargestellten Krankheitsbilder?





Generell sollten die gesundheitlichen Beschwerden im Rahmen des Mobbingtagebuchs notiert werden, damit der Zusammenhang zwischen dem Mobbing und der Erkrankung erkennbar ist. Das Tagebuch kann gut beim Arzt wie auch beim Rechtsanwalt vorgelegt werden, um die Beschwerden als weiteren Tatbestand aufnehmen zu können. Ob und inwieweit dies im Rahmen weiterer juristische Schritte verwertbar ist, hängt stets vom Einzelfall und den individuellen Umständen ab und sollte mit dem Rechtsanwalt vor Ort abgeklärt werden.

5) Halten Sie es für sinnvoll, dass Mobbingopfer sich öffentlich zur Wehr setzen und das Mobbing anprangern?

Grundsätzlich halte ich es für richtig und unterstütze jeden, der den Mut und die Kraft aufbringt, sich zur Wehr zu setzen. "Mut" ist die erste Ebene und der erste aktive Schritt, mit dem wir in eine positive, gute Energie eintreten. Mobber spüren das natürlich und versuchen, uns wieder in die Mutlosigkeit und damit in schlechte Energien zu ziehen bzw. darin zu halten.

Davon abgesehen, erleben wir dies ja immer wieder international auf politischer Ebene, was passiert wenn Unfairness im weitesten Sinn aufgedeckt und veröffentlicht wird: In vielen Ländern wird das Volk durch seine Machthaber unterdrückt. Mutige Reporter in der ganze Welt zeigen die Missstände auf und berichten darüber. International regt sich die Empörung; Politiker in aller Welt melden sich zu Wort. Wir bekommen mit, wie die Machthaber reagieren: Mit Verneinen, Herunterspielen, Bagatellisieren usw. Gleichzeitig wird der Druck intern auf das Volk durch Bestrafung etc. erhöht; Journalisten ins Gefängnis gesperrt. Erst wenn der Druck weltweit so hoch ist, dass die Machthaber kaum noch Spielraum haben, wird nachgegeben.

Doch zurück zum einzelnen Mobbing im Betrieb. Es gilt, stets genau hinzuschauen und sehr exakt herauszufilten, ob, wann der richtige Zeitpunkt und wer der richtige Ansprechpartner ist, öffentlichen Druck aufzubauen.

Ich habe im Laufe der Jahre die Erfahrung gemacht, dass man viel mehr erreicht, wenn man mit dem Mobber das respektvolle und wertschätzende Gespräch sucht. Es darf nicht vergessen werden, dass oftmals hinter den aggressiven Fassade eine enorme Hilflosigkeit seitens des bzw. der Mobber besteht.


6) Was treibt Mobber dazu zu mobben? Sind die Motive in der Regel immer die gleichen?








Die Motive sind so unterschiedlich wie die Umstände des Mobbings. Damit ist auch jeder Mobbingfall anders gelagert. Man kann jedoch übereinstimmend feststellen, dass Mobber stets versuchen, ihre eigenen Schwächen und Fehler mit massiven Mitteln auf andere zu projizieren. Oft reicht ein "Anderssein" als Anlass aus, um ins Abseits zu geraten. Das kann sowohl ein körperliches Merkmal wie z.B. die Hautfarbe sein, wie auch ein Verhalten z.B. das Gangbild.


Mobbing hat auch mit mangelnder Konflikt- und Kommunikationsfähigkeit zu tun.

7) Worin besteht der Unterschied zwischen einem Mobber und einem Stalker?

Wie besprochen kann ich dazu Nichts bzw. wenig sagen.

8) Was raten Sie gemobbten Personen? Wir sollen sie sich verhalten?

Auf jeden Fall sollte ein Mobbingtagebuch angelegt werden, so wie im Buch beschrieben. Ein Mobbingverlauf unterscheidet sich stark von einem Konfliktverlauf. Konflikte kennen wir alle und reagieren entsprechend nach unseren vorhandene Erfahrungen. Deshalb ist es wichtig, den Mut aufzubringen, frühzeitig Hilfe in Anspruch zu nehmen und ein gutes Netzwerk an privater wie professioneller Unterstützung aufzubauen: Familie und Freunde sowie Selbsthilfegruppen können einem Mut machen, in dem der Gemobbte die Rückmeldung erhält, "ich bin o.k.".

Wichtig ist auch, zwischen "Beratung" und "Therapie" zu unterscheiden. Viele begeben sich aufgrund ihrer finanziellen Situation oder auf Rat ihres Arztes in therapeutische Hände. In der Therapie werden in aller Regel tieferliegende Problematiken aufgegriffen und bearbeitet. Deshalb greift Therapie meist langfristiger.

In der Beratung werden aktuelle Probleme der Arbeitsplatzproblematik erörtert und gelöst. Dazu gehört z.B. die Vorbereitung zu Personalgesprächen oder die Frage, wie spreche ich den mobbende Kollegen an, wenn ich morgen wieder ins Büro muss? Die unterschiedliche Herangehensweise und deren Erwartungshaltung wird oftmals verwechselt. D.h. konkret, dass der Gemobbt vom Therapeuten erwartet, dass der ihm sagt, wie er mit den verschwunden Daten auf seinem Rechner umgehen soll. Deshalb sollte man sich vorher im Klaren sein, welche Erwartungen man hat und diese vorab telefonisch oder im ersten Kontakt abklären.
9) Welche Aktionen laufen, um den Gemobbten künftig effizienter zu unterstützen und Informationen schneller an die Hand geben zu können?






Unser Team des Netzwerks der Mobbingselbsthilfegruppen Deutschland ist in der Gründungsphase, einen bundesweiten Dachverband aufzubauen. Ziel des Verbandes ist, alle Interessen zu bündeln, um so bessere Aufmerksamkeit zu erlangen. Dabei freuen wir uns über die fast täglich wachsende Anzahl der Unterstützer, die unser Netzwerk mit Ideen und Tipps bereichern.

Uns liegt dabei besonders am Herzen, unser Netzwerk mit den Menschen zu bereichern, die sich die eigene Fairness auf die Fahnen geschrieben haben, und deren Engagement mit Herzblut angereicht ist. Wir sind der Überzeugung, dass nur so ein Dachverband gut und langfristig funktionieren kann.

In Planung ist auch die Herausgabe eines Mobbingratgebers in Form einer Mobbingzeitschrift. Dazu konnten wir einen spezialisierten Verlag gewinnen, der uns bei der Umsetzung des Projektes kooperierend zur Seite steht.
Momentan läuft über unser Netzwerk im Rahmen einer Unterschriftenaktion eine Petitionseingabe, um Mobbing gesetzlich als Straftatbestand zu verankern (über meine Homepages Netzwerk oder Krisenmanagerin herunterzuladen; wird heute installiert). Die Federführung hat dabei Frau Cordula Grüssel übernommen.
Eine weitere Plattform des Austausches findet sich auf der XING-Plattform, Gruppe "Wut & Mut" die von Frau Grüssel und mir als Co-Moderatorin geleitet wird.

Vielen Dank für das erhellende Gespräch, liebe Frau Kampka.

Ich freue mich, Sie demnächst persönlich kennen zu lernen.

Herzlich Helga König

Hier können Sie die Rezension von Helga König zu »Keine Angst vor Mobbing« lesen.

Das Buch »Keine Angst vor Mobbing« ist überall im Handel erhältlich.






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